Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe: Mutwilligkeit des Vergleichsabschlusses
Leitsatz (amtlich)
Der Abschluss eines Vergleichs über nicht im Verbund anhängige Scheidungsfolgen ist nicht mutwillig i.S.v. § 114 ZPO.
Normenkette
ZPO § 114; RVG § 48 Abs. 3
Verfahrensgang
AG Wolgast (Beschluss vom 20.12.2005; Aktenzeichen 2 F 162/04) |
Tenor
Auf die sofortigen Beschwerden der Antragstellerin vom 23.12.2005 und des Antragsgegners vom 21.12.2005 wird der Beschluss des AG Wolgast - FamG - vom 20.12.2005 - 2 F 162/04, geändert.
Die der Antragstellerin mit Beschluss des AG vom 9.11.2004 und dem Antragsgegner mit Beschluss des AG vom 12.4.2005 bewilligte Prozesskostenhilfe für den ersten Rechtszug wird auf den Abschluss eines Scheidungsfolgenvergleichs zur Regelung des Kindesunterhalts, des nachehelichen Unterhalts, der Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung und der Ansprüche aus dem ehelichen Güterrecht erstreckt.
Gründe
Die gem. § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO statthaften sofortigen Beschwerde der Parteien, denen das FamG nicht abgeholfen hat, sind zulässig und begründet.
Entgegen der Ansicht des FamG ist der Abschluss eines Scheidungsfolgenvergleichs über Folgesachen, die die Parteien bisher im Scheidungsverbund nicht anhängig gemacht haben, nicht mutwillig i.S.d. § 114 ZPO. Denn eine Partei, die nicht arm i.S.d. § 114 ZPO ist und für die Kosten selbst aufzukommen hätte, würde nicht anders vorgehen. Es liegt im wohlverstandenen Interesse der Ehegatten, sich über die Scheidungsfolgen zu einigen und erforderlichenfalls einen Vollstreckungstitel zu schaffen. Gemäß § 630 Abs. 3 ZPO soll das Gericht einem Antrag auf einverständliche Ehescheidung (§ 1566 Abs. 1 BGB) erst dann stattgeben, wenn die Ehegatten den Kindesunterhalt, den nachehelichen Unterhalt und die Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung und am Hausrat vollstreckbar geregelt haben. Auch dies spricht dafür, dass das Vorgehen der Parteien hier nicht mutwillig ist.
Dies gilt auch für die beabsichtigte Regelung der Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft am Hausgrundstück der Parteien, welches als Ehewohnung diente. Nach dem vorgelegten Vergleichsentwurf beabsichtigen die Parteien Kindes- und nachehelichen Unterhalt im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung des Miteigentums und der sich ggf. ergebenden Ausgleichsansprüche zu regeln. Insofern ist die gesamte Regelung als die Regelung von Ansprüchen aus dem ehelichen Güterrecht anzusehen (BGH v. 24.9.1980 - IVb ZR 501/80, MDR 1981, 127 = FamRZ 1980, 1106).
Schließlich ist den Parteien darin zuzustimmen, dass gem. § 48 Abs. 3 RVG die Beiordnung ihrer Verfahrensbevollmächtigten im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe durch das FamG sich bereits auf den Abschluss des beabsichtigten Scheidungsfolgenvergleichs erstreckt.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 127 Abs. 4 ZPO).
Fundstellen