Leitsatz
Die Parteien stritten darüber, ob der Beklagte zur Herausgabe der ihm nach ehelicher Zusammenveranlagung hälftig zugeflossenen Steuererstattung verpflichtet ist, nachdem über das Vermögen seiner Ehefrau das Insolvenzverfahren eröffnet wurde.
Sachverhalt
Durch Beschluss des AG vom 16.5.2006 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Ehefrau eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Die Insolvenzschuldnerin und der Beklagte sind verheiratet.
In den Jahren 2003 und 2004 hat sich der Beklagte um den Haushalt und die Familie gekümmert, während seine Ehefrau weitestgehend allein den Unterhalt der Familie bestritt. Steuerlich wurden die Eheleute gemeinsam veranlagt. Aufgrund der seinerzeit erheblichen Einkünfte der Insolvenzschuldnerin leistete sie an das zuständige Finanzamt entsprechende Vorauszahlungen. Dies hatte zur Folge, dass mit Bescheiden des Finanzamts für die Jahre 2003 und 2004 zugunsten der Eheleute eine Steuererstattung i.H.v. insgesamt 81.272,42 EUR festgesetzt wurde.
Das Finanzamt hat die zu erstattenden Beträge jeweils zur Hälfte beiden Ehegatten überwiesen. Der Kläger begehrt die Herausgabe der dem Beklagten auf diese Weise zugeflossen 40.636,21 EUR.
Zur Begründung hat der Kläger aufgeführt, allein die Insolvenzschuldnerin sei aufgrund ihrer erheblichen Einkünfte verpflichtet gewesen, Vorauszahlungen an das Finanzamt zu leisten, die allein aus ihrem Vermögen bestritten worden seien, so dass ihr allein auch die Steuererstattung zugestanden hätte. Der Beklagte sei daher ungerechtfertigt bereichert.
Hiergegen wandte der Beklagte ein, innerhalb der arbeitsteilig gelebten Ehe habe es sich bei den Einkünften seiner Frau gleichsam zur Hälfte um sein eigenes Geld gehandelt. Demzufolge stehe ihm die hälftige Steuererstattung zu.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen eingelegte Berufung des Klägers hatte Erfolg.
Entscheidung
Das OLG kam zu dem Ergebnis, dem Kläger stehe der geltend gemachte Anspruch der Insolvenzschuldnerin gegen den Beklagten auf Herausgabe der ihm zugeflossenen hälftigen Steuererstattung nach den Grundsätzen der ungerechtfertigten Bereicherung (§ 812 Abs. 1 2. Alt. BGB) zu.
Die gesamte Steuerrückzahlung für die Abrechnungszeiträume 2003 und 2004 habe materiell-rechtlich allein der Insolvenzschuldnerin zugestanden. Sie habe allein darauf beruht, dass sie zuvor aus ihrem Vermögen erhebliche Vorauszahlungen geleistet habe, deren Überschuss später wieder ausgekehrt worden sei. Der Beklagte selbst hätte unstreitig bei getrennter Veranlagung weder Vorauszahlungen zu leisten noch Erstattungen zu erwarten gehabt.
Dem stehe nicht entgegen, dass das Finanzamt den hälftigen Erstattungsanteil an den Beklagten ausgezahlt habe. Dies sei auf der Grundlage des § 37 Abs. 2 S. 1 AO geschehen, der allein das Außenverhältnis zwischen den steuerpflichtigen Ehegatten und dem Finanzamt betreffe. Ein Rechtsgrund des Beklagten für das Behaltendürfen der ihm zugeflossenen anteiligen Steuererstattung könne sich nur aus dem Innenverhältnis zwischen dem Beklagten und der Insolvenzschuldnerin ergeben. Dass die Insolvenzschuldnerin dem Beklagten ausdrücklich oder zumindest auf der Grundlage einer aus langjähriger Übung gewachsenen konkludenten Vereinbarung aus ihrem eigenen Vermögen erhebliche Beträge hätte zuwenden wollen, sei nicht ansatzweise ersichtlich. Allein der Umstand, dass sie an das Finanzamt Vorauszahlungen geleistet habe, bewirke zweifellos insoweit noch keinen stillschweigenden - hälftigen - Forderungsverzicht zugunsten ihres Ehemannes. Im Gegenteil sei im Zweifelsfall davon auszugehen, dass demjenigen Ehegatten, der allein die Vorauszahlungen geleistet habe, gleichsam auch die Überschüsse alleine zustehen sollten (vgl. Palandt/Brudermüller, BGB, 66. Aufl., Anm. Zu § 1353 Rz. 12). Anderes ergebe sich auch nicht aus der arbeitsteilig geführten Ehe oder aus den familienrechtlichen Vorschriften.
Selbst wenn der Beklagte mit der Insolvenzschuldnerin eine hälftige Teilung der Steuererstattung vereinbart hätte, wäre der Rückforderungsanspruch des Klägers insolvenzrechtlich gemäß § 134 InsO begründet. Er habe von der Insolvenzschuldnerin einen Betrag in Höhe der Klageforderung erhalten, ohne dafür eine adäquate Gegenleistung zu erbringen.
Nach Auffassung des OLG wäre hier allenfalls von einer unbenannten Zuwendung auszugehen, die - auch wenn sie gemäß § 1360 BGB im Verhältnis der Ehegatten zueinander keine Schenkung darstellte - jedenfalls als unentgeltlich i.S.d. § 134 InsO anzusehen wäre.
Soweit danach die Insolvenzanfechtung i.S.v. § 134 InsO durchgreife, könne dahinstehen, ob der Kläger die Anfechtung ausdrücklich erklärt habe, da es hierauf nicht ankomme. Insolvenzanfechtung verfolge das Ziel, dass der Anfechtungsgegner den erworbenen Gegenstand wieder der Masse zuführe. Erstrebe der Verwalter im wirtschaftlichen Ergebnis eine solche Rechtsfolge und stütze er sein Begehren auf einen Sachverhalt, der geeignet sein könne, die Voraussetzungen einer Anfechtungsnorm zu erfüllen, habe...