Verfahrensgang
LG Rostock (Entscheidung vom 25.07.2013; Aktenzeichen 18 StVK 651/13 (StVollzG)) |
Tenor
1. Dem Antragsteller wird Prozesskostenhilfe bewilligt; ihm wird Rechtsanwalt Dr. F. in Rostock beigeordnet.
2. Der Beschluss der 8. Kleinen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Rostock vom 25. Juli 2013 - 18 StVK 651/13 (StVollzG) - wird aufgehoben.
3. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 30.05.2013 wird verworfen.
4. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Beteiligten beider Rechtszüge zu tragen.
5. Der Gegenstandswert wird auch für das Rechtsbeschwerdeverfahren auf 1.500,00 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
1.
a.) Der Strafgefangene wurde am 19.12.2008 in Rostock festgenommen und am 20.12.2008 zunächst der JVA Waldeck zugeführt. Am 06.01.2009 erfolgte die Verlegung in die damals nach dem Vollstreckungsplan zuständige JVA Bützow; zu diesem Zeitpunkt waren zwei Gesamtfreiheitsstrafen von insgesamt drei Jahren und 10 Monaten notiert. Das Strafende war auf den 10.10.2012 bestimmt.
Mit Urteil vom 28.09.2010 und aufgrund eines Strafbefehls vom 12.09.2007 wurden insgesamt nochmals sechs Monate und 80 Tage Ersatzfreiheitsstrafe anschlussnotiert. Das neue Strafende lag nunmehr auf dem 04.07.2013.
Ab 01.09.2011 wurde der Gefangene im Rahmen der Berufsorientierung zur Arbeit eingesetzt. Am 01.12.2011 begann er eine Umschulungsmaßnahme zum Trockenbauer. Diese war bis zum Ablauf des Juli 2013 angesetzt und dauerte bis zum 31.07.2013 an.
b.) Mit Urteil vom 06.03.2012 wurde gegen den Gefangenen eine weitere Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten festgesetzt. Das gemeinsame Strafende war nunmehr - unter Berücksichtigung von verbüßter Untersuchungshaft und einer Strafeinbeziehung - auf den 15.08.2018 zu notieren.
Die JVA Bützow teilte dem Antragsteller dementsprechend ab Oktober 2012 bis zum Mai 2013 mehrfach mündlich mit, dass er nach Bestehen seiner Abschlussprüfung zeitnah (mithin Anfang August 2013) in die nach Vollstreckungsplan für ihn (jetzt) zuständige JVA Waldeck verlegt werden solle. In der Vollzugsplanfortschreibung vom 19.07.2013 wurde auch schriftlich festgehalten, dass der Antragsteller nach Abschluss der Ausbildung zuständigkeitshalber in die JVA Waldeck verschubt werden solle.
2.
Mit seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 30.05.2013 greift der Antragsteller die Verlegungsentscheidung an. Er vertritt die Auffassung, dass entsprechend der Vorschriften der §§ 43 Abs. 6 i. V. m. 23 Abs. 1 S. 2 2. Hs StVollstrO für die Zuständigkeitsbestimmung alleine der Strafrest zum Zeitpunkt der Beendigung seiner Berufsausbildung zum Trockenbauer maßgebend sei. Danach habe er ohnehin in der JVA Bützow zu verbleiben. Es sei auch außer der (angeblichen) Zuständigkeit der JVA Waldeck kein Grund für die Verlegung genannt worden. Eine Zustimmung zur Verlegung in die sozialtherapeutische Abteilung der JVA Waldeck habe er weder erteilt noch werde er sie erteilen. Zudem habe er die Absicht, sich "im Bereich Bau" in der JVA Bützow "noch weiterzubilden".
Die JVA Bützow ist dem Antrag entgegengetreten. Gem. Vollstreckungsplan des Landes Mecklenburg-Vorpommern seien Gefangene mit einer Freiheitsstrafe ab fünf Jahren in der JVA Waldeck unterzubringen. Die Zuständigkeit der JVA Bützow sei deshalb nach den Neuverurteilungen des Verurteilten im Verlaufe des Strafvollzugs nicht mehr gegeben.
3.
Die 8. Kleine Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Rostock hat mit Beschluss vom 25.07.2013 die Entscheidung(en) der Antragsgegnerin, den Antragsteller nach Abschluss der Berufsausbildung in die JVA Waldeck zurückzuverlegen, aufgehoben und die Antragsgegnerin, soweit sie beabsichtige, erneut eine solche Entscheidung zu treffen, verpflichtet, die Rechtsauffassung des Gerichts zu berücksichtigen.
Das Landgericht vertritt die Auffassung, die Antragsgegnerin habe bei der Verlegungsentscheidung ein nach § 16 Abs. 1 StrVollzG MV eröffnetes Ermessen nicht bzw. fehlerhaft ausgeübt, indem sie davon ausgegangen sei, dass nach Beendigung der Ausbildungsmaßnahme eine Verlegung in die nach Vollstreckungsplan zuständige JVA Waldeck quasi automatisch zu erfolgen habe, soweit nicht Gründe für die Verlegung in die JVA Bützow vorliegen würden.
Die Verlegung eines Strafgefangenen in eine andere Justizvollzugsanstalt greife nach der Rechtsprechung des BVerfG (Beschluss vom 26.08.2008 - 2 BvR 679/07 -, juris) aber, wenn sie ohne seinen Willen erfolge, in das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG ein und könne für ihn mit schwerwiegenden Beeinträchtigungen verbunden sein. Die Verlegungsgründe seien im Strafvollzugsgesetz abschließend geregelt.
Vorliegend sei die Verlegung nach § 16 Abs. 1 StVollzG MV zu beurteilen. Angesichts des Gewichts der durch eine Verlegung betroffenen grundrechtlichen Belange des Strafgefangenen könne der Umstand, dass der Grund für die Verlegung in eine eigentlich unzuständige Justizvollzugsanstalt entfalle, allein nicht ohne Weiteres als ein "wichtiger Grund" i. S. d. § 16 Abs. 1 StrVollzG...