Verfahrensgang
LG Rostock (Beschluss vom 19.11.2003; Aktenzeichen 4 O 163/03) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss der 4. Zivilkammer des LG Rostock vom 19.11.2003 - Az.: 4 O 163/03 - geändert:
Der Rechtsweg der ordentlichen Gerichtsbarkeit ist zulässig.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden den Klägern nach einem Gegenstandswert von 1.100 EUR auferlegt.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
Die gem. § 17a Abs. 4 S. 3 GVG, §§ 567 ff. ZPO statthafte und zulässige sofortige Beschwerde ist begründet.
1. Der Rechtsweg der ordentlichen Gerichtsbarkeit ist zulässig. Die Kläger leiten ihr klageweise verfolgtes Feststellungsbegehren auch aus einem Schadensersatzanspruch aus Amtspflichtverletzung gem. § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG her, der dem bürgerlichen Recht zuzuordnen ist mit der Folge, dass insoweit der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet ist (§ 13 GVG).
Der Umstand, dass die Kläger ihr Rechtsverfolgungsbegehren auch auf einen vertraglichen Schadensersatz- und Freistellungsanspruch aus dem Erschließungsvertrag der Beklagten mit der Rechtsvorgängerin der a. Immobiliengesellschaft mbH stützen, vermag den Rechtsweg zum VG nicht zu begründen. Dem steht die Bestimmung des § 17 Abs. 2 GVG entgegen.
2. Allerdings ist dem LG darin beizupflichten, dass der von den Klägern aus dem Erschließungsvertrag als einem vermeintlichen Vertrag zugunsten Dritter oder Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte hergeleitete Schadensersatzanspruch seine Grundlage in einem öffentlich-rechtlichen Vertragsverhältnis hat und insoweit grundsätzlich gem. § 40 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 VwGO der Verwaltungsrechtsweg zu beschreiten wäre. Für den vorliegenden Fall gilt dies allerdings nicht.
3. Entgegen der Auffassung des LG läuft die mit dem angefochtenen Beschluss angeordnete Verweisung an das VG Greifwald der Bestimmung des § 17 Abs. 2 GVG zuwider.
a) Nach dem Wortlaut und Sinn des § 17 Abs. 2 GVG ist eine Verweisung nur dann geboten und zulässig, wenn der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten schlechthin, das heißt für den Klageanspruch mit allen in Betracht kommenden Klagegründen, unzulässig ist (BGH NVwZ 1990, 1103 [1104]; BVerwG v. 15.12.1992 - 5 B 144/91, NVwZ 1993, 358 = MDR 1993, 800). Bei mehrfacher - tatsächlicher oder rechtlicher - Begründung eines Klageanspruchs scheidet eine Verweisung an das für den einen Klagegrund zuständige Gericht aus, wenn der beschrittene ordentliche Rechtsweg hinsichtlich des konkurrierenden anderen Klagegrundes zulässig ist (BGH NVwZ 1990, 1103 [1104]).
So verhält es sich hier. Für den von den Klägern auch geltend gemachten Anspruch aus Amtshaftung ist der Rechtsweg zur ordentlichen Gerichtsbarkeit eröffnet und damit zulässig.
b) Die für die angeordnete Verweisung des Rechtsstreits an das VG Greifswald vom LG angeführten Gründe erweisen sich letztlich als nicht tragfähig.
(1) Zwar trifft zu, dass es für die Frage der Zuständigkeit und Verweisung bei einer vom Kläger hervorgebrachten Haupt- und Hilfsbegründung allein auf die Erstere ankommt und damit der insoweit gegebene Rechtsweg zu beschreiten ist (Zöller/Gummer, ZPO, 25. Aufl., § 17 GVG Rz. 7; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 63. Aufl., § 17 GVG Rz. 6; Wittschier in Musielak, ZPO, 4. Aufl., § 17 GVG Rz. 7; Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO, 26. Aufl., § 17 GVG Rz. 8, jeweils m.w.N.).
Dem Vorbringen der Kläger, auf das maßgeblich abzustellen ist, kann indes nicht entnommen werden, dass sie ihr Klagebegehren in erster Linie auf einen vertraglichen Anspruch aus einer Pflichtverletzung der Beklagten aus dem Erschließungsvertrag und nur hilfsweise auf einen Anspruch aus Amtshaftung stützen. Vielmehr ist von einem gewollten gleichen Rang beider Anspruchsgrundlagen auszugehen.
Das ergibt sich bereits aus dem ersten Absatz auf S. 2 der Klage unter der Überschrift "Begründung". Dort heißt es: "Die Parteien streiten um einen Schadensersatzanspruch aufgrund der Verletzung vertraglicher Schutzpflichten aus einem bzw. aufgrund eines Erschließungsvertrages und aus Amtspflichtverletzungen." Der Umstand, dass an erster Stelle der vertragliche Anspruch erwähnt und später auch (S. 7/8 der Klageschrift) begründet wird, gibt keinen Hinweis darauf, dass nach dem Willen der Kläger dem Amtshaftungsanspruch nur die Bedeutung einer Hilfsbegründung zukommen soll. Dagegen spricht, dass die Kläger auf S. 6 der Klageschrift bei der Begründung der "Zulässigkeit des Rechtsweges" u.a. ausführen: "Der Sachverhalt ist danach vom Gericht sowohl unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Amtspflichten, als auch der Verletzung vertraglicher Pflichten zu prüfen.". Hier wird an erster Stelle ein Anspruch aus Amtspflichtverletzung genannt. Zudem haben die Kläger, worauf die Beklagte zu Recht hinweist, einem Anspruch aus Amtshaftung einen in etwa gleich großen Begründungsumfang gewidmet wie einem Anspruch aus Vertrag. Auch das spricht für einen gewollten gleichen Rang beider herangezogener Anspruchsgrundlagen.
(2) Die Verweisung des Rechtsstreits...