Leitsatz (amtlich)
Unentgeltlichkeit einer Grundstücksübertragung bei bloßer moralischer Verpflichtung zur Altersversorgung. Mißbrauch lebzeitiger Verfügungsmacht.
Verfahrensgang
LG Oldenburg (Urteil vom 02.04.1993; Aktenzeichen 8 O 3813/92) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg vom 02. April 1993 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung fallen dem Beklagten zur Last.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 8.000,– DM abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Der Wert der Beschwer übersteigt 60.000,– DM.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt als Vertragserbin ihrer am 08.05.1991 verstorbenen Mutter von ihrem Bruder Herausgabe des Hausgrundstückes B. in C..
Durch Erbvertrag vorn 24.09.1985 – UR-Nr. 68/85 des Notars C. W. – setzte die Erblasserin – Mutter von sechs Kindern – die in C. lebende Klägerin als Alleinerbin ein und widerrief damit zugleich alle vorangegangenen Verfügungen von Todes wegen.
Am 22.02.1990 schloß sie mit dem Beklagten einen Erbvertrag – UR-Nr. 13/90 des Notars H. –, in dem sie den Beklagten zu ihrem alleinigen Erben bestimmte und der Klägerin ein Vermächtnis über ein Sparguthaben aussetzte und in dem sich der Beklagte verpflichtete, bei Eintritt des Erbfalls der Klägerin 10.000,– DM zu zahlen. Ferner erteilte sie dem Beklagten an diesem Tage Generalvollmacht – UR-Nr. 14/90 desselben Notars –.
Durch Übergabevertrag vom 03.04.1990 – UR-Nr. 35/90 desselben Notars – übertrug sie dem Beklagten das im Streit befindliche Hausgrundstück und zwar gemäß § 3 des Vertrages „im Wege vorweggenommener Erbfolge”. In § 7 des Vertrages verpflichtete sich der Beklagte, aus Anlaß dieser Grundbesitzübertragung seiner Mutter ein „lebenslängliches, unentgeltliches Altenteilsrecht … zu gewähren” mit dem Inhalt:
- „ein lebenslängliches, unentgeltliches und unbeschränktes Wohnungsrecht an den im gesamten Erdgeschoß des Wohnhauses gelegenen Räumen. Die Lage der Zimmer ist den Erschienen bekannt. Zwischen den Vertragsbeteiligten besteht auch Übereinstimmung über den Umfang des Wohnungsrechts.
Der Erschienene zu 2. verpflichtet sich, für Heizung, Beleuchtung und Instandhaltung sowie für Reinigung und etwaige Schönheitsreparaturen in den vom Altenteil umfaßten Räumlichkeiten in orts- und standesüblicher Weise auf seine Kosten zu sorgen. Alle weiteren mit dem Wohnungsrecht verbundenen Kosten (Gas, Wasser, Abwasser etc.) hat die Erschienene zu 1. zu zahlen.
Mit dem Wohnungsrecht verbunden ist das Recht auf Mitbenutzung aller zum gemeinschaftlichen Gebrauch bestimnter Einrichtungen und Anlagen auf dem Grundbesitz sowie freier Umgang in Hof und Garten.”
Gemäß § 8 des Vertrages übernahm der Beklagte den nicht durch Versicherungsleistungen gedeckten Kostenanteil für die Beerdigung und die Grabpflege.
Die Klägerin hat von dem Beklagten das Hausgrundstück aus dem Gesichtspunkt einer den Vertragserben beeinträchtigenden Schenkung gemäß § 2287 BGB herausverlangt Zug um Zug gegen Zahlung des Pflichtteils von 1/12 des Grundstückswertes und hat dazu vorgetragen:
Der Beklagte habe sich das Hausgrundstück erschlichen. Trotz einer Abfindungserklärung vom 30.10.1973 habe er seine Mutter dazu überredet, ihn erbvertraglich zum Alleinerben einzusetzen. Nach Kenntnis von dem vorangegangenen Erbvertrag mit der Klägerin habe er mit der Grundstücksübertragung vollendete Tatsachen schaffen wollen. Der Erblasserin sei bei der Unterzeichnung der Verträge nicht bewußt gewesen, was sie unterschreibe. Es sei stets der Wunsch der Erblasserin gewesen, daß sie das Hausgrundstück erhalten solle, da die übrigen Geschwister bereits abgefunden worden seien. Das zeige insbesondere der – undatierte – Brief der Erblasserin an den Beklagten nach Abschluß des Übertragungsvertrages, in dem festgestellt ist, daß sie (Klägerin) „das Haus bekommt” (GA 56).
Die Grundstücksübertragung sei schenkweise erfolgt. Altenteilsrecht und die vereinbarte Übernahme von gewissen Kosten seien keine Gegenleistung, zumal der Beklagte dafür bereits 5.000,– DM verzinslich auf einem Konto mit Sperre auf den Todesfall erhalten habe. Ebensowenig seien Pflege- oder Versorgungsleistungen des Beklagten für die Grundstücksübertragung vorgesehen gewesen, da – was unstreitig ist – zunächst die Versorgung absprachegemäß auf ihre übrigen Geschwister verteilt worden sei, die Frau des Beklagten aus gesundheitlichen Gründen keine aufwendige Pflege habe erbringen können und der Beklagte für seine Mutter bereits einen Platz im Altersheim besorgt habe.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, das Hausgrundstüek, belegen in C. verzeichnet im Grundbuch von C., Band … Blatt … an die Klägerin herauszugeben Zug um Zug gegen Zahlung eines Betrages in Höhe von 15.000,– DM.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise der Klage nur mit der Maßgabe einer Zug-um-Zug-Verurteilung eines Betrags von 22.175,69 DM stat...