Entscheidungsstichwort (Thema)
Verpflichtung des Ehegatten nach ehelicher Zusammenveranlagung zur Herausgabe der hältigen Steuererstattung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des anderen Ehegatten
Leitsatz (amtlich)
Ein Ehegatte ist grundsätzlich zur Herausgabe der ihm nach ehelicher Zusammenveranlagung gem. § 37 Abs. 2 AO hälftig zugeflossenen Steuererstattung verpflichtet, nachdem über das Vermögen des anderen Ehegatten das Insolvenzverfahren eröffnet wurde.
Eine zwischen den Eheleuten - insbesondere im Rahmen einer arbeitsteiligen Ehe - im Innenverhältnis vereinbarte hälftige Teilung der Steuererstattung steht dem Rückforderungsanspruch nach § 134 InsO nicht entgegen.
Normenkette
AO § 37 Abs. 2; InsO § 134
Verfahrensgang
LG Osnabrück (Urteil vom 14.06.2007; Aktenzeichen 4 O 2942/06 (331)) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des LG Osnabrück vom 14.6.2007 geändert.
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 40.636,21 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 % über dem jeweiligen Basiszins seit dem 29.11.2006 zu zahlen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die gegen ihn gerichtete Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrag abwenden, wenn nicht zuvor der Kläger Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte zur Herausgabe der ihm nach ehelicher Zusammenveranlagung hälftig zugeflossenen Steuererstattung verpflichtet ist, nachdem über das Vermögen seiner Ehefrau das Insolvenzverfahren eröffnet wurde.
Durch Beschluss des AG Osnabrück vom 16.5.2006 ist das lnsolvenzverfahren über das Vermögen von Frau Dr. D.P. eröffnet und der Kläger zum lnsolvenzverwalter bestellt worden (Bl. 7 d.A.). Die Insolvenzschuldnerin und der Beklagte sind verheiratet.
In den Jahren 2003 und 2004 hat sich der Beklagte im Wesentlichen um den Haushalt und die Familie gekümmert, während seine Ehefrau weitestgehend allein den Unterhalt bestritt. Steuerlich wurden sie stets gemeinsam veranlagt. Aufgrund der seinerzeit erheblichen Einkünfte der Insolvenzschuldnerin, leistete sie an das zuständige Finanzamt entsprechende Vorauszahlungen. Dies hatte zur Folge, dass mit Bescheiden des Finanzamtes O. vom 2.10. und 9.11.2006 für die zurückliegenden Jahre 2003 und 2004 zugunsten der Eheleute P. eine Steuererstattung i.H.v. insgesamt 81.272,42 EUR festgesetzt wurde (vgl. Bl. 10 ff. d.A.).
Das Finanzamt hat die zu erstattenden Beträge am 13.10. bzw. 23.11.2006 entsprechend den Vorschriften der Abgabenordnung jeweils zur Hälfte beiden Ehegatten überwiesen. Der Kläger begehrt die Herausgabe der dem Beklagten auf diese Weise zugeflossenen 40.636,21 EUR.
Er ist der Auffassung, allein die Insolvenzschuldnerin sei aufgrund ihrer erheblichen Einkünfte verpflichtet gewesen, Vorauszahlungen an das Finanzamt zu leisten. Dementsprechend seien die Vorauszahlungen allein aus ihrem Vermögen bestritten worden, so dass auch nur ihr die Steuerstattung zugestanden hätte. Der Beklagte sei daher ungerechtfertigt bereichert. Hilfsweise hat der Kläger die Anfechtung der seitens der Insolvenzschuldnerin geleisteten Vorauszahlungen erklärt.
Dagegen hat der Beklagte im Wesentlichen eingewendet, innerhalb der arbeitsteilig gelebten Ehe habe es sich bei den Einkünften seiner Frau gleichsam zur Hälfte um sein eigenes Geld gehandelt. Dementsprechend habe ihm auch die hälftige Steuererstattung zugestanden.
Das LG hat die Klage abgewiesen, da das Finanzamt dem Beklagten gem. § 37 Abs. 2 Satz 1 AO zu Recht den halben Steuererstattungsanteil überwiesen habe und er daher nicht rechtsgrundlos bereichert sei. Anderweitige Anspruchsgrundlagen zugunsten des Klägers vermochte der Einzelrichter nicht zu erkennen. Im Einzelnen wird auf die erstinstanzliche Entscheidung Bezug genommen.
Dagegen hat der Kläger Berufung eingelegt.
Er beantragt, unter Abänderung des angegriffenen Urteils den Beklagten zu verurteilen, an ihn 40.636,21 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.11.2006 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
II. Die Berufung hat Erfolg.
1. Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch der Insolvenzschuldnerin gegen den Beklagten auf Herausgabe der ihm zugeflossenen hälftigen Steuererstattung nach den Grundsätzen der ungerechtfertigter Bereicherung zu (§ 812 I 12. Alt. BGB).
Die gesamte Steuerrückzahlung i.H.v. 81.272,42 EUR für die Abrechnungszeiträume 2003 und 2004 stand materiell-rechtlich allein der Insolvenzschuldnerin zu, denn die Erstattung beruhte allein darauf, dass die Insolvenzschuldnerin zuvor aus ihrem Vermögen erhebliche Vorauszahlungen geleistet hat, deren Überschuss später wieder ausgekehrt worden ist. Der Beklagte selbst hätte unstreitig bei getrennter Veranlagung weder Vorauszahlungen zu leisten noch Erstattungen zu erwarten gehabt.
Dem steht nicht entgegen, dass das Finanzamt den hälftigen Erstattungsanteil a...