Leitsatz (amtlich)

Eigentümer eines vollständig eingefriedeten Grundstücks mit Teich braucht nur besondere Sicherungsmaßnahmen zu ergreifen, wenn konkrete Umstände das erfordern.

 

Gründe

Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Der Beklagte hat für die Folgen des Unfalls vom 6. August 1992 nicht einzustehen. Eine solche Haftung könnte sich nur wegen einer schuldhaften Verletzung einer dem Beklagten obliegenden Verkehrssicherungspflicht gemäß § 823 BGB ergeben. Dies kann dem Beklagten aber nicht angelastet werden.

Zwar stellt ein Gartenteich wie der des Beklagten eine Gefahrenquelle insbesondere für kleine Kinder dar. Zu beachten ist aber, daß der Beklagte durch Anlegen des Teiches keine allgemeine Gefahrenquelle geschaffen hat, weil sich der Teich in seinem rundum durch Gebäude und Zäune vollständig eingefriedeten Garten befand.

Das Kind M. hielt sich vor dem Unfall dort unbefugt auf. Eine Verletzung der Verkehrsssicherungspflicht kommt daher hier von vorneherein nur unter den eingeschränkten Vorausssetzungen in Betracht, unter denen eine Verkehrssicherungspflicht auch gegenüber Unbefugten, namentlich spielenden Kindern, besteht.

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Niemand hat die Verpflichtung, jede abstrakt denkbare Gefahr auszuschalten, die von seinen Sachen ausgehen könnte. Notwendig sind vielmehr nur solche Sicherungsmaßnahmen, die ein verständiger und umsichtiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für ausreichend halten darf, um Dritte vor Schäden zu bewahren (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BGH NJW 1990, 1236). Im Hinblick auf einen Schutz unbefugt sich auf einem Grundstück aufhaltender Personen bedeutet dies, daß zu Schutzmaßnahmen nur Anlaß besteht, wenn aufgrund konkreter Umstände mit einem Eindringen und einer Gefährdung Unbefugter, insbesondere spielender Kinder, zu rechnen ist. Das ist hier nicht der Fall.

Unstreitig hatten sich vor dem Unfall noch nie fremde Kinder im Garten des Beklagten aufgehalten, auch nicht M. oder sein älterer Bruder. Der einzige Zugang, durch den Kinder unbemerkt in den Garten gelangen konnten, führte über die Garagenzufahrt des Beklagten, sodann durch die Garage und deren rückwärtige Türe und über einige Stufen. Angesichts dieser Umstände brauchte der Beklagte nicht damit zu rechnen, daß kleine Kinder auf dem geschilderten Weg in seinen Garten eindrangen und zu dem Teich gingen. Dies gilt nach Auffassung des Senats auch dann, wenn die hintere Garagentür am Unfalltage offenstand und der Teich durch diese Türe zu sehen war, wie dies die Kläger behaupten.

Hinzu kommt, daß der Beklagte sich darauf verlassen durfte, daß die Kläger ihrer Aufsichtspflicht über ihre Kinder, und insbesondere ihren damals rund 1 1/2 Jahre alten Sohn M. nachkommen würden.

Es ist allgemein bekannt, daß Kleinkinder gerade des Alters, in dem sich damals M. befand, einerseits die vielfältigen ihnen drohenden Gefahren nur sehr schlecht erkennen und beherrschen können, andererseits aber einen großen Bewegungs- und Erkundungsdrang besitzen. Der Beklagte durfte erwarten, daß die Kläger ihre Aufsicht über M. diesen Gegebenheiten anpassten und ihr Kind, soweit es – wie zur Unfallzeit – allein ohne eine wirksame Einfriedung im Freien spielte, lückenlos beaufsichtigten. Dies haben sie unstreitig nicht getan. Darin liegt bereits ein Aufsichtsversagen, vgl. BGH NJW 1994, 3348.

Der Beklagte konnte hier um so mehr auf eine Erfüllung der Aufsichtspflicht über M. vertrauen, als es zuvor zu der Streitigkeit mit den Klägern über den Bau einer Umzäunung gekommen war. Damals wollten die Kläger ihren Vorgarten mit der Begründung umzäunen, ihre Kinder dadurch an einem Verlassen des Grundstücks zu hindern.

Damit gaben sie dem Beklagten zu erkennen, daß sie sich der großen Gefahren bewußt waren, die frei herumspielenden Kleinkindern drohen. Nachdem nun – aus welchen Gründen auch immer – der Zaun nicht gebaut worden war, durfte der Beklagte noch mehr als ohnehin schon darauf vertrauen, daß die Kläger M. gehörig beaufsichtigten. Daß in der Zeit vor dem Unfall für den Beklagten Anlaß bestanden hätte, an der gehörigen Erfüllung der elterlichen Aufsichtspflicht der Kläger über ihre Kinder zu zweifeln, ist nicht ersichtlich.

Das somit berechtigte Vertrauen des Beklagten auf eine ordnungsgemäße Beaufsichtigung der Nachbarskinder wirkt zurück auf den Umfang seiner Sicherungspflichten. Weil die – hier ohnehin schon sehr unwahrscheinliche – Gefährdung unbefugt seinen Garten betretender Kinder durch die vom Beklagten zu Recht erwartete Beaufsichtigung gewissermaßen neutralisiert wurde, reduzierte sich seine Sicherungsverpflichtung dementsprechend. Ihm ist nach alledem eine Verletzung seiner Verkehrssicherungspflicht nicht anzulasten.

An diesem Ergebnis ändert auch nichts die von den Klägern behauptete Weigerung des Beklagten, einer Umzäunung ihres Vorgartens zuzustimmen. Dabei kann offenbleiben, was insoweit im einzelnen zwischen den Parteien streitig war. Die Kläger waren jedenfalls weder rechtlich noch tatsächli...

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