Leitsatz (amtlich)

Die Bejahung der örtlichen Zuständigkeit durch die Vorinstanz kann entgegen § 512 a ZPO mit der Berufung angegriffen werden, wenn die Entscheidung willkürlich ist oder auf der Verletzung rechtlichen Gehörs beruht.

 

Normenkette

ZPO § 281 Abs. 1; GG Art. 100; GG § 103; GVG § 17a Abs. 5

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über Honoraransprüche der Kläger aus einem Architektenvertrag.

Die Parteien schlossen am 4.11./15.11.1993 einen Einheitsarchitektenvertrag, mit dem sich die Kläger verpflichteten für einen von dem Beklagten in Eisenberg/Thüringen geplanten Neubau eine Autohofes mit Außenanlagen und Restauration sowie eines Lkw-Service-Centers und einer Hotelanlage sämtliche Architektenleistungen nach § 15 HOAI zu erbringen. Das Bauvorhaben wurde aus Gründen, die zwischen den Parteien streitig sind, nicht durchgeführt.

Die Kläger haben gemäß Rechnung vom 9.8.1993 nebst Anlagen für die Leistungsphasen 1 und 2 (Grundlagenermittlung und Vorplanung) Honoraransprüche in Höhe von insgesamt 503.221,63 DM geltend gemacht. Zur Begründung haben sie ausgeführt, daß sie die in Rechnung gestellten Leistungen vertragsgemäß erbracht und abgerechnet hätten. Am 24.10.1996 ist im schriftlichen Verfahren ein Versäumnisurteil ergangen ist, mit dem der Beklagte zur Zahlung des Betrages von 503.221,63 DM nebst Zinsen verurteilt worden ist.

Mit seinem form- und fristgerecht eingelegten Einspruch hat der Beklagte zunächst die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Osnabrück gerügt. Er hat im übrigen vorgetragen, daß die Geschäftsgrundlage des Vertrages weggefallen sei, und hat bestritten, daß die von den Klägern für die Honorarermittlung angesetzten Massen und Kosten richtig seien Hilfsweise hat der Beklagte mit einem Schadensersatzanspruch in Höhe von 339.499,89 DM wegen Planungsfehlern des Klägers zu 1) bei einem anderen Bauvorhaben die Aufrechnung erklärt.

Das Landgericht hat nach Vernehmung von Zeugen mit Urteil vom 28.10.1997 das Versäumnisurteil bis auf die Höhe des Zinsanspruchs aufrechterhalten. Zur Begründung ist in dem Urteil, auf das wegen weiterer Einzelheiten verwiesen wird, ausgeführt, daß den Klägern aufgrund der prüffähigen Abrechnung das geltend gemachte Honorar zustehe. Der Beklagte habe nicht bewiesen, daß die Geschäftsgrundlage des Vertrages weggefallen sei. Eine Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen sei wegen der fehlenden Identität der Schuldner nicht möglich. Die Zuständigkeitsrüge sei i.S. von § 296 Abs. 3 ZPO verspätet.

Mit seiner Berufung rügt der Beklagte weiterhin die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Osnabrück. Im übrigen wendet sich der Beklagte unter Wiederholung und Ergänzung seines erstinstanzlichen gegen Grund und Höhe des geltend gemachten Anspruchs.

Der Beklagte beantragt,

unter Änderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen,

hilfsweise den Rechtsstreit an das Landgericht Gera zu verweisen.

Die Kläger sind der Ansicht, daß der Beklagte in der Berufungsinstanz wegen § 512 a ZPO nicht mehr die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Osnabrück, die im übrigen gegeben sei, mit Erfolg rügen könne. Im übrigen verteidigen sie die angefochtene Entscheidung. Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtsstreit wird Bezug genommen auf den von ihnen vorgetragenen Inhalt ihrer Schriftsätze.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung führt zur Verweisung des Rechtsstreits auf den Hilfsantrag der Kläger an das örtlich zuständige Landgericht Gera (§ 281 Abs. 1 ZPO).

1) Der Beklagte kann in der Berufungsinstanz mit Erfolg die örtliche Unzuständigkeit des Landgerichts Osnabrück geltend machen. Diese Rüge ist im vorliegenden Fall nicht durch die Vorschrift des § 512 a ZPO ausgeschlossen, wonach die Berufung nicht darauf gestützt werden kann, daß das Landgericht seine örtliche Zuständigkeit zu Unrecht angenommen habe. Denn dies ist ausnahmsweise dann möglich, wenn das erstinstanzliche Gericht seine örtlichen Zuständigkeit willkürlich angenommen und damit den Beklagten seinem gesetzlichen Richter entzogen hat (vgl. Stein/Jonas/Grunsky, ZPO, 20. Aufl., Rz. 1 zu § 512 a ZPO; Rimmelspacher im Münchener Komm. zur ZPO, Rz. 11 zu § 512 a ZPO) oder wenn das Gericht erster Instanz dem Beklagten das rechtliche Gehör verweigert hat (vgl. KG NJW-RR 1987, 1203). Der Senat sieht es in diesen Fällen für geboten an, eine Ausnahme von der der Regelung des § 512 a ZPO zuzulassen. Denn der gesetzliche Richter ist nach Art. 100 Abs. 1 S. 2 GG eine Institution von Verfassungsrang und der Anspruch auf rechtliches Gehör ist eine elementares, gemäß Art. 103 Abs. 1 GG in der Verfassung verankertes Gebot für das Gerichtsverfahren. Im Hinblick darauf hat nach der gefestigten Rechtsprechung des BGH ein Verweisungsbeschluß nach § 281 ZPO dann keine bindende Wirkung und ist anfechtbar, wenn er objektiv willkürlich erscheint (vgl. BGH NJW 1993, 1273) oder wenn er auf der Versagung rechtlichen Gehörs beruht (vgl. BGHZ 71, 69 ff., 72 f.; 102, 338 ff., 341). Es...

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