Leitsatz (amtlich)
Zur gerichtlichen Kontrolle des Inhalts einer ehevertraglichen Abrede, die vor der Eheschließung mit einer Schwangeren getroffen wurde.
Verfahrensgang
AG Delmenhorst (Urteil vom 27.03.2003; Aktenzeichen 9 F 220/02 S) |
Tenor
Die Berufung des Antragstellers gegen das am 27.3.2003 verkündete Teilurteil des AG – FamG – Delmenhorst wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Wert für die Berufungsinstanz wird auf bis zu 3.000 Euro festgesetzt.
Gründe
Wegen des diesem Rechtsstreit zugrundeliegenden Sachverhalts nimmt der Senat auf den Tatbestand und – ergänzend – die Entscheidungsgründe des vom Antragsteller angefochtenen Teilurteils Bezug.
Lediglich ergänzend ist anzumerken, dass die am 21.2.1960 geborene Antragsgegnerin in den Jahren 1977 bis 1984 in ihrem erlernten Beruf als Kindergärtnerin tätig war. In der Folgezeit hat sie in S. einen Gastronomie-Betrieb geführt, den sie auf Wunsch des Antragstellers aufgegeben hat.
Dieser ist durch – rechtskräftiges – Urteil des AG – FamG – Delmenhorst vom 21.3.2002 – 9 F 228/01 = 14 UF 64/02 – zur Zahlung ehezeitlichen Unterhalts ab dem 1.1.2003 i.H.v. 6.000 DM monatlich verurteilt worden.
Das AG hat den Antragsteller zur beantragten Auskunft verurteilt.
Hiergegen richtet sich dessen Berufung. Ein Auskunftsanspruch sei nicht gegeben; die notarielle Vereinbarung sei – insgesamt – wirksam, so dass der Antragsgegnerin güterrechtliche Ansprüche nicht zustünden. Die Antragsgegnerin sei insb. vom beurkundenden Notar hinreichend belehrt worden; zudem sei sie im Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht mittellos gewesen. Sie sei nämlich in einer seiner Firmen mit einem Bruttogehalt von 3.000 DM, welches sich in der Folgezeit erhöht habe, angestellt gewesen.
Die Antragsgegnerin, die die Zurückweisung der Berufung beantragt, verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung und Bekräftigung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.
Die Akten 9 F 228/01 AG Delmenhorst sowie 8 O 2110/01 LG Oldenburg lagen vor.
Die Berufung des Antragstellers ist form und fristgerecht eingelegt und begründet worden und auch i.Ü. zulässig, weil die Auskunftserteilung angesichts der finanziellen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers insb. bezüglich des Betriebs– und Grundvermögens nicht unerhebliche Aufwendungen erfordert.
In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg.
Der Ehevertrag ist nämlich jedenfalls hinsichtlich des Ausschlusses des Zugewinnausgleichs unwirksam, § 242 BGB, so dass das AG zutreffend den Auskunftsanspruch der Antragsgegnerin zuerkannt hat, § 1379 BGB.
Auch wenn die Antragsgegnerin, wovon der Senat ausgeht, vom beurkundenden Notar hinreichend belehrt worden ist, hat der Antragsteller seine dominierende Lage ihr ggü. und zu ihrem Nachteil in nicht zu billigender Weise ausgenutzt.
Dabei kann dahinstehen, ob der – weitgehenden – Auffassung des OLG München (OLG München v. 1.10.2002 – 4 UF 7/02, FamRZ 2003, 35 ff. mit abl. Anm. von Bergschneider, FamRZ 2003, 35 [38] f.) uneingeschränkt zu folgen ist.
Denn der Vertrag ist – unstreitig – während der bestehenden Schwangerschaft der Antragsgegnerin geschlossen worden.
Eine Situation von Unterlegenheit ist regelmäßig anzunehmen, wenn eine nicht verheiratete schwangere Frau sich vor die Alternative gestellt sieht, künftig entweder allein für das zu erwartende Kind Verantwortung und Sorge zu tragen oder durch Eheschließung den Kindesvater in die Verantwortung mit (vgl. auch § 1615 BGB) einzubinden, wenn auch um den Preis eines mit ihm zu schließenden, sie aber stark belastenden Ehevertrages. Ihre Position wird durch ihre tatsächliche Lage geschwächt (vgl. BVerfG v. 6.2.2001 – 1 BvR 12/92, MDR 2001, 392 = NJW 2001, 957 ff.; sowie v. 29.3.2001 – 1 BvR 1766/92, NJW 2001, 2248). Auch wenn die Schwangerschaft bei Abschluss des Ehevertrages nur ein – wenn auch gewichtiges – Indiz für eine vertragliche Unausgewogenheit darstellt, sind die Vermögenslage der schwangeren Antragsgegnerin und ihre weitere – auch berufliche – Perspektive nicht geeignet, ihre Unterlegenheit auszuschließen (vgl. BVerfG v. 6.2.2001 – 1 BvR 12/92, MDR 2001, 392 = NJW 2001, 957 [959]; vgl. auch OLG Karlsruhe v. 30.8.2000 – 2 WF 29/00, MDR 2001, 335 f.). So hat die Antragsgegnerin neben dem Verzicht auf Versorgungsausgleichsansprüche auch auf eigenen nachehelichen Unterhalt weitestgehend verzichtet. Der Betreuungsunterhalt ist auf das allenfalls zulässige Maß beschränkt worden und entspricht der Höhe nach bei weitem nicht dem gesetzlich geschuldeten Unterhalt, der die Ehezeit betreffend mit 6.000 DM monatlich tituliert ist. Durch diesen Verzicht ist ihre wirtschaftliche Lage nachhaltig geschwächt worden. Hingegen gab der Antragsteller mit seinem entspr. Verzicht keine maßgebliche Positionen auf; denn er konnte nicht damit rechnen, im Falle der Scheidung Unterhaltsansprüche gegen die Antragsgegnerin durchsetzen zu können.
Dass die Parteien seinerzeit den Wert des Vermögens mit 50.000 DM beziffert haben, rechtfertigt ...