Leitsatz (amtlich)
Bei Erwerb eines vom sog. VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeuges nach der Ad-hoc-Mitteilung der Volkswagen AG vom 22. September 2015 und der anschließenden Medienberichterstattung haftet diese nicht mehr wegen sittenwidriger Schädigung aus § 826 BGB, da es an dem notwendigen Zurechnungszusammenhang zwischen Sittenverstoß und Schadenseintritt fehlt (Anschluss an OLG Stuttgart, Urteil vom 07.08.2019 - 9 U 9/19, juris-Rdnr. 42).
Verfahrensgang
LG Oldenburg (Aktenzeichen 8 O 1844/18) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das das am 23. Januar 2019 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 8. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Das Berufungsurteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt von der Beklagten Schadenersatz aufgrund des Kaufs eines von dem sogenannten Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs.
Mit Kaufvertrag vom 12.12.2015 erwarb die Klägerin einen gebrauchten Audi Q3 TDI zu einem Kaufpreis von 35.600,- EUR. Die Klägerin hat eine Anzahlung von 10.000,- EUR geleistet und den restlichen Kaufpreis finanziert.
Das Fahrzeug ist mit einem von der Beklagten hergestellten Dieselmotor des Typs EA 189 ausgestattet. Die Motorsoftware erkennt, wenn sich das Fahrzeug auf einem technischen Prüfstand zur Ermittlung der Emissionswerte befindet und schaltet dann von der Einstellung beim Betrieb im Straßenverkehr (Modus 0) auf den Prüfstandbetrieb (Modus 1) um. Dadurch wurden bei der Prüfung die zulässigen Grenzwerte eingehalten und das Fahrzeug erhielt die Zulassung nach der Schadstoffklasse Euro 5. Im Zeitpunkt des Kaufs war das von der Beklagten entwickelte Software-Update bereits installiert.
Die Klägerin behauptet, sie habe bei Abschluss des Kaufvertrages zwar Kenntnis von dem Dieselskandal gehabt, sie habe aber nicht gewusst, dass auch ihr Auto davon betroffen sei.
Mit der Klage verlangt sie Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs, Feststellung des Annahmeverzugs seitens der Beklagten sowie Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, da es an der Kausalität zwischen der Täuschungshandlung der Beklagten und dem Kaufentschluss der Klägerin fehle.
Wegen der weiteren Feststellungen wird auf das Urteil des Landgerichts verwiesen (§ 540 Abs. 1 S. 1 ZPO).
Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.
Der Senat hat die Klägerin zu den Umständen des Kaufs persönlich angehört. Auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 29.10.2019 wird Bezug genommen.
II. Die Berufung ist zulässig. In der Sache hat sie keinen Erfolg. Ein Schadenersatzanspruch aus § 826 BGB steht der Klägerin nicht zu.
Zwar hat der Senat durch Urteil vom 21.10.2019 (13 U 73/19) eine Schadenersatzpflicht der Beklagten als Herstellerin des mit der manipulierten Software ausgestatteten Motors EA 189 wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung dem Grunde nach bejaht. Die sittenwidrige Schädigung liegt nach Auffassung des Senats darin, dass die Beklagte den Motor mit einer verbotenen Abschaltautomatik gebaut und in den Verkehr gebracht hat und den Käufer durch Täuschung dazu veranlasst hat, mit dem Ankauf des mit der manipulierten Software versehenen Autos einen Vertrag zu schließen, den er bei Kenntnis der Sachlage nicht geschlossen hätte. Die Entscheidung bezieht sich jedoch auf Käufe vor Aufdeckung des sog. Abgasskandals.
Im vorliegenden Fall eines Kaufs nach der sog. Ad-hoc-Mitteilung scheitert eine Schadenersatzhaftung jedoch am fehlenden Zurechnungszusammenhang (so auch OLG Stuttgart, Urteil vom 07.08.2019 - 9 U 9/19, juris Rn. 42). Ein Rechtswidrigkeitszusammenhang und damit eine Zurechenbarkeit des Schadens besteht nur dann, wenn der Schaden sich innerhalb des Schutzbereichs der verletzten Norm verwirklicht; es muss ein innerer Zusammenhang mit der durch den Schädiger getroffenen Gefahrenlage bestehen (BGH, Urteil vom 14.10.1971, VII ZR 313/69, NJW-RR 1972, 36, 37).
Ein solcher Zusammenhang bestand im Zeitpunkt des Kaufs durch die Klägerin nicht mehr. Es ist vielmehr mit dem Bekanntwerden des Abgasskandals nachträglich entfallen. Denn die Täuschungshandlung der Beklagten bestand nicht nur darin, dass sie Fahrzeuge mit einer gesetzwidrigen Motorsteuerung in den Verkehr brachte, sondern darin, dass sie dies unter Verschweigen der gesetzwidrigen Softwareprogrammierung tat und dadurch bei den Endabnehmern den Eindruck erweckte, das Fahrzeug entspreche den gesetzlichen Zulassungsbestimmungen. Die Schadenshaftung der Beklagten beruht darauf, dass sie den Käufer des von ihr in den Verkehr gebrachten Fahrzeugs zum Abschluss eines Vertrags brachte, den er bei ...