Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Mischkalkulation bei nicht versteckten oder nicht unzulässig verlagerten Baustellengemeinkosten

 

Normenkette

VOB/A § 25

 

Verfahrensgang

2. Vergabekammer (Beschluss vom 22.12.2005; Aktenzeichen 2 VK 15/05)

 

Tenor

Der Beschluss der 2. Vergabekammer bei dem Wirtschaftsministerium M-V vom 22.11.2005 (Az: 2 VK 15/05) wird abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, in dem Vergabeverfahren Um- und Ausbau der BAB A 11, km 95,377 bis km 100,916 RF Stettin einschließlich AS Penkuhn die Angebotswertung unter Berücksichtigung des Angebots der Beschwerdeführerin zu wiederholen und vorbehaltlich des Ergebnisses einer vergaberechtskonformen Wertung der Angebote den Zuschlag nicht auf das Angebot der Bieterin E. GmbH, M., zu erteilen.

2. Es wird festgestellt, dass die Zuziehung eines Rechtsanwalts schon im Verfahren vor der Vergabekammer für die Antragstellerin notwendig war.

3. Die Kosten der Vergabekammer werden der Antragsgegnerin und der Beigeladenen als Gesamtschuldner auferlegt.

4. Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens werden zu 50 % der Antragsgegnerin und zu 50 % der Beigeladenen auferlegt.

5. Die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer und des Beschwerdeverfahrens werden folgendermaßen verteilt: Der Antragsgegnerin und der Beigeladenen fallen jeweils 50 % der Kosten der Antragstellerin zur Last. Im Übrigen tragen die Beteiligten ihre Kosten selbst.

6. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 217.194,85 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragsgegnerin schrieb Bauleistungen für den Um- und Ausbau der BAB A 11, Km 95,377 bis Km 100,916 RF Stettin, einschließlich AS Penkuhn, im offenen Verfahren europaweit aus. An der Ausschreibung beteiligten sich fünf Bieter, darunter die Antragstellerin und die Beigeladene.

Die Bekanntmachung enthält in Abschnitt III.2.1 u.a. die Maßgabe, der Bieter habe einen Auszug aus dem Gewerbezentralregister vorzulegen. Mit Schreiben der Antragsgegnerin vom 18.2.2004 wurde die Antragstellerin zur Abgabe eines Angebotes aufgefordert. Die Aufforderung zur Angebotsabgabe sieht vor, dass der Bieter zum Nachweis seiner Zuverlässigkeit gem. § 8 Nr. 5 Abs. 2 VOB/A einen Auszug aus dem Gewerbezentralregister (§ 150 Gewerbeordnung) vorzulegen habe. Die Bewerbungsbedingungen enthalten in Ziff. A.3.6 hinsichtlich des Einsatzes von Nachunternehmern folgende Vorgabe:

"6. Nachunternehmer: Beabsichtigt der Bieter, Teile der Leistung von Nachunternehmern ausführen zu lassen, muss er in seinem Angebot Art und Umfang der durch Nachunternehmer auszuführenden Leistungen angeben und auf Verlangen die vorgesehenen Nachunternehmer benennen."

Zusammen mit dem Angebot war ein Vordruck "Verzeichnis der Nachunternehmerleistungen" einzureichen. In diesem war anzugeben, welche Teilleistungen durch Nachunternehmer ausgeführt werden sollten. Hierzu sollten in einer Tabelle Ordnungsziffer, eine Beschreibung der Teilleistung und der Name des Nachunternehmers angegeben werden.

Weitere Vorgaben zum Nachunternehmereinsatz enthalten die Ausschreibungsunterlagen nicht.

Die Ausschreibung enthält keine Vorgaben hinsichtlich der Einordnung von Baustellengemeinkosten.

Die Antragstellerin gab innerhalb der Angebotsfrist am 30.3.2004 ein Hauptangebot ab, mit dem sie rechnerisch den ersten Platz in der Bieterreihenfolge einnahm (4.343.897,03 EUR). Das Angebot enthielt das von ihr ausgefüllte Verzeichnis der Nachunternehmerleistungen, in dem die vorgesehenen Nachunternehmer unter Angabe der jeweiligen Leistungsposition namentlich benannt waren. Eignungsnachweise waren für den benannten Nachunternehmer nicht beigefügt. Das Angebot der Beigeladenen lag rechnerisch auf dem 2. Platz (5.057.953,74 EUR). Der Angebotspreis wich von der Kostenschätzung der Antragsgegnerin um 26,1 % nach unten ab. Zum Zweitplatzierten betrug die Differenz 16,4 %. Im Angebot der Antragstellerin waren positionsbezogene Gutschriften, Verkaufserlöse, Mengenrabatte und Materialgutschriften mit einem Gesamtbetrag von 2.337.335,04 EUR berücksichtigt. Baustellengemeinkosten ordnete die Antragstellerin bei den OZ 1.0.3 und 1.0.4 (Wurzelstöcke roden) ein.

Bei der Angebotseröffnung am 30.3.2004 wurde hinsichtlich des Hauptangebotes der Antragstellerin die Feststellung getroffen, dass das Angebot gem. §§ 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b, 21 Nr. 1 Abs. 1 S. 3 VOB/A, 2. Abschnitt, von der Wertung ausgeschlossen werde. Die Preisangaben i.H.v. 0,01 EUR für die Leistungspositionen im Erdbau und der Wasserhaltung seien als unterbliebene Preisangaben anzusehen. Mit Schreiben vom 13.4.2004 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, ihr Angebot werde nach formaler und rechnerischer Prüfung des Angebots sowie Prüfung und Wertung der Qualifikation der Antragstellerin von der Wertung ausgeschlossen.

Ein daraufhin von der Antragstellerin angestrengtes Nachprüfungsverfahren zu dem Az: OLG Rostock 17 Verg 4/04 führte zu einer erneuten Wertung der Angebote. Der Vergabesenat hat insb. festgestellt, da...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge