Verfahrensgang
LG Schwerin (Beschluss vom 24.11.2003; Aktenzeichen 7 O 55/03) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten zu 2) und 3) wird der Kostenfestsetzungsbeschluss der 7. Zivilkammer des LG Schwerin v. 24.11.2003, Az: 7 O 55/03 dahin geändert, dass die von der Klägerin an die Beklagten zu 2) und 3) zu erstattenden Kosten der 1. Instanz auf 3.697,08 Euro (in Worten: Dreitausendsechshundertsiebenundneunzig 08/100) nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.8.2003 festgesetzt werden.
Die Klägerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Beschwerdewert von 2.820,35 Euro zu tragen.
Gründe
I. Die Klägerin hat behauptet, ihr Opel Omega habe im Rahmen einer Probefahrt am 22.2.2002 einen Totalschaden erlitten. Der Fahrer habe verkehrsbedingt vor einer roten Ampel gehalten und der Beklagten zu 1) sei anschließend aus Unachtsamkeit mit dem bei der Beklagten zu 3) versicherten und bei der Beklagten zu 2) angemieteten VW Transporter hinten aufgefahren. Den Gesamtschaden hat die Klägerin mit 13.010,17 Euro beziffert. Die Beklagte zu 3) holte ihrerseits unter dem 15.7.2002 ein Sachverständigengutachten ein, das zu dem Ergebnis kommt, dass zwar von einer Kollision der Fahrzeuge ausgegangen werden könne, aber nicht sämtliche Frontschäden am Opel Omega kompatibel seien, Vorschädigungen des Opel Omega außerhalb der dokumentierten Kollisionsstelle zu unterstellen seien und Parallelen zu anderen regulierten Schadensfällen bestünden. Nach der Übersendung der Klageerwiderung nebst Gutachten hat die Klägerin ihre Klage zurückgenommen. Ihr sind die Kosten gem. § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO auferlegt worden.
Der Rechtspfleger hat die Kosten des vorprozessual eingeholten Sachverständigengutachtens gegen die Klägerin nicht festgesetzt. Mit ihrer sofortigen Beschwerde haben die Beklagten zu 2) und 3) vorgetragen, bei den Kosten des Gutachtens handele es sich um Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung. Das LG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und diese dem OLG Rostock zur Entscheidung vorgelegt.
II. Die gem. § 11 Abs. 1 RpflG i.V.m. §§ 104 Abs. 3, 567 Abs. 1 Nr. 1, 568, 569, 571 S. 1 ZPO zulässige sofortige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Zu Unrecht hat das LG die Kosten des vorgerichtlich tätig gewesenen Sachverständigen D. nicht als erstattungsfähige Prozesskosten behandelt.
Grundsätzlich sind Gutachten, die nach einer Schadensmeldung von einer Versicherung eingeholt werden, nicht erstattungsfähig, da diese in der Regel nur zur Beurteilung der eigenen Einstandspflicht dienen, welche die Versicherung jedoch in eigener Verantwortung zu prüfen hat. Derartige Kosten sind daher im Allgemeinen nicht als notwendig i.S.v. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO anzusehen. Vielmehr obliegt es im Zivilprozess nicht den Parteien, Beweis zu erheben und insb. Gutachten einzuholen, sondern ihre Aufgabe erschöpft sich darin, entsprechende Tatsachen im Prozess vorzutragen.
Die Kosten eines vor dem Rechtsstreit eingeholten Privatgutachtens sind lediglich dann ausnahmsweise erstattungsfähig, wenn eine ausreichende Klagegrundlage bzw. sachgerechte Verteidigung nur durch einen Sachverständigen geschaffen werden kann. Das Gutachten ist in diesem Fall zur Rechtsverfolgung bzw. Rechtsverteidigung erforderlich, da die Sachkunde der Partei selbst nicht ausreicht (Zöller/Herget, ZPO, 23. Aufl., § 91 Rz. 21 Stichwort Privatgutachen, m.w.N.). Es handelt sich in diesem Fall um notwendige Kosten i.S.d. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO, da eine verständige und wirtschaftlich vernünftige Partei die kostenauslösende Maßnahme aus ex-ante-Sicht als sachdienlich ansehen durfte.
Letzteres ist hier zu bejahen. Die Versicherung hatte vorliegend den naheliegenden Verdacht eines unlauteren Zusammenwirkens zwischen dem Fahrer des klägerischen Fahrzeugs und den anderen Unfallbeteiligten. In derartigen Fällen muss der Versicherer, der eine Regulierung ablehnt, in aller Regel mit einer Klage rechnen, da die Gegenseite die möglich Beweisnot der Versicherung ausnutzen möchte. Dies gilt umso mehr, wenn der geschilderte Unfallhergang scheinbar ganz eindeutig für ein Alleinverschulden des Versicherungsnehmers bzw. Mitversicherten spricht. Folglich musste die Beklagte zu 3) - wie auch später tatsächlich geschehen - mit einer Klage rechnen. Sie war daher gehalten, ihren Manipulationsverdacht durch Einholung eines Privatgutachtens zu erhärten und damit zugleich die noch vorhandenen Beweise zu sichern. In einem derartigen Ausnahmefall, insb. wenn durch ein solches Gutachten prozessentscheidene Ergebnisse zugunsten des Versicherers zu Tage gefördert worden sind, ist die Prozessbezogenheit der für das Gutachten verauslagten Kosten zu bejahen. Im hiesigen Fall kam der Gutachter zu dem den Manipulationsverdacht bestätigenden Ergebnis, dass zwar von einer Kollision der Fahrzeuge ausgegangen werden konnte, aber nicht sämtliche Frontschäden am Opel Omega kompatibel sind, Vorschädigungen des Opel Omega außerhalb der dokumentierten Kollisionsstelle zu unterstellen sind u...