Verfahrensgang
AG Ludwigslust (Beschluss vom 30.03.2016; Aktenzeichen 18 F 218/14) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin und Beschwerdeführerin wird der Beschluss des AG Ludwigslust - Familiengericht - vom 30.03.2016 aufgehoben.
II. Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben; eine Erstattung außergerichtlicher Auslagen findet nicht statt.
III.1. Der Antragsgegnerin und Beschwerdeführerin wird Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren ohne Ratenzahlung unter Beiordnung von Rechtsanwalt F.J.-K. in S. bewilligt.
2. Dem Antragteller und Beschwerdegegner wird Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren ohne Ratenzahlung unter Beiordnung von Rechtsanwalt H. in S. bewilligt.
IV. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu 1.500,00 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Gegenstand des Verfahrens ist eine Entziehung des Aufenthaltsbestimmungsrechts durch einstweilige Anordnung zur Ermöglichung einer Begutachtung des Kindes gegen den Willen der sorgeberechtigten Mutter.
Aus einer nichtehelichen Beziehung der beteiligten Kindeseltern zwischen 2005 und 2007 ist das am.. 2006 geborene Kind hervorgegangen, das in der Obhut der Antragsgegnerin lebt. Die Kindeseltern führen vor diesem Hintergrund seit Jahren zum Teil umfangreiche gerichtliche Umgangsverfahren, die bis zu einer Verhängung von Ordnungsmitteln gegen die Antragsgegnerin einschließlich von Ordnungshaft sowie der Anordnung einer Umgangspflegschaft zur Durchsetzung einer vollstreckbaren Umgangsvereinbarung aus dem Jahr 2010 führten.
Vorliegend erstrebte nun der Antragsteller die gemeinsame elterliche Sorge für das Kind, hilfsweise für den Fall, dass deren Ausübung zusammen mit der Antragsgegnerin nicht in Betracht komme, die Entziehung von Teilbereichen der elterlichen Sorge ihr gegenüber und deren Übertragung auf das Jugendamt als Amtspfleger. Nachdem das Kind in seiner persönlichen Anhörung am 24.06.2015 mögliche Kontakte mit dem Antragsteller ablehnte und in einem Erörterungstermin vom 29.09.2015 angedachte Treffen nicht zustandekamen, beschloss das AG am 04.11.2015 die Einholung eines familienpsychologischen Gutachtens; dieses sollte neben der Frage, ob die Einrichtung einer gemeinsamen elterlichen Sorge dem Kindeswohl widerspreche, wegen einer verfestigten Ablehnung des Antragstellers durch das Kind auch zum Gegenstand haben, ob bei letzterem insbesondere wegen der Umgangsverweigerung eine Therapiebedürftigkeit bestehe. Die Antragsgegnerin teilte der beauftragten Sachverständigen mit, dass sie an der Begutachtung nicht mitwirken werde.
Das AG hat daraufhin nach Durchführung einer erneuten mündlichen Verhandlung am 30.03.2016 - versehen mit einer entsprechenden Rechtsbehelfsbelehrung - im Wege der einstweiligen Anordnung beschlossen, der Antragsgegnerin das Aufenthaltsbestimmungsrecht zu entziehen und das Jugendamt zum Pfleger zu bestellen. Das AG hat dazu unter anderem ausgeführt, die Begutachtung sei angesichts der Ablehnung von Umgängen mit dem Antragsteller durch das Kind notwendig, weil festgestellt werden solle, ob es dem Kindeswohl entspreche, dass der Umgang durchgesetzt wird, aber auch, ob bei dem Kind mittlerweile derart pathologische Zustände einer Ablehnungshaltung gegenüber dem Antragsteller vorlägen, dass ein Verbleib bei der Antragsgegnerin dem Kindeswohl nicht mehr zuträglich sei. Um eine verlässliche Grundlage für eine Entscheidung über das Umgangsrecht und die elterliche Sorge zu schaffen, sei eine Begutachtung des Kindes dringend erforderlich.
Gegen diesen Beschluss wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer Beschwerde. Sie ist der Auffassung, das AG habe verkannt, dass Verfahrensgegenstand nicht das Umgangsrecht, sondern die Einrichtung einer gemeinsamen elterlichen Sorge sei; zum Umgangsrecht liege im Übrigen ein aktuelles Gutachten vom 21.10.2013 zu dem Aktenzeichen 18 F 313/13 des AG Parchim vor. In jedem Falle hätte ihr das Aufenthaltsbestimmungsrecht nicht unbeschränkt, sondern nur im Hinblick auf die Gewährleistung der Begutachtung entzogen werden dürfen, und es hätte einer zeitnahen nochmaligen Kindesanhörung vor dem Erlass des angegriffenen Beschlusses bedurft. Davon abgesehen könne die Mitwirkung eines Elternteils an einer Begutachtung nicht erzwungen werden bzw. das Kind sei vorrangig in Anwesenheit und unter Mitwirkung eines Sachverständigen durch das Gericht anzuhören. Die Antragsgegnerin beantragt, den Beschluss vom 30.03.2016 aufzuheben.
Der Antragsteller enthält sich ausdrücklich eines Antrages und einer Beurteilung des gerichtlichen Vorgehens in erster Instanz.
II. Die zulässige Beschwerde ist begründet.
1. Zum einen fehlt es an dem für den Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 49 Abs. 1 FamFG notwendigen Bestehen eines dringenden Bedürfnisses für ein sofortiges Tätigwerden.
a. Klarstellend ist vorauzuschicken, dass der angefochtene Beschluss - gegebenenfalls abweichend von seiner Formulierung und sonstigen Gestaltung - nicht als bloße Zwischenentscheidung zu dem ursprünglichen Sorgerechtsv...