Tenor

Der Auslieferungshaftbefehl des Senats vom 01.04.2011 wird mit Ablauf des 08.05.2011 aufgehoben.

Zugleich wird gegen den Verfolgten ab diesem Zeitpunkt gem. § 34 Abs. 1 IRG die Haft zur Durchführung seiner Auslieferung an die Republik Serbien zum Zweck der Strafverfolgung wegen der ihm im Haftbefehl des Bezirksgerichts Subotica vom 23.03.2009 - Kl. BR 88/08 - zur Last gelegten Tat angeordnet.

Termin zur Haftprüfung durch den Senat wird auf den 20.05.2011 bestimmt.

 

Gründe

I. Die serbischen Justizbehörden haben über Interpol mit internationalem Fahndungsersuchen vom 03.07.2009 um die vorläufige Festnahme des Verfolgten zur Strafverfolgung wegen der ihm im Haftbefehl des Bezirksgerichts Subotica vom 23.03.2009 - Kl. BR 88/08 - zur Last gelegten Tat ersucht.

Der Verfolgte wurde daraufhin am 29.03.2011 in Rostock vorläufig festgenommen. Der Senat hat am 01.04.2011 gegen ihn die vorläufige Auslieferungshaft angeordnet. Am 15.04.2011 hat sich der Verfolgte zu Protokoll des Amtsgerichts Güstrow mit seiner vereinfachten Auslieferung einverstanden erklärt, die daraufhin von der Bundesregierung mit Verbalnote des Auswärtigen Amtes vom 29.04.2011 - 506-30-531.00/33337 SRB - an die Botschaft der Republik Serbien bewilligt worden ist. Die angekündigten Auslieferungs-unterlagen sind bislang nicht eingegangen.

Die serbischen Behörden sind bereits am 02.05.2011 über Interpol um die Mitteilung eines konkreten Termins zur Übernahme des Verfolgten gebeten worden, wobei aus Gründen der Praktikabilität eine Überstellung von Berlin aus auf dem Luftwege in der 18. - 20. Kalenderwoche vorgeschlagen wurde. Eine Antwort von Interpol Belgrad steht derzeit noch aus. Der Verfolgte wurde jedoch bereits am 03.05.2011 vorsorglich in die JVA Berlin-Moabit verlegt.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, gegen den Verfolgten Haftbefehl nach § 34 IRG zu erlassen. Der Verfolgte ist bislang nicht dazu gehört worden.

II. Nachdem die Auslieferungsunterlagen innerhalb der auf Antrag der serbischen Behörden bereits auf 40 Tage verlängerten Höchstfrist des Art. 16 Abs. 4 Satz 1, 2. Halbsatz EuAlÜbk, die mit der vorläufigen Festnahme des Verfolgten am 29.03.2011 zu laufen begonnen hat, nicht eingegangen sind, kann der Senat nicht mehr rechtzeitig über die Fortdauer der Auslieferungshaft entscheiden. Der Auslieferungshaftbefehl war deshalb mit Ablauf des 08.05.2011 zwingend aufzuheben (BGHSt 28, 31). Der Verfolgte wäre anschließend unverzüglich auf freien Fuß zu setzen gewesen.

Indes liegen nunmehr die Voraussetzungen vor, unter denen nach § 34 Abs. 1 IRG gegen den Verfolgten die (weitere) Haft zur Durchführung der Auslieferung angeordnet werden kann.

Zwar setzt diese Vorschrift nach ihrem Wortlaut voraus, dass sich der Verfolgte nach der Bewilligung der Auslieferung auf freiem Fuß befindet und die Durchführung der Auslieferung nicht auf andere Weise gewährleistet ist. Vorliegend befindet sich der Verfolgte noch in vorläufiger Auslieferungshaft. Diese kann aus den genannten Gründen jedoch nicht über dem 08.05.2011 hinaus aufrecht erhalten bleiben. Für diese Fälle führt eine teleologische Auslegung des Merkmals "auf freiem Fuß befindlich" jedenfalls bei - wie hier - vereinfachten Auslieferungsverfahren, dazu, es auch zu bejahen, wenn der Verfolgte nach Bewilligung aber vor der Durchführung der Auslieferung wegen Ablaufs der Höchstdauer der vorläufigen Auslieferungshaft auf freien Fuß zu setzen wäre, sofern keine neue Haftanordnung erginge (OLG Frankfurt NStZ 1985, 128; OLG Karlsruhe Justiz 1985, 58; BGH NJW 1986, 1444; OLG Schleswig, Beschl. v. 08.07.2003 - 1 Ausl (A) 15/03 (12/03) - zitiert nach juris; Wilkitzki in Grützner/Pötz/Kreß, Internationale Rechtshilfe in Strafsachen, 3. Aufl. Loseblattsamlung, Stand Februar 2011, § 34 IRG Rdz. 16).

Zwar ist auch die ungeschriebene Haftvoraussetzung des alsbaldigen und unmittelbaren Bevorstehens der Auslieferung (vgl. dazu Wilkitzki aaO. Rdz. 17) im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht sicher erfüllt. Nachdem jedoch von deutscher Seite aus bereits alle Vorkehrungen getroffen worden sind, um eine sofortige Übergabe des Verfolgen sicherzustellen und es allein noch an der Rückmeldung der serbischen Behörden über das genaue Datum seiner Abholung fehlt, erscheint, gemessen an den Übergabefristen des Art. 18 Abs. 4 EuAlÜbk, die Anordnung und der am 09.05.2011 beginnende Vollzug der Durchführungshaft derzeit gerechtfertigt und nicht unverhältnismäßig. Sie ist auch aus den unverändert fortbestehenden Gründen des Auslieferungshaftbefehls vom 01.04.2011 zur Absicherung der Überstellung des Verfolgten geboten.

Eine vorherige Anhörung des Verfolgten war ohne Gefährdung des Zwecks der Anordnung nicht möglich (§ 77 Abs. 1 IRG, § 33 Abs. 4 Satz 1 StPO). Über die Verhängung der Durchführungshaft konnte der Senat erst unmittelbar vor Ablauf der Höchstfrist der vorläufigen Auslieferungshaft entscheiden, weil vorher die gesetzlichen Voraussetzungen des § 34 Abs. 1 IRG - wie dargelegt - nicht vorgelegen haben. Auch war bis zum Ende dies...

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