Leitsatz (amtlich)

1. Der Gebührenwert einer gegen den privaten Krankenversicherer erhobenen Stufenklage, mit der Auskunft über Beitragsanpassungen sowie, nach deren Erteilung, die Feststellung der Unwirksamkeit noch genau zu bezeichnender Neufestsetzungen der Prämien und die Rückzahlung noch zu beziffernder Beiträge begehrt wurde, ist entsprechend dem Klagebegehren auch dann nach §§ 40, 44 GKG und nicht nach § 5 ZPO i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG zu bemessen, wenn das Ausgangsgericht in der Sache von einer Unzulässigkeit der Stufenklage aus prozessualen Gründen ausgegangen ist.

2. Bei der Anwendung des § 44 GKG sind mangels abschließender Bezifferung die vom Gericht auf Nachvollziehbarkeit überprüfbaren Erwartungen des Klägers bei Klageerhebung maßgebend, die in solchen Fällen vertretbar damit begründet sein können, dass sich entsprechende Rückzahlungsbeträge in einer Vielzahl vergleichbarer, von seinen Prozessbevollmächtigten betreuter Rechtsstreitigkeiten ergeben haben.

 

Normenkette

GKG §§ 40, 44; VVG § 192; ZPO § 254

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Urteil vom 13.02.2023; Aktenzeichen 14 O 266/21)

 

Tenor

1. Die Sache wird gemäß § 568 Satz 2 Nr. 1 ZPO dem Senat zur Entscheidung übertragen.

2. Auf die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen die Wertfestsetzung in Ziff. 4 des am 13. Februar 2023 verkündeten Urteils des Landgerichts Saarbrücken - 14 O 266/21 - wird der Streitwert für die erste Instanz unter Abänderung des vorgenannten Beschlusses auf 10.750,- Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Im zugrunde liegenden Rechtsstreit haben die Parteien, Versicherungsnehmer und privater Krankenversicherer, um die Rechtmäßigkeit von Beitragsanpassungen gestritten. Der Kläger, der bei der Beklagten seit dem Jahre 2000 unter der Versicherungsnummer ... eine private Krankheitskostenversicherung unterhält und seit 1. Januar 2018 dort im sog. Standardtarif versichert ist, hat unter Hinweis auf ihm bekannte Beitragsanpassungen in diesem Tarif zum 1. Juli 2014, 1. Januar 2015, 1. Juli 2017 und 1. Januar 2018 auch die seines Vertrages für unwirksam gehalten und mit der Behauptung, die ihm übersandten Unterlagen lägen ihm nicht mehr vor, am 4. Oktober 2021 Klage eingereicht und darin sowie später erneut folgende - inhaltsgleichen - Anträge als Stufenklage angekündigt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerseite Auskunft über alle Beitragsanpassungen zu erteilen, die die Beklagte in dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag in den Jahren 2012, 2013, 2014, 2015, 2016, 2017, zur Versicherungsnummer ... vorgenommen hat, und hierzu geeignete Unterlagen zur Verfügung zu stellen, in denen mindestens die folgenden Angaben enthalten sind:

  • die Höhe der Beitragsanpassungen für die Jahre 2012, 2013, 2014, 2015, 2016, 2017, unter Benennung der jeweiligen Tarife im Versicherungsverhältnis der Klägerseite,
  • die der Klägerseite zu diesem Zwecke übermittelten Informationen in Form von Versicherungsscheinen und Nachträgen zum Versicherungsschein der Jahre 2012, 2013, 2014, 2015, 2016, 2017, sowie
  • die jeweilige Höhe der auslösenden Faktoren für die Neukalkulation der Prämien in sämtlichen ehemaligen und derzeitigen Tarifen des Versicherungsvertrages mit der Versicherungsnummer ... seit dem 1. Januar 2012.

2. Es wird festgestellt, dass die nach Erteilung der Auskunft gemäß dem Antrag zu 1) noch genauer zu bezeichnenden Neufestsetzungen der Prämien in der zwischen der, Klägerseite und der Beklagten bestehenden Krankenversicherung mit der Versicherungsnummer ... unwirksam sind und die Klägerseite nicht zur Zahlung des jeweiligen Differenzbetrages verpflichtet, sowie, dass der monatlich fällige Gesamtbetrag für die Zukunft auf einen nach Erteilung der Auskunft gemäß dem Antrag zu 1) noch zu beziffernden Betrag unter Berücksichtigung der erfolgten Absenkungen zu reduzieren ist.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerseite einen nach Erteilung der Auskunft gemäß dem Antrag zu 1) noch zu beziffernden Betrag nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

4. Die Beklagte wird verurteilt,

a) der Klägerseite die Nutzungen in der nach Erteilung der Auskunft gemäß dem Antrag zu 1) noch zu beziffernden Höhe herauszugeben, die die Beklagte bis zum Zeitpunkt der Rechtshängigkeit aus dem Prämienanteil gezogen hat, den die Klägerseite auf die unter 2) noch aufzuführenden Beitragsanpassungen gezahlt hat,

b) die Zinsen aus den herauszugebenden Nutzungen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit an die Klägerseite zu zahlen.

5. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerseite hinsichtlich der außergerichtlichen anwaltlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.054,10 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit freizustellen.

Zum Gegenstandswert der auf zweiter Stufe angekündigten Leistungs- und Feststellungsanträge hat der Kläger in der Klageschrift angegeben, diese derzeit ...

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