Leitsatz (amtlich)
1. Dem Beschwerdegericht kommt im Rahmen des § 64 Abs. 3 FamFG sowohl ein Auswahl- als auch bereits ein Entschließungsermessen zu.
2. Zu weiteren Fragen betreffend § 64 Abs. 3 FamFG.
Normenkette
FamFG § 64 Abs. 3
Verfahrensgang
AG Rostock (Beschluss vom 30.05.2024; Aktenzeichen 14 F 182/21) |
Tenor
Der Antrag des Kindesvaters (Beschwerdeführers), die Vollziehung des Beschlusses des Amtsgerichts Rostock - Familiengericht - vom 30.05.2024, Az.: 14 F 182/21, im Wege einstweiliger Anordnung gemäß § 64 Abs. 3 FamFG auszusetzen, wird abgelehnt.
Gründe
I. Gegenstand des Verfahrens ist die elterliche Sorge für das gemeinsame Kind der beteiligten Eltern, den am ... geborenen - aktuell also zehn Jahre alten - Sohn ..., der bei der Kindesmutter in ... bei ... lebt, wo diese nach der Trennung der Kindeseltern ein Einfamilienhaus errichtet hat. Der Kindesvater lebt (weiter) in ... Er hat Umgang mit seinem Sohn, und zwar - soweit es den Regelumgang betrifft - an jedem zweiten Wochenende von Mittwoch bis Montag. Unter Ausweitung um eine weitere Übernachtung von Mittwoch auf Donnerstag haben sich die Kindeseltern auf diesen Modus in der nichtöffentlichen Sitzung des Amtsgerichts Rostock im vorliegenden Verfahren am 01.03.2024 verständigt (vgl. Seite 3 des Vermerks über den genannten Termin [Band III Blatt 367 der erstinstanzlichen Verfahrensakten]); zuvor erstreckte sich der Regelumgang jeweils von Donnerstag bis Montag.
Das vorliegende Verfahren ist durch den Kindesvater mit Schriftsatz vom 23.08.2021, vor nunmehr beinahe drei Jahren, initiiert worden, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird. Gestützt auf § 1671 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB (vgl. Seite 15 des Schriftsatzes [Band I Blatt 16 der erstinstanzlichen Verfahrensakten]) hat der Kindesvater beantragt, die bis dahin beiden Eltern gemeinschaftlich zustehende elterliche Sorge insgesamt auf ihn allein zu übertragen, hilfsweise zumindest das Aufenthaltsbestimmungsrecht, die Gesundheitssorge sowie das Recht zur Regelung schulischer Angelegenheiten. Außerdem hat der Kindesvater beantragt, ihn zu berechtigen, den gemeinsamen Sohn unter seiner Adresse in ... hauptwohnsitzlich an- bzw. dorthin umzumelden. Zur Begründung hat der Kindesvater auf massive Konflikte zwischen den beiden Elternteilen verwiesen, die sich seit Anfang 2020 erheblich potenziert hätten. Die Kindesmutter sei nicht bereit, mit ihm - dem Kindesvater - Belange des gemeinsamen Kindes zu erörtern. Nur einem entsprechenden familiengerichtlichen Verfahren zur Übertragung der Alleinentscheidungsbefugnis (Az.: ...) sei es zu verdanken, dass der gemeinsame Sohn therapeutische Unterstützung erfahre. Er - der Sohn - sei in der Folge durch die ambulante Jugendhilfeeinrichtung des "..." unterstützt worden. Auch und insbesondere im Zusammenhang mit der Frage nach (u.a.) logopädischer Förderung wirke die Mutter nicht mit bzw. neige zu Bagatellisierung.
Die Kindesmutter ist den Anträgen des Kindesvaters entgegengetreten und hat ihrerseits mit Schriftsatz vom 17.10.2021 (Band I Blatt 54 ff. der erstinstanzlichen Verfahrensakten), auf den Bezug genommen wird, beantragt, das Aufenthaltsbestimmungsrecht auf sie allein zu übertragen. Unter der Voraussetzung, dass der Kindesvater an seinem Antrag auf Übertragung des gesamten elterlichen Sorgerechts festhalte, werde auch sie weitergehend beantragen, ihr die gesamte elterliche Sorge allein zu übertragen. Auch die Kindesmutter hat sich zur Begründung ihres Antrages auf die Vorschrift des § 1671 Abs. 1 BGB gestützt (vgl. Seite 3 des genannten Schriftsatzes). Dabei hat sie bestätigt, dass ihr Verhältnis zum Kindesvater konfliktbelastet sei. Sie sei allerdings im Unterschied zum Kindesvater in der Lage, die Bedürfnisse des gemeinsamen Sohnes zu erkennen, und auch besser geeignet, dem Förderprinzip zu entsprechen. Tatsächlich habe die vom Kindesvater erwähnte Therapie positive Wirkungen gezeitigt. Es sei der Kindesvater, der die Fortsetzung dieser Therapie ablehne. Insofern hat sich die Kindesmutter u.a. auf eine E-Mail des Kindesvaters vom ... bezogen, für deren Inhalt auf Band I Blatt 62 der erstinstanzlichen Verfahrensakten verwiesen wird und in der durch den Kindesvater u.a. ausgeführt wird: "Wie Du sicherlich von [...] bereits erfahren hast, werde ich einer Fortführung der Familienhilfe beim ... nicht zustimmen. [...] So bestätigen alle Bezugspersonen [...], dass ... nicht belastet für sie erscheint. Auch für mich erscheint ... im Alltag nicht belastet."
Das Amtsgericht hat dem Kind eine Verfahrensbeiständin - Rechtsanwältin ... - bestellt und eine sachverständige Begutachtung angeordnet. Auf die Beschlüsse des Amtsgerichts vom 03.09.2021 (Band I Blatt 39 / 39-Rs. der erstinstanzlichen Verfahrensakten) und 22.10.2021 (Band I Blatt 99 f. der erstinstanzlichen Verfahrensakten) wird Bezug genommen, auf letzteren insbesondere wegen der näheren Fassung der an die Sachverständige ... gerichteten Beweisfragen. Die Sachverständige ... hat schriftliche Gutachten (jeweil...