Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausschluss von Angeboten nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b) VOB/A i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A bei "Spekulationsangeboten"

 

Leitsatz (amtlich)

1. Für den Ausschluss eines Angebotes nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b) VOB/A i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A ist es unerheblich, ob es sich bei dem Angebot des Bieters um ein sog. "Spekulationsangebot" handelt, mit dem der Bieter infolge einer Mischkalkulation durch "Aufpreisung" bereits bei Beginn der Ausführung des Auftrags fälliger Leistungen überhöhte oder durch "Aufpreisungen" verminderte Abschlagszahlungen auslösen und so eine Vorfinanzierung des Auftrages im Verhältnis zu anderen Angeboten eintreten lassen oder den Anschein eines besonders günstiges Angebots erwecken will; unerheblich ist auch, wie sich die Wirtschaftlichkeit der zu vergleichenden Angebote unter Berücksichtigung des Umstandes darstellt, dass es bei Angeboten zu Einheitspreisen zu Mengenänderungen kommen kann und sich infolge der "Aufpreisung" von Positionen des Leistungsverzeichnisses, bei denen eher mit Mengenerhöhung zu rechnen ist, und infolge der "Abpreisung" von Positionen, bei denen eher mit Mengenreduzierung zu rechnen ist, erhebliche Verschiebungen des Gesamtpreises ergeben können.

2. Ein Bieter, der in seinem Angebot Positionen des Leistungsverzeichnisses mit Preisen versieht, bei denen Teile des tatsächlich geforderten Entgelts nicht bei der ausgewiesenen Position erklärt werden, sondern in andere Positionen eingerechnet werden, ohne dass aus dem Angebot der tatsächlich geforderte Preis für die Leistung etwa infolge erläuternder Zusätze ersichtlich wird, gibt schon objektiv die geforderten Erklärungen nicht vollständig i.S.v. § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A ab, so dass sein Angebot als Grundlage einer transparenten und alle Bieter gleich behandelnden Wertung ungeeignet und daher nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b) auszuschließen ist.

 

Normenkette

VOB/A §§ 21, 25

 

Verfahrensgang

2. Vergabekammer Mecklenburg-Vorpommern (Beschluss vom 11.05.2005; Aktenzeichen 2 VK 6/05)

 

Tenor

Der Antrag, festzustellen, dass die Antragstellerin durch die Antragsgegnerin in ihren Rechten verletzt ist, wird, nachdem die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss der 2. Vergabekammer Mecklenburg-Vorpommern, Az.: 2 VK 6/05, infolge Zuschlagserteilung Erledigung gefunden hat, zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens der sofortigen Beschwerde einschließlich der notwendigen Kosten der Beigeladenen.

Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten war für die Antragsgegnerin und die Beigeladene notwendig.

Der Wert des Verfahrens der sofortigen Beschwerde beträgt 302.543,50 EUR.

 

Gründe

I. Die Antragsgegnerin schrieb mit Vergabebekanntmachung vom 2.6.2004 das Bauvorhaben Ortsumfahrung C. im Zuge der B 321n Los 1, Strecke und Bauwerke 1 und 2, Bauwerk 1: Überführung der K14, Bauwerk 2: Überführung der L09 aus. Die Vergabe erfolgte im Wege des offenen Verfahrens gem. VOB/A.

Neben weiteren Bietern beteiligten sich die Antragstellerin und die Beigeladene. Die Antragstellerin gab unter dem 15.7.2004 ein Hauptangebot und 11 Nebenangebote ab.

Nach Auswertung der Angebote beabsichtigte die Antragsgegnerin gemäß Vergabevorschlag vom 21.12.2004, die Bieterin mit dem niedrigsten Preis, die Bietergemeinschaft W., auszuschließen und den Zuschlag der Beigeladenen mit einem Bruttopreis von 5.967.574,57 EUR zu erteilen. Unter Wertung ihrer Nebenangebote 1, 5, 7 und 9 errechnete sie für die Antragstellerin einen Bruttopreis von 6.050.896,93 EUR.

Mit Schreiben vom 27.9.2004 hat das Straßenbauamt die Beigeladene gem. § 24 VOB/A um schriftliche Aufklärung zu der Angemessenheit und Ermittlung der Preise (Kalkulationen), um Aussagen über die geplante Art der Durchführung oder sonstige Ausführungsbedingungen für die Teilleistungen der OZ ... . Das Straßenbauamt bat weiterhin zu den OZ um Offenlegung der Urkalkulation. Die Beigeladene antwortete mit Schreiben vom 4.10.2004 u.a., die genannten Positionen seien nach ihrer Einschätzung auskömmlich kalkuliert. Mit Schreiben vom 7.10.2004 übersandte die Beigeladene die Urkalkulation zu den OZ ... . Mit Schreiben vom 2.11.2004 teilte das Straßenbauamt Schwerin der Beigeladenen mit, eine Verschiebung von Kostenanteilen in andere Leistungspositionen, d.h. eine Mischkalkulation, könne nicht zweifelsfrei ausgeschlossen werden. Es forderte die Beigeladene letztmalig auf, bis zum 9.11.2004, 12.00 Uhr, schriftlich bzw. per Fax eine plausible, nachprüfbare Kalkulationsunterlage für die mit Schreiben vom 27.9.2004 benannten Leistungspositionen zu übersenden. In der übersandten Angebotskalkulation seien zusätzlich noch im Einzelnen benannte fehlende Kalkulationsbestandteile in den einzelnen Leistungspositionen aufgefallen. Zu den einzelnen Positionen wurde insb. ausgeführt, dass eine Kalkulation des Verbaues nicht erkennbar sei. Um Aufklärung werde gebeten.

Mit Schreiben vom 8.11.2004 erläuterte die Beigeladene ihre Kalkulation der OZ ... hinsichtlich Wasserhaltung, Aushub, Bode...

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