Leitsatz (amtlich)

1. Ein im Rahmen eines Schlichtungsverfahrens vor einer kommunalen Schiedsstelle geschlossener Vergleich ist kein in einem schiedsgerichtlichen Verfahren nach §§ 1025 ff. ZPO ergangener Schiedsspruch und kann daher nicht vom OLG gem. § 1060 ZPO für vollstreckbar erklärt werden.

2. Wird gleichwohl ein entsprechender Antrag zum OLG gestellt, ist eine Verweisung nach § 281 ZPO nicht möglich, weil diese Vorschrift lediglich bei örtlicher oder sachlicher, nicht aber bei - in diesem Fall gegebener - funktionaler Unzuständigkeit des angegangenen Gerichts anwendbar ist.

 

Normenkette

SchiedsG MV § 34 Abs. 2; ZPO § 160 Abs. 1 Nr. 4, §§ 281, 1025, § 1025 ff., § 1060

 

Tenor

1. Der Antrag des Antragstellers vom 14.1.2014 auf Vollstreckbarerklärung eines "Schiedsspruchs" vom 12.1.2011 wird verworfen.

2. Der Antrag des Antragstellers vom 18.3.2014 auf Verweisung des Verfahrens an das AG Stralsund wird zurückgewiesen.

3. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens nach einem Gegenstandswert von 1.000 EUR.

 

Gründe

I. Aufgrund Antrages des Antragstellers vom 14.12.2010 auf Durchführung eines Schlichtungsverfahrens haben die Parteien am 12.1.2011 vor der Schiedsstelle des Amtes A. einen Vergleich geschlossen, in dem sich der Antragsgegner zur Zurückschneidung einer Hecke sowie eines Pflaumenbaumes verpflichtete.

Mit Schriftsatz vom 14.1.2014 hat der Antragsteller beim OLG Rostock beantragt, diesen Vergleich als "Schiedsvereinbarung gem. § 1031 ZPO" für vollstreckbar zu erklären und dem Antragsgegner die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Dieser hat mit Schriftsatz vom 28.1.2014 u.a. die Zuständigkeit des angerufenen Gerichtes unter Hinweis auf § 34 des Schiedsstellen- und Schlichtungsgesetzes Mecklenburg-Vorpommern in der seit dem 1.10.2010 gültigen Fassung (im Folgenden: SchStG M-V) angezweifelt und ein fehlendes Rechtsschutzbedürfnis reklamiert.

Statt der vom Senat anheim gegebenen Rücknahme des Antrages hat der Antragsteller mit am 18.3.2014 eingegangenem Schriftsatz vom selben Tag die Verweisung der Angelegenheit an das AG Stralsund beantragt.

II. Die Anträge bleiben ohne Erfolg, da ein Schiedsspruch, der für vollstreckbar erklärt werden könnte, nicht vorliegt und eine Verweisung nicht in Betracht kommt.

1. Zwar ist das OLG gem. §§ 1060, 1062 Abs. 1 Nr. 4 ZPO zuständig für Entscheidungen betreffend die Vollstreckbarerklärung von inländischen Schiedssprüchen. Ein solcher, in einem schiedsgerichtlichen Verfahren nach §§ 1025 ff. ZPO ergangener Schiedsspruch (§ 1054 ZPO), aber auch ein Vergleich nach § 1053 ZPO liegen indes nicht vor.

Ein Schiedsspruch i.S.d. §§ 1051 ff. ZPO kann nur im Rahmen einer Schiedsvereinbarung nach § 1029 ZPO ergehen. Eine solche Schiedsvereinbarung wiederum setzt voraus, dass die Parteien sich der Entscheidung durch ein Schiedsgericht unterwerfen, d.h. dass die Entscheidung eines Rechtsstreits den staatlichen Gerichten entzogen und Schiedsrichtern übertragen wird (vgl. OLG Schleswig, Beschl. v. 19.6.2012 - 16 Sch 1/12, SchlHA 2013, 42, Tz. 7, 13 zitiert nach juris; Zöller/Geimer, ZPO, 30. Aufl., § 1029 Rz. 6, 15, 29, jeweils m.w.N.). Das ist für den vorliegenden, vor einer kommunalen Schiedsstelle geschlossenen Vergleich nicht der Fall (so auch OLG Brandenburg, Beschl. v. 5.1.2000 - 8 Sch 6/99, NJW-RR 2001, 645, Tz. 12 f. zitiert nach juris).

Unabhängig davon, ob hier eine freiwillige (§§ 13 ff. SchStG M-V) oder eine obligatorische (§§ 34a ff. SchStG M-V) Streitschlichtung durchgeführt worden ist, bleibt den Parteien zur Klärung ihres Rechtsstreits der Weg zu den staatlichen, nämlich den ordentlichen Gerichten offen. Im Falle der freiwilligen Schlichtung ergibt sich dies bereits daraus, dass das Verfahren nur auf Antrag (§ 14 Satz 2 SchStG M-V) durchgeführt wird und die Parteien daher nicht verpflichtet sind, die Dienste einer von der Gemeinde eingerichteten Schiedsstelle (§ 1 Abs. 1 Satz 1 SchStG M-V) in Anspruch zu nehmen. Aber auch die obligatorische Streitschlichtung steht der Erhebung einer Klage vor den ordentlichen Gerichten nicht entgegen, sie ist vielmehr Zulässigkeitsvoraussetzung dafür (§ 15a Abs. 1 EGZPO). Eine Klage kann außerdem in jedem Fall ohne weiteres auch dann erhoben werden, wenn ein Vergleich nicht zustande gekommen ist. Schließlich ist selbst im Falle eines im Schlichtungsverfahren zustande gekommenen Vergleichs eine Klageerhebung nicht von Gesetzes wegen ausgeschlossen, wobei es nicht darauf ankommt, ob eine solche Klage, etwa mangels Rechtsschutzbedürfnisses, möglicherweise unzulässig wäre.

Das Schlichtungsverfahren nach dem SchStG M-V soll damit die staatlichen Gerichte nicht etwa ersetzen, sondern lediglich entlasten und den Parteien in geeigneten Fällen einen einfachen, billigen und schnellen Weg zur Durchsetzung ihrer Ansprüche sowie zur Herstellung des Rechtsfriedens zur Verfügung stellen. Dazu gehört auch, dass aus einem vor einer Schiedsperson geschlossenen Vergleich kraft Gesetzes die Zwangsvollstreckung stattfindet (§§ 34 Abs. 1 Satz 1, 34d Abs. 1 SchStG M...

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