Verfahrensgang
LG Schwerin (Aktenzeichen 1 O 381/19) |
Tenor
I. Nach erneuter vorläufiger Einschätzung der Sach- und Rechtslage unter Berücksichtigung der Stellungnahme des Klägers auf den Beschluss vom 08.09.2021 wird nunmehr der Beklagten unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten anheimgestellt, ihre Berufung zurückzunehmen.
II. Sollten die Beklagte der Abgabe der vorgeschlagenen Prozesserklärung nicht näher treten können, wird zur Vermeidung eines ansonsten erforderlichen Termins zur mündlichen Verhandlung vorsorglich eine Zustimmung zu einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren anheimgestellt. Die Parteien werden für diesen Fall gebeten, binnen der hier gesetzten Frist mitzuteilen, ob sie
a) auf die Einreichung weitere Schriftsätze nach Anordnung des schriftlichen Verfahrens sowie
b) auf die gesonderte Mitteilung des Verkündungstermins
verzichten.
III. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.
Gründe
I. Die zulässige Berufung der Beklagten erscheint zumindest im rechnerischen Ergebnis (doch) unbegründet.
1. Der Kläger hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Rückerstattung geleisteter Versicherungsbeiträge in Höhe von 11.739,14 EUR gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. BGB (Leistungskondiktion).
a. Anders als in dem eingangs genannten Beschluss angenommen lässt sich die Verwirkung eines dort nach seinen tatbestandlichen Voraussetzungen grundsätzlich bejahten Widerspruchsrechtes des Klägers (auch) nicht darauf stützen, dass der Vertrag ATS-059-392 nach einer Kündigung der Beklagten wegen Beitragsrückständen auf Bitten des Klägers wieder in Kraft gesetzt worden ist bzw. er im Falle der Verträge AKB-008-304 und AKB-008-849 zur Abwendung einer solchen Kündigung auf qualifizierte Mahnungen der Beklagten rückständige Prämien rechtzeitig nachgezahlt hat.
aa. Unerheblich erscheinen zwar die Verweise des Klägers darauf, wie die Versicherungen ihm gegenüber im Hinblick auf die Auswirkungen von Beitragsrückständen beworben worden sind. Von ihm selbst nicht bestrittene und selbst zu vertretende Zahlungsverzögerungen sind als solche zu vereinbarenden Beitragsfreistellungen und -pausen eben nicht gleichzustellen, und die Inaussichtstellung des Anfalles "überschauberer Mahnkosten" musste nicht darauf schließen lassen, dass die Beklagte von weitergehenden Rechten aufgrund eines Verzuges des Klägers keinen Gebrauch machen würde.
bb. Ebenso wenig muss es ausschlaggebend sein, ob oder welche Gedanken sich die Mitarbeiter der Beklagten über die Motivation des Klägers zu einer Wiederaufnahme von Zahlungen nach dem Ausspruch qualifizierter Mahnungen gemacht haben, und dass die ihm gegenüber erfolgten Verbraucherinformationen gegebenenfalls in Einzelpunkten unvollständig waren. Maßgeblich für eine Einordnung des späteren Widerspruches als gegen die Grundsätze von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB verstoßendes Verhalten kann vielmehr allein ein - auch erst später relevant werdender - Eindruck sein, den Vertrag fortsetzen zu wollen (vgl. BGH, Urteil vom 11.11.2015, Az.: IV ZR 117/15, - zitiert nach juris -, Rn. 19 a. E.). Das Vorliegen einer "umfassenden" Verbraucherinformation (vgl. so wörtlich BGH, a.a.O., Rn. 17) kann weiterhin auch in einer solchen gesehen werden, die trotz möglicher Lücken im Detail wie hier einen insgesamt nicht unerheblichen Umfang derart hat, dass der Versicherungsnehmer kein Bedürfnis zu ergänzenden Nachfragen erkennen lässt; in diesem Sinne ist es zu verstehen, wenn es nach Ziffer I 1 c cc (3) a. E. der Gründe des Beschlusses vom 08.09.2021 - dort Seite 4 - nicht darauf ankomme, ob die Verbraucherinformationen der Beklagten unzureichende Erläuterungen über die den Versicherungen zugrundeliegenden Fonds und die Art der darin enthaltenen Vermögenswerte, das Vorhandensein einer Sicherungseinrichtung oder die Gesamtbeitragssumme enthielten. Schließlich erscheint es für die Beurteilung des (objektiven) Verhaltens des Klägers bzw. des von ihm erweckten Eindrucks von sekundärer Bedeutung, ob die ihm gegenüber ausgesprochenen oder zumindest in Aussicht gestellten Kündigungen wirksam waren oder nicht. Unabhängig davon dürften die qualifizierten Mahnungen die Formanforderungen des § 39 Abs. 1 Satz 1 VVG a. F. erfüllt haben; eine nach dem Wortlaut dieser Vorschrift zu bestimmende "Zahlungsfrist" ergibt sich wohl auch aus der zeitlich bestimmten Abforderung einer zu erteilenden Einzugsermächtigung, ohne dass auf die Alternativen von Überweisung oder Auftrag hinzuweisen wäre. Ein im Falle des "Neuabschlusses" eines gekündigten Versicherungsvertrages durch die Vereinbarung seiner Fortsetzung in Betracht kommendes auf ihn bezogenes Widerspruchsrecht unterfiele im Übrigen ebenfalls der Verwirkung (vgl. auch BGH, a.a.O., in welcher Entscheidung eine dahingehende Überlegung schon keinerlei Erwähnung findet).
cc. Allerdings bedarf die Annahme einer Verwirkung im Sinne eines treuwidrigen Verhaltens durch die Ausübung des Widerspruchsrechtes einer subjektiven Komponente auf Seiten de...