Entscheidungsstichwort (Thema)
Zum Rechtsschutzinteresse für die Erhebung einer Vollstreckungsabwehrklage
Leitsatz (amtlich)
Das Rechtsschutzinteresse für eine Vollstreckungsabwehrklage fehlt, wenn der Gläubiger den Gerichtsvollzieher in einem gerichtlichen Protokoll anweist, die vollstreckbare Ausfertigung des Titels an den Schuldner herauszugeben und erklärt, dass eine Zwangsvollstreckung daraus nicht beabsichtigt sei.
Verfahrensgang
LG Rostock (Urteil vom 11.10.2006; Aktenzeichen 10 O 142/06) |
Tenor
Der Kläger hat die Kosten der Berufung gegen das Teilurteil des LG Rostock vom 11.10.2006 zu tragen.
Gegenstandswert der Berufung: bis 30.000 EUR.
Gründe
I. Die Beklagten betrieben die Zwangsvollstreckung gegen den Kläger aus einer notariellen Urkunde vom 8.2.2006, wonach der Kläger sich bei Unterwerfung der sofortigen Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen zur Zahlung von 25.600 EUR verpflichtete. In der mündlichen Verhandlung vor dem LG am 2.8.2006 erklärte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten zu Protokoll, dass eine Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde nicht beabsichtigt sei und wies die Gerichtsvollzieherin, der der Titel zum Zwecke der Vollstreckung übergeben worden war, an, ihn an den Kläger herauszugeben. Der Kläger beantragte, die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde für unzulässig zu erklären und die Beklagten zur Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung zu verurteilen. Das LG wies die Klage insoweit durch Teilurteil ab und führte zur Begründung aus, hinsichtlich des ersten Antrages fehle es an einem Rechtsschutzbedürfnis. Dieses entfalle, wenn der Gläubiger den Titel zwar nicht mehr in den Händen halte, ihn aber auch nicht dem Schuldner aushändige, sondern dem Gerichtsvollzieher mit der Weisung ausgehändigt habe, ihn dem Schuldner herauszugeben. Der Herausgabeantrag sei nicht begründet, da den Beklagten die Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung unmöglich geworden sei, denn der Gerichtsvollzieher habe die Urkunde im Besitz. Aufgrund der Anweisung an den Gerichtsvollzieher, den Titel an den Kläger herauszugeben, könnten sie auch nicht mehr in den Besitz desselben gelangen.
Gegen diese Entscheidung legte der Kläger Berufung ein. Mit der Berufungsbegründung erklärte er sodann die Erledigung der Hauptsache, soweit er mit der Klageschrift die Feststellung der Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung und die Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung begehrte. Zur Begründung trägt der Kläger vor, er habe Veranlassung gehabt, auf einer antragsgemäßen Verurteilung der Beklagten zu beharren, da die Beklagten den Vollstreckungstitel am 2.8.2006 noch nicht an ihn herausgegeben hätten. Erst acht Wochen nach dem Verhandlungstermin habe die Gerichtsvollzieherin dem Prozessbevollmächtigten des Klägers die vollstreckbaren Ausfertigungen der notariellen Urkunde ausgehändigt. Es sei keineswegs sicher gewesen, dass sich die beiden vollstreckbaren Ausfertigungen der Notarurkunde vom 8.2.2006 im Besitz der Gerichtsvollzieherin S. K. befunden hätten. Eine Zustellung des Terminsprotokolls vom 2.8.2006 an die Gerichtsvollzieherin sei nicht vorgesehen gewesen und auch nicht erfolgt. Der Kläger sei nicht umhin gekommen, das landgerichtliche Urteil zunächst mit der Berufung anzufechten, um dann eine einseitige Erledigungserklärung abzugeben.
Die Beklagten haben sich der Erledigungserklärung angeschlossen und sich lediglich gegen die Kostenlast verwahrt. Sie tragen vor, auf den Termin zur mündlichen Verhandlung am 2.8.2006 habe der Beklagtenvertreter die Gerichtsvollzieherin mit Schreiben vom 4.8.2006 informiert.
II. Auf die übereinstimmende Erledigungserklärung der Parteien musste der Senat gem. § 91a ZPO über die Kosten entscheiden. Dies führte zur Auferlegung der Kosten auf den Kläger, da dies unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes billigem Ermessen entspricht.
1. Ob ein Rechtsmittel für erledigt erklärt werden kann, ist in Literatur und Rechtsprechung umstritten (zustimmend Zöller/Vollkommer, ZPO, 26. Aufl., § 91a Rz. 19; a.A. Stein/Jonas/Bork, ZPO, 21. Aufl., § 91a Rz. 52 und 53). In der Rechtsprechung der OLG wird die Möglichkeit der Erledigungserklärung weitgehend befürwortet (OLG Frankfurt v. 26.7.1988 - 1 WF 77/88, NJW-RR 1989, 63; OLG Hamm v. 12.2.1987 - 1 UF 502/86, FamRZ 1987, 1056; KG v. 19.2.1982 - 17 UF4672/81, FamRZ 1982, 950; OLG Rostock v. 29.5.2006 - 7 W 97/05, OLGReport Rostock 2006, 967; a.A. OLG Karlsruhe v. 16.8.1990 - 16 UF 180/89, FamRZ 1991, 464). Der BGH ist in einer älteren Entscheidung (GRUR 1959, 102) ohne Weiteres von der Zulässigkeit einer auf das Rechtsmittel beschränkten übereinstimmenden Erledigungserklärung ausgegangen. In einer weiteren Entscheidung hat der BGH es für statthaft erachtet, eine Berufung einseitig für erledigt zu erklären, wenn für eine solche Erledigungserklärung ein Bedürfnis besteht, weil nur auf diese Weise eine angemessene Kostenentscheidung möglich ist (BGH v. 12.5.1998 - XI ZR 219/97, MDR 1998, 1114 = NJW 1998, 2453)...