Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Abänderung eines im Rahmen des Gewaltschutzgesetzes geschlossenen Vergleichs
Leitsatz (amtlich)
Gerichtliche Vergleiche im Rahmen des Gewaltschutzverfahrens unterliegen nicht der Abänderung.
Normenkette
GewSchG § 1; ZPO § 323; BGB §§ 1684, 1696
Verfahrensgang
AG Güstrow (Beschluss vom 18.07.2008; Aktenzeichen 76 F 210/07) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des AG G - FamG - vom 18.7.2008 abgeändert.
Der Antrag auf Abänderung des von den Parteien vor dem AG E am 27.9.2006 abgeschlossenen Vergleichs wird insgesamt zurückgewiesen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben, außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Der Antragsteller begehrt die Abänderung eines am 27.9.2006 vor dem AG E abgeschlossenen Vergleichs. Mit diesem hatte er sich im Rahmen eines Gewaltschutzverfahrens nach § 1 Gewaltschutzgesetz verpflichtet, "... es zu unterlassen, sich gegen den Willen der (damaligen) Antragstellerin (der jetzigen Antragsgegnerin) ihr und den (gemeinsamen) Kindern N, N und M auf eine Entfernung von unter 100 m zu nähern. Ausgenommen hiervon wurden zwischen den Parteien vereinbarte Umgangstermine des Antragsgegners (jetzt Antragsteller) mit den drei Kindern ...". Zudem hatte er sich verpflichtet, "... es zu unterlassen, gegen den Willen der Antragstellerin Kontakt jedweder Art, sei es persönlich oder unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln mit der Antragstellerin und den unter Ziff. 1. genannten Kindern aufzunehmen ...".
Im Rahmen dieses Verfahrens hat der Antragsteller erstinstanzlich begehrt, den Vergleich dahingehend abzuändern, dass die Antragsgegnerin sich verpflichtet, aus diesem keine Rechte mehr herzuleiten.
Zur Begründung hat er ausgeführt, er sei ihr gegenüber nie gewalttätig gewesen. Den Vergleich habe er nur geschlossen, weil er vor dem AG E keine schmutzige Wäsche habe waschen wollen.
Es sei eine Änderung der Verhältnisse eingetreten. Er sei bei Abschluss des Vergleichs davon ausgegangen, die Antragsgegnerin wünsche keinen Kontakt mit ihm. Tatsächlich nehme sie diesen jedoch häufig von sich aus auf.
Zwischenzeitlich sei streitig geworden, bei wem die Kinder leben sollen. Derzeit seien sie bei ihm. Die Antragsgegnerin betreibe ein Verfahren auf Herausgabe. Wegen der Streitigkeiten rufe sie ihn häufig an. Er empfinde es als ungerecht, dass er sie nicht seinerseits anrufen dürfe. Hinsichtlich der Einzelheiten im Übrigen wird auf den Tatbestand des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen.
Mit dem von der Antragsgegnerin angefochtenen Beschluss hat das FamG den Abänderungsantrag mit der Maßgabe zurückgewiesen, der Vergleich der Parteien vom 27.9.2006 werde für die Dauer von 18 Monaten befristet.
Zur Befristung hat das Gericht die Ansicht vertreten, ein lebenslanger Ausschluss einer Kontaktaufnahme verstoße gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Angemessen sei ein Ausschluss für 18 Monaten. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss verwiesen.
Mit ihrer Beschwerde begehrt die Antragsgegnerin die Aufhebung der genannten Befristung. Sie ist der Ansicht, das Gericht sei nicht befugt in die Vertragsfreiheit der Parteien einzugreifen. Diese hätten eine unbefristete Kontaktsperre vereinbart. Sie begehrt die Aufhebung der Befristung.
Der Antragsteller verteidigt den genannten Beschluss. Nach seiner Ansicht ist § 323 ZPO auf den vorliegenden Fall analog anzuwenden. Im Hinblick auf die erstinstanzlich vorgetragenen Veränderungen sowie darauf, dass ein unbegrenztes Kontaktverbot unverhältnismäßig sei, habe das Gericht die Vereinbarung zu Recht auf einen Zeitraum von 18 Monaten befristet.
II. Die gem. §§ 64b Abs. 3, 64 Abs. 3 Satz 1 FGG i.V.m. §§ 621e, 511, 517 ZPO zulässige Beschwerde ist begründet.
Eine Rechtsgrundlage für die Abänderung der am 27.9.2006 vor dem AG E geschlossenen Vereinbarung ist nicht ersichtlich.
§ 620b ZPO findet keine Anwendung. Die Norm betrifft die Änderung von Beschlüssen im einstweiligen Anordnungsverfahren. Das FamG hat keinen Beschluss, sondern einen Vergleich abgeändert. Ausweislich des Protokolls der Sitzung des AG Erfurt vom 27.9.2006 haben die Parteien einen Vergleich im Hauptsacheverfahren geschlossen.
Die §§ 1684, 1696 BGB sind nicht einschlägig. Es wird keine Abänderung einer Umgangs- oder Sorgerechtsregelung begehrt. Inhalt des Begehrens des Antragstellers ist vielmehr, die Antragsgegnerin möge sich verpflichten, keine Rechte aus dem Vergleich herzuleiten.
§ 323 ZPO findet keine Anwendung. Inhalt des Vergleichs ist kein Anspruch auf zukünftig fällig werdende wiederkehrende Leistungen.
§ 323 ZPO ist auch nicht analog anwendbar. Es besteht keine Regelungslücke, die im Wege der Analogie zu schließen ist. Gemäß § 1 Gewaltschutzgesetz ist eine Regelung entweder zu befristen, oder sie ist unbefristet zu treffen.
Die getroffene Regelung verstößt auch nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Der Antragsteller hat diese - nach seinem eigenen Vortrag - willentlich getroffen.
Er wird durch sie...