Verfahrensgang
LG Osnabrück (Aktenzeichen 7 O 2321/21) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 31. August 2022 ver-kündete Urteil der Einzelrichterin der 7. Zivilkammer des Landge-richts Osnabrück wie folgt abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstre-ckung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in dieser Höhe leistet.
Gründe
I. Die Klägerin macht als kreditgebende Bank gegenüber der Beklagten gesamt-schuldnerische Ansprüche aus einem gekündigten Darlehensvertrag geltend.
Zusammen mit dem von der Klägerin gesondert in Anspruch genommenen CC un-terschrieb die Beklagte am 16. April 2018 einen über die DD in Ort3 vermittelten "easyCredit"-Darlehensvertrag mit der Klägerin. Zu diesem Zeitpunkt verdiente die damals zwanzigjährige Beklagte als gelernte Bäckereifachverkäuferin rund 1.300 EUR netto. Der Darlehensvertrag über einen Gesamtbetrag von 89.354,35 EUR sah eine monatliche Ratenzahlung von 1.065 EUR vor. Dem Vertragsschluss war vorausgegan-gen, dass CC als damaliger Freund der Beklagten wegen bestehender Verbindlich-keiten keinen weiteren Kredit über 7.500 EUR mehr erhielt, weshalb er die Beklagte davon überzeugte, den Vertrag mit ihm zusammen abzuschließen. Mit dem Kredit-vertrag wurde indes nicht nur ein Darlehen über 7.500 EUR aufgenommen - es wurde auch eine Umschuldung von drei laufenden Kreditverbindlichkeiten des CC über insgesamt 46.670,61 EUR vorgenommen, wobei die Klägerin mit anteilig 36.970,61 EUR die größte Gläubigerin war.
Nachdem die Darlehensraten seit Anfang 2020 nicht mehr erfolgreich eingezogen werden konnten, kündigte die Klägerin nach Mahnung und Kündigungsandrohung das Darlehen und stellte die Restforderung über 58.312,26 EUR fällig. Abzüglich nicht verbrauchter Laufzeitzinsen und nicht verbrauchter Kosten einer Restkreditversi-cherung ergab dies die ursprüngliche Klageforderung in Höhe von 50.607,29 EUR, die die Klägerin zuzüglich Zinsen, Adressermittlungskosten, Mahnkosten und vergebli-chen Vollstreckungsaufwendungen in Bezug auf den Gesamtschuldner CC geltend gemacht hat.
Wegen der Feststellungen und weiteren Einzelheiten wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO), mit dem das Landgericht der Klage hinsichtlich der Hauptforderung über 50.607,29 EUR stattgegeben hat. In Bezug auf die Zinsforderung nahm das Gericht der ersten Instanz rechnerische Kür-zungen vor. In Bezug auf die Mahn-, Auskunfts- und Vollstreckungskosten hat es die Klage im Übrigen abgewiesen.
Gegen die erfolgte Verurteilung richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie ihr erstinstanzliches Vorbringen ergänzt und vertieft. Sie erklärt ausdrücklich die An-fechtung des Vertrages wegen Sittenwidrigkeit und verweist hierzu auf die Recht-sprechung des Bundesgerichtshofs bei krasser finanzieller Überforderung und ei-nem persönlichen Näheverhältnis (Urteil vom 4. Dezember 2001 - XI ZR 56/01, juris). Sie hält ihre bereits vom Landgericht gewürdigte Behauptung aufrecht, sie sei davon ausgegangen, dass es nur um ein Darlehen über 7.500 EUR geht.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landgerichtes Osnabrück zu Az.: 7 O 2321/21 aufzuheben und die Klage abzuweisen. (GA I 21)
Die Klägerin beantragt,
die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen. (GA II 26)
Die Klägerin verteidigt das Urteil des Erstgerichts und wiederholt dessen gegen eine Sittenwidrigkeit des Vertrages angeführte Argumentation, dass die aus einer kras-sen finanziellen Überforderung folgende Vermutung für einen Vertragsschluss aus emotionaler Verbundenheit widerlegt sei, wenn die Beklagte wie hier beteuert, den Vertrag in Kenntnis eines Volumens von 89.354,35 EUR nie abgeschlossen zu haben. Die dem zugrundeliegende Behauptung der Beklagten, die wahre Darlehenshöhe nicht gekannt zu haben und nur von einem Darlehen über 7.500 EUR ausgegangen zu sein, macht sich die Klägerin erstmals mit Schriftsatz vom 28. April 2023 zu eigen (GA II 41).
II. Die Berufung ist zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgerecht erhoben, §§ 517, 522 Abs. 2 ZPO.
Die Berufung ist auch begründet. Das angefochtene Urteil war insgesamt abzuän-dern.
Der Klägerin steht gegenüber der Beklagten kein Zahlungsanspruch aus dem Dar-lehensvertrag vom 16. April 2018 zu.
Das Gericht der ersten Instanz hat richtigerweise festgestellt, dass die Beklagte nicht Darlehensnehmerin, sondern nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts-hofes (BGH, Urteil vom 16. Juni 2009 - XI ZR 539/07, juris, Rn. 14, mwN) lediglich Mithaftende des Darlehensvertrages vom 16. April 2018 geworden ist. Zu Recht hat es darüber hinaus aufgezeigt, dass eine solche Mithaftungsübernahme im Falle ei-ner - vom Landgericht hier zutreffend bejahten - krassen finanziellen Überforde-rung nach § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig ist, wenn die Gläubigerin nicht darlegen und beweisen kann, dass sie bei einem bestehenden Näheverhält...