Entscheidungsstichwort (Thema)
Bedürftigkeit im Rahmen der Prozesskostenhilfe bei fehlender Rücklagenbildung zur Finanzierung eines Eheaufhebungsverfahrens nach Eingehung einer Scheinehe
Leitsatz (amtlich)
Derjenige, der sich zum Eingehen einer Scheinehe entschließt, muss bereits zu diesem Zeitpunkt davon ausgehen, dass das nach Ablauf des ehewidrigen Zwecks der Verbindung notwendige Eheaufhebungsverfahren mit Kosten verbunden ist. Er hat dies bei seiner Lebensgestaltung zu berücksichtigen und im Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren Rücklagen zu bilden.
Normenkette
ZPO § 114
Verfahrensgang
AG Greifswald (Beschluss vom 04.01.2007; Aktenzeichen 61 F 212/06) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des AG Greifswald - FamG - vom 4.1.2007 - 61 F 212/06, wird zurückgewiesen.
Gründe
A. Die Antragstellerin begehrt die Aufhebung der mit dem Antragsgegner geschlossenen Ehe (§§ 1313, 1314 Abs. 2 Nr. 5 BGB) und möchte hierfür Prozesskostenhilfe.
Die Antragstellerin hat am 7.7.2003 eine Scheinehe mit dem Antragsgegner, der türkischer Staatsangehöriger ist, geschlossen, um dem Antragsgegner den Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland zu ermöglichen.
Mit angefochtenem Beschluss hat das AG der Antragstellerin die nachgesuchte Prozesskostenhilfe verweigert. Wegen der Entscheidungsgründe nimmt der Senat auf den Beschluss des AG vom 4.1.2007 Bezug.
Gegen diesen Beschluss wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde, der das AG nicht abgeholfen hat.
B. Die gem. § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO statthafte sofortige Beschwerde ist zulässig, bleibt in der Sache jedoch erfolglos.
Die Frage, ob rechtmissbräuchliches oder mutwilliges Verhalten in Bezug auf die beabsichtigte Rechtsverfolgung der Antragstellerin anzunehmen ist (§ 114 ZPO), kann dahinstehen.
Die Antragstellerin ist jedenfalls nicht als bedürftig i.S.d. § 114 ZPO anzusehen. Zwar hat die Antragstellerin auf Nachfrage des AG durch eigene eidesstattliche Versicherung glaubhaft gemacht (§ 118 Abs. 2 Satz 1 ZPO), dass sie für die Eingehung der Ehe ein Entgelt nicht erhalten hat. Dass die Antragstellerin auch sonst zur Bildung von Rücklagen nicht im Stande war, hat sie jedoch nicht behauptet. Derjenige, der sich zum Eingehen einer Scheinehe entschließt, muss bereits zu diesem Zeitpunkt davon ausgehen, dass das nach Ablauf des ehewidrigen Zwecks der Verbindung notwendige Eheaufhebungsverfahren mit Kosten verbunden ist. Er hat dies bei seiner Lebensgestaltung zu berücksichtigen und im Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren Rücklagen zu bilden. Diese Situation ist daher nicht mit derjenigen einer prozesskostenhilfebedürftigen Partei vergleichbar, die sich in einer bestimmten Lebenssituation in der Lage sieht, in einem gerichtlichen Verfahren ihr Recht verfolgen oder verteidigen zu müssen. Da dies in der Regel nicht vorhersehbar ist, die meisten Menschen auch hiervon nicht betroffen sind, kann nicht generell verlangt werden, hierfür regelmäßig Eigenvorsorge zu treffen. Dies trifft für denjenigen, der eine Scheinehe eingeht, nicht zu. Von diesem kann verlangt werden, dass er im Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren Vorsorge trifft und die Kosten anspart, die ihm anfallen, um den rechtmissbräuchlich erworbenen Status der Ehe durch das vom Gesetzgeber geregelte Verfahren wieder aufheben zu lassen.
Dass die Antragstellerin hierzu außer Stande war, trägt sie nicht vor und ist auch sonst nicht ersichtlich. Die Antragstellerin hat in dem gegen sie geführten Strafverfahren wegen Verstoß gegen das Ausländergesetz (§ 92a Abs. 1 Nr. 1 AuslG) ausgesagt, sie habe während der Ehe von den Einkünften des Antragsgegners, der erwerbstätig war, gelebt.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 127 Abs. 4 ZPO).
Fundstellen
Haufe-Index 1742796 |
FamRZ 2007, 1335 |
NJW-RR 2007, 1161 |
NJ 2007, 414 |
GV/RP 2008, 455 |
FuBW 2008, 52 |
FuHe 2008, 429 |
OLGR-Ost 2007, 683 |
www.judicialis.de 2007 |