Leitsatz (amtlich)
Wird die Messung des Stromverbrauchs durch vorsätzliche Manipulation des Stromkunden am Messgerät vereitelt, ist das Stromunternehmen berechtigt, den Verbrauch unter Berücksichtigung der tatsächlichen Verhältnisse gem. § 21 Abs. 1 AVBEltV zu ermitteln. Eine zeitliche Beschränkung der Nachberechnung, wie sie in § 21 Abs. 2 AVBEltV vorgesehen ist, findet in diesem Fall nicht statt. Für die Behauptung eines geringeren (als des ermittelten) Stromverbrauchs ist grundsätzlich der Stromkunde darlegungs- und beweisbelastet.
Neben dem Nachzahlungsanspruch kommt grundsätzlich zusätzlich für das Stromunternehmen der Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe (§ 23 Abs. 1 Satz 2 AVBEltV) in Betracht. § 340 Abs. 1 BGB findet keine Anwendung. Mit der Regelung der Vertragsstrafe soll der Kunde zu vertragsgerechtem Verhalten angehalten werden. Deshalb ist es gerechtfertigt, wenn der Kunde das Doppelte des bei vertragsgerechtem Verhalten anfallenden Betrages entrichten muss. Das Versorgungsunternehmen kann deshalb nach § 341 Abs. 1 BGB die verwirkte Vertragsstrafe neben der Erfüllung der vertraglichen Zahlungspflichten verlangen.
Verfahrensgang
LG Stralsund (Urteil vom 04.10.2007; Aktenzeichen 6 O 157/06) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 4.10.2007 verkündete Urteil des LG Stralsund (Az.: 6 O 157/06) wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Der Prozesskostenhilfeantrag der Beklagten vom 10.1.2008 wird zurückgewiesen. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Streitwert der Berufung: 46.052,63 EUR.
Gründe
1. Die Berufung war gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Sie hat keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
Zu den fehlenden Erfolgsaussichten des Rechtsmittels hat der Senat gem. § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO mit Verfügung vom 24.10.2008 die nachstehenden Hinweise erteilt:
"Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf einer Rechtsverletzung beruht oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Da beides nicht ersichtlich ist, wird das Urteil voraussichtlich den Berufungsangriffen standhalten.
Der Senat folgt den zutreffenden und überwiegend überzeugenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird.
2. Die Berufung rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Hierzu im Einzelnen:
a) Das erstinstanzliche Urteil weist weder bei der Anwendung des materiellen Rechts noch im Rahmen der Tatsachenfeststellung Fehler auf. Zu Recht ist die Beklagte zur Erstattung der durch die Klägerin geschätzten Stromkosten (aa) als auch zur Zahlung einer Vertragsstrafe (bb) verurteilt worden.
aa) Die Beklagte ist aus dem zwischen den Parteien bestehenden Stromliefervertrag - es handelt sich um einen Kaufvertrag in Form eines Sukzessivlieferungsvertrages - gem. § 433 Abs. 2 BGB verpflichtet, den aktuellen Preis für den abgenommenen Strom an die Klägerin zu entrichten.
aaa) Da die Beklagte unstreitig die Messung des Stromverbrauchs durch vorsätzliche Manipulation am Messgerät vereitelt hat, ist die Klägerin berechtigt, den Verbrauch unter Berücksichtigung der tatsächlichen Verhältnisse gem. § 21 Abs. 1 AVBEltV zu ermitteln. Die durch die Klägerin vorgenommene Nachberechnung, die sich an den am 26.1.2006 in der Wohnung der Beklagten vorgefundenen "Verbrauchern" orientiert, ist der Höhe nach nicht zu beanstanden. Auf die zutreffenden Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung wird Bezug genommen.
Auch der durch die Klägerin für die Nachberechnung gewählte Zeitraum ist nachvollziehbar und am Rückgang des durch die Klägerin gemessenen Stromverbrauchs orientiert. Eine zeitliche Beschränkung der Nachberechnung, wie sie in § 21 Abs. 2 AVBEltV vorgesehen ist, findet im Falle vorsätzlicher Manipulation der Strommessung keine Anwendung (OLG Düsseldorf, NJW-RR 1998, 490). Die Klägerin hat für den Beginn der Nachberechnung den 1.11.1998 gewählt, da ab diesem Zeitpunkt der gemessene Stromverbrauch ggü. dem Vorjahresverbrauch erheblich gesunken ist. So wurde im Zeitraum vom 1.11.1998 bis zum 15.10.1999 für die Beklagte lediglich ein Verbrauch von 144 kWh gemessen, während diese noch im Vorjahr an 310 Tagen bereits 1.435 kWh verbraucht hatte. Die Behauptung der Beklagten - die Manipulation habe erst 2004 stattgefunden - ist demgegenüber weder hinreichend substantiiert noch unter Beweis gestellt und wird mit der Berufung im Übrigen auch nicht weiter verfolgt.
bbb) Ebenfalls nicht mit Erfolg einwenden kann die Beklagte, dass bei der Schätzung der Stromabnahme die Tagesdirektheizung vom 1.11.1998 bis Dezember 2004 wegen Nichtbenutzung nicht hätte berücksichtigt werfen dürfen. Da die Tagesdirektheizung schon vor dem 1.11.1998 die Stromkosten der Beklagten wesentlich bestimmt hat und darüber hinaus auch bei der Kontrolle durch die Klägerin am 26.1.2006 in Betrieb war, durfte die Klägerin davon ausgehen, dass diese auch in der Zwischenzeit genutzt worden ist...