Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwert einer Stufenklage im Zusammenhang mit Beitragsanpassungen in der privaten Krankenversicherung
Leitsatz (amtlich)
Der Streitwert einer Stufenklage, mit der zunächst Auskunft über Beitragsanpassungen im Rahmen einer privaten Krankenversicherung verlangt wird und bei der es nicht zu einer Bezifferung des Feststellungs- und Leistungsantrags kommt, kann nicht anhand des Durchschnitts einer Vielzahl ähnlich gelagerter, von den Prozessbevollmächtigten der Klagepartei betreuter Verfahren festgesetzt werden. Auch eine Studie zur durchschnittlichen Beitragsentwicklung in der privaten Krankenversicherung muss für Zwecke der Streitwertermittlung mit dem konkreten Versicherungsvertrag der Klagepartei in Bezug gesetzt werden (Abgrenzung von OLG Saarbrücken, r+s 2023, 965).
Normenkette
GKG §§ 40, 44, 68; ZPO § 254
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Urteil vom 10.03.2023; Aktenzeichen 8 O 1438/22) |
Tenor
Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen die Wertfestsetzung im Rahmen des am 10.03.2023 verkündeten Urteils des Landgerichts Nürnberg-Fürth, Az. 8 O 1438/22, wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Im zugrunde liegenden Rechtsstreit haben die Parteien, Versicherungsnehmer und privater Krankenversicherer, um die Rechtmäßigkeit von Beitragsanpassungen gestritten. Der Kläger, der bei der Beklagten eine private Krankheitskostenversicherung unterhält (laut Klage seit 01.01.1977), hat unter Hinweis auf ihm aus anderen gleichartigen Versicherungsverhältnissen bekannte Beitragsanpassungen in seinen Tarifen auch die seines Vertrages für unwirksam gehalten und mit der Behauptung, die ihm übersandten Unterlagen lägen ihm nicht mehr vor, unter dem 14.03.2022 Klage eingereicht und darin folgende Anträge als Stufenklage angekündigt:
1) Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerseite Auskunft über alle Beitragsanpassungen zu erteilen, die die Beklagte in dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag in den Jahren 2013, 2014, 2015, 2016, 2017, 2018, 2019, 2020 zur Versicherungsnummer ... vorgenommen hat, und hierzu geeignete Unterlagen zur Verfügung zu stellen, in denen mindestens die folgenden Angaben enthalten sind:
- die Höhe der Beitragsanpassungen für die Jahre 2013, 2014, 2015, 2016, 2017, 2018, 2019, 2020 unter Benennung der jeweiligen Tarife im Versicherungsverhältnis der Klägerseite,
- die der Klägerseite zu diesem Zwecke übermittelten Informationen in Form von Versicherungsscheinen und Nachträgen zum Versicherungsschein der Jahre 2013, 2014, 2015, 2016, 2017, 2018, 2019, 2020, sowie
- die jeweilige Höhe der auslösenden Faktoren für die Neukalkulation der Prämien in sämtlichen ehemaligen und derzeitigen Tarifen des Versicherungsvertrages mit der Versicherungsnummer ... seit dem 01.01.2013.
2) Es wird festgestellt, dass die nach Erteilung der Auskunft gemäß dem Antrag zu 1) noch genauer zu bezeichnenden Neufestsetzungen der Prämien in der zwischen der Klägerseite und der Beklagten bestehenden Krankenversicherung mit der Versicherungsnummer ... unwirksam sind und die Klägerseite nicht zur Zahlung des jeweiligen Differenzbetrages verpflichtet, sowie, dass der monatlich fällige Gesamtbetrag für die Zukunft auf einen nach Erteilung der Auskunft gemäß dem Antrag zu 1) noch zu beziffernden Betrag unter Berücksichtigung der erfolgten Absenkungen zu reduzieren ist.
3) Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerseite einen nach Erteilung der Auskunft gemäß dem Antrag zu 1) noch zu beziffernden Betrag nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
4) Die Beklagte wird verurteilt,
a) der Klägerseite die Nutzungen in der nach Erteilung der Auskunft gemäß dem Antrag zu 1) noch zu beziffernden Höhe herauszugeben, die die Beklagte bis zum Zeitpunkt der Rechtshängigkeit aus dem Prämienanteil gezogen hat, den die Klägerseite auf die unter 2) noch aufzuführenden Beitragsanpassungen gezahlt hat,
b) die Zinsen aus den herauszugebenden Nutzungen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit an die Klägerseite zu zahlen.
5) Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerseite hinsichtlich der außergerichtlichen anwaltlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.054,10 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit freizustellen.
Zum Streitwert der auf zweiter Stufe angekündigten Leistungs- und Feststellungsanträge hat der Kläger in der Klage angegeben, diese derzeit nicht endgültig beziffern zu können; "aufgrund der Auswertung unserer riesigen Datenmenge" sei "von einer durchschnittlichen Anspruchshöhe im Leistungsantrag von 1.178,00 EUR pro Jahr sowie von einem durchschnittlichen Gesamtwert des Feststellungsantrags in Höhe von ebenfalls 929,00 EUR pro Jahr, auf das das Auskunftsbegehren gerichtet ist", mithin "von einem Streitwert von 16.856,00 EUR" auszugehen (vgl. Klageschrift, S. 83).
Das Landgericht (Einzelrichterin) hat die Klage insgesamt ab...