Leitsatz (amtlich)
Ist im Falle einer Stufenklage gemäß § 44 GKG regelmäßig der Leistungsantrag als der höchste der verbundenen Ansprüche wertbestimmend und zwar in dem Umfang, den er zu diesem Zeitpunkt tatsächlich oder jedenfalls nach der Vorstellung des Klägers bei objektiver Betrachtungsweise hat, spricht - zumal mangels anderweitiger Anhaltspunkte für eine Schätzung - nichts dagegen, im Ansatz an den von dem Kläger in Bezug genommenen Durchschnittswert in vergleichbaren Verfahren erzielter Rückzahlungen im Streit um Tariferhöhungen privater Krankenversicherer anzuknüpfen.
Ein Abschlag von den angegebenen Durchschnittswerten um 20 % wegen der darin enthaltenen herauszugebende Nutzungen, die im Hinblick auf den Gebührenstreitwert als bloße Nebenforderungen den Streitwert nicht erhöhen, erscheint angemessen.
Normenkette
GKG § 43 Abs. 1, §§ 44, 48 Abs. 1 S. 3; ZPO § 3
Verfahrensgang
LG Neubrandenburg (Beschluss vom 25.01.2023; Aktenzeichen 3 O 478/21) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde der Klägervertreter wird der Streitwertbeschluss des Landgerichts Neubrandenburg vom 25.01.2023 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Streitwert wird auf bis zu 10.000,00 EUR festgesetzt.
II. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
III. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.
Gründe
I. Die von den Prozessbevollmächtigten des Klägers gemäß § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG aus eigenem Recht erhobene Beschwerde ist zulässig und überwiegend begründet.
1. Aufgrund der Anträge in der Klageschrift ergibt sich ein Streitwert, der in die Gebührenstufe von bis zu 10.000,00 EUR fällt.
a. Zutreffend ist im Falle einer Stufenklage gemäß §§ 43 Abs. 1, 44, 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, 3 ZPO (nur) der höchste der verbundenen Ansprüche wertbestimmend, wobei es sich regelmäßig um den Leistungsantrag handelt. Mit Einreichung der Stufenklage wird nämlich auch der unbezifferte Zahlungsantrag anhängig, und zwar in dem Umfang, den er zu diesem Zeitpunkt tatsächlich oder jedenfalls nach der Vorstellung des Klägers bei objektiver Betrachtungsweise hat (vgl. KG, Beschluss vom 23.03.1993, Az.: 1 W 6310/92, - zitiert nach juris -, Rn. 5 m. w. N.).
aa. Ausgehend von der letzteren Alternative spricht dann - zumal mangels anderweitiger und konkret tragfähigerer Anhaltspunkte für eine Schätzung - nichts dagegen, im Ansatz an die von dem Kläger in Bezug genommenen Durchschnittswerte in vergleichbaren Verfahren erzielter Rückzahlungen anzuknüpfen. Insbesondere bedingt zum einen eine nachträgliche Bezifferung von Rückerstattungsansprüchen (allein) im Hinblick auf Beitragsanpassungen in den Jahren 2014 und 2018 in demgegenüber geringerer Höhe keine zwangsläufige Relativierung des Umfangs des wirtschaftlichen Interesses des Klägers; denn die ursprüngliche reine Stufenklage bezog sich ihrerseits auf die Jahre 2015, 2016, 2017 und 2019, und niedrigere Werte (nur) für anderweitige Zeiträume stellen die Richtigkeit von dem Kläger insoweit dargelegter Erwartungen nicht in Frage, weil es sich um (eben) durchschnittliche Annahmen handeln soll. Zum anderen haben vor diesem Hintergrund gerichtliche Erfahrungen "sich oftmals im Centbereich" bewegender Prämienerhöhungen zurückzutreten, wenn sie gleichzeitig die Möglichkeit gegebenenfalls auch höherer Rückzahlungsforderungen doch jedenfalls im Durchschnitt wiederum nicht ausschließen.
bb. Enthalten diese Durchschnittswerte im Umkehrschluss aus den Ausführungen des Klägers im Übrigen allerdings auch von dem Versicherer herauszugebende Nutzungen, sind solche jedenfalls im Hinblick auf den Gebührenstreitwert als bloße Nebenforderungen und damit streitwertneutral anzusehen (vgl. dazu ausführlich OLG Rostock, Urteil vom 14.10.2021, Az.: 4 U 50/21, - zitiert nach juris -, Rn. 3 ff.). Kann der auf derartige Nutzungen entfallende Anteil an den von dem Kläger benannten Durchschnittswerten (ebenfalls) nur geschätzt werden, nachdem es an einer weiteren diesbezüglichen Untergliederung fehlt, bewertet der Senat den Abschlag mit etwa 20 Prozent; es handelt sich dabei um eine Größe, die angemessen, aber auch ausreichend erscheint.
cc. Der Streitwertanteil der anfänglichen (ausschließlichen) Stufenklage beläuft sich damit auf (8.754,11 EUR × 80 % =) 7.003,29 EUR.
b. Für den Feststellungsantrag kann entsprechend der von dem Kläger benannte Durchschnittswert von 2.014,83 EUR angesetzt werden; wegen des von dem Kläger verfolgten Rechtsschutzziels einer im Ergebnis negativen Feststellung ist ein Abschlag gegenüber einer kongruenten Leistungsklage nicht vorzunehmen (vgl. Zöller-Herget, ZPO, 34. Aufl., 2022, § 3 Rn. 16.76 m. w. N.).
c. Mit der Addition der Wertanteile wie zuvor nach lit. a) und b) gemäß § 39 Abs. 1 GKG errechnet sich ein Gesamtstreitwert in Höhe von (7.003,29 EUR + 2.014,83 EUR =) 9.018,12 EUR, mit dem die hier angenommene Gebührenstufe erreicht wird.
2. Diese wird wiederum nicht überschritten, selbst wenn die Werte der (neuen) konkretisierten Anträge für die Jahre 2014 und 2019 über 737,58 EUR in ...