Leitsatz (amtlich)
Zum (Nicht-) Vorliegen einer Bausache i.S.d. § 72a Satz 1 Nr. 2 GVG (für Streit um Wettbewerbsklausel zwischen Haupt- und Subunternehmer verneint).
Normenkette
GVG § 72a S. 1 Nr. 2; ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 6
Verfahrensgang
LG Neubrandenburg (Aktenzeichen 4 O 654/20) |
Tenor
Die - nach näherer Maßgabe des Geschäftsverteilungsplanes zur Entscheidung berufene - allgemeine Zivilkammer des Landgerichts Neubrandenburg wird als funktionell zuständiger Spruchkörper bestimmt.
Gründe
Die Entscheidung ergeht in analoger Anwendung des § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO (vgl. Senat, Beschluss vom 18.05.2020 - 2 UH 2/20; OLG Hamburg, Beschluss vom 03.12.2018 - 11 AR 21/18, BauR 2019, 1019 = BKR 2019, 406 [Juris; Tz. 3 f.], m.w.N.).
Eine Zuständigkeit der Baukammer nach § 72a Satz 1 Nr. 2 GVG ist nicht gegeben.
Richtig und der allgemeinen (4.) Zivilkammer - die ihre Zuständigkeit mit Verfügung vom 18.01.2021 (Bl. 38 d.A.), weiterer Verfügung vom 02.02.2021 (Bl. 39 ff. d.A.) und Beschluss vom 09.03.2021 (Bl. 48 ff. d.A.) verneint hat - im Ausgangspunkt zuzugeben ist, dass es für die Frage, ob ein Anwendungsfall des § 72a Satz 1 Nr. 2 GVG vorliegt, nicht auf die typologische Einordnung des Vertrages ankommt. Ausgehend von den Gesetzesmotiven (BT-Drs. 14/4722, Seite 88), die ein grundsätzlich weites Normverständnis nach sich ziehen, fallen etwa auch solche Verträge unter § 72a Satz 1 Nr. 2 GVG, die nicht erfolgsbezogen und daher beispielsweise als Dienstvertrag (§§ 611 ff. BGB) zu qualifizieren sind, solange nur eine Partei des Vertrages sich zur Planung, Durchführung oder Überwachung von Bauarbeiten verpflichtet hat und mindestens ein Vertragspartner als Bauunternehmer, Architekt oder sonst berufsmäßig mit der Planung oder Ausführung von Bauarbeiten befasste Person in dieser Eigenschaft aufgetreten ist (vgl. Senat, Beschluss vom 18.05.2020 - 2 UH 2/20; KG, Beschluss vom 25.02.2021 - 2 AR 7/21 [Juris; Tz. 6]; OLG München, Beschluss vom 13.07.2020 - 34 AR 70/20, NJW-RR 2020, 967 = NZBau 2020, 788 [Juris; Tz. 48]; Zöller/Lückemann, ZPO, 33. Aufl. 2020, GVG § 72a Rn. 5; BeckOK GVG/Feldmann, 10. Edition - Stand: 15.02.2021, § 72a Rn. 14; Kissel/Mayer/Mayer, GVG, 10. Aufl. 2021, § 72a Rn. 6; Musielak/Voit/Wittschier, ZPO, 18. Aufl. 2021, GVG § 72a Rn. 4 i.V.m. ZPO § 348 Rn. 9; Saenger/Rathmann, ZPO, 09. Aufl. 2021, GVG § 72a Rn. 4).
Auch bei Zugrundelegung dieses im Ausgangspunkt großzügigen Maßstabs liegt hier jedoch eine Bausache nicht vor. Gegenstand der - auf negative Feststellung (§ 256 Abs. 1 ZPO) gerichteten - Klage ist einzig das in § ... des Vertrages vom ... ("Rahmenvertrag über Weitervergabe von Installationsarbeiten an Nachunternehmer") vereinbarte Wettbewerbsverbot. Es geht also allein um die Frage, ob und ggf. in welchem Umfang die Klagepartei in Bezug auf Bauleistungen in Wettbewerb zur Beklagten treten darf. Um (!) Bauleistungen (respektive deren Qualität, etwaige Mängel, Vergütungsfragen usw.) wird also nicht gestritten. Spezifisch baurechtliche Kenntnisse und Erfahrungen - erstrecht solche aus Bereichen jenseits des allgemeinen Privatrechts (z. B. VOB/B, HOAI o.ä.) -, die den Sachgrund für die gesetzgeberische Entscheidung zur Einrichtung von Bauspezialkammern bilden (vgl. KG, Beschluss vom 23.07.2018 - 2 AR 32/18, NJW-RR 2018, 1405 Rn. 6; OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 14.08.2019 - 11 SV 34/19 [Juris; Tz. 13]; Wittschier, a.a.O.), spielen für die vorliegend zu treffende Entscheidung ersichtlich keine Rolle. Selbst in der - denkbaren - umgekehrten Prozesskonstellation, in der die hiesige (Feststellungs-) Beklagte positiv auf Leistung - Unterlassung bzw. Schadensersatz - wegen einer verbotswidrig erbrachten Bauleistung klagt, wäre durch das Gericht in spezifisch baurechtlicher Hinsicht nur zu beurteilen, ob es sich bei einer als verbotswidrig gerügten Leistung überhaupt um eine Bauleistung handelt (sofern das je streitig werden sollte). Das aber wäre selbst in diesem Fall der äußerstenfalls (!) denkbare bauspezifische Einschlag, den der Rechtsstreit ggf. aufweisen könnte; in der vorliegenden Konstellation kann sich nicht einmal diese Frage stellen, weil hier gleichsam vorbeugend die Wirksamkeit der Verbotsklausel "geklärt" werden soll, bevor einzelne (mögliche) Bauleistungen überhaupt erst Anlass für Streit bieten können. Bei dieser Sachlage kann letztlich unter Berücksichtigung der gesetzgeberischen Zielstellung von einer Bausache nicht (mehr) die Rede sein, zumal - zumindest hypothetisch, hier gleichsam im Sinne einer Kontrollüberlegung - die Verbotsabrede als solche aus dem vorliegenden Vertrag auch extrahiert und zu einem (reinen) Unterlassungsvertrag (vgl. §§ 241 Abs. 1 Satz 2, 311 Abs. 1 BGB) verselbständigt werden könnte, der seinerseits - unzweifelhaft - nicht als Bausache zu qualifizieren wäre. Dass die Parteien sich - aus welchen Gründen auch immer - entschieden haben, diejenigen Absprachen, mit denen sie eine Verpflichtung der Klagepartei zur Erbringung von Bauleistungen (als Subunternehmerin der Beklagten...