Entscheidungsstichwort (Thema)
Erfordernisse der Genehmigung eines Insichgeschäftes durch einen vollmachtlos Vertretenen
Leitsatz (amtlich)
1. § 181 BGB ist bei einem Handeln als vollmachtloser Vertreter einer Vertragspartei nicht anwendbar, weil in derartigen Fällen keine Gefahr besteht, dass das Rechtsgeschäft durch die Erklärungen des für beide Vertragsparteien Handelnden unmittelbar wirksam wird, sondern hierfür ohnehin die Genehmigung der vollmachtslos vertretenen Partei nach § 177 BGB zwingend notwendig ist. Erst durch die Genehmigung dieser Vertragspartei, der dann aber auch der gesamte Vertragsinhalt vorliegt, kann das Rechtsgeschäft wirksam werden.
2. Ein Rechtsgeschäft ist bei einem Verstoß gegen § 181 BGB nicht nichtig, sondern entsprechend § 177 BGB lediglich schwebend unwirksam und damit - beidseitig - genehmigungsfähig.
3. Vertretene Vertragspartner können schwebend unwirksame Insichgeschäfte nicht nur persönlich genehmigen, sondern auch durch einen Vertreter, wobei der das schwebend unwirksame Insichgeschäft genehmigende Vertreter selbst regelmäßig nicht von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit sein muss.
Verfahrensgang
AG Greifswald (Aktenzeichen KABG 412-9) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Beteiligten werden die Zwischenverfügungen des Amtsgerichts - Grundbuchamt - Greifswald vom 07.07.2016 und 30.08.2016 aufgehoben.
Gründe
I. Mit Urkunde des verfahrensbevollmächtigten Notars vom 26.01.2016 veräußerten die Beteiligten zu 2. bis 7. das im Rubrum näher bezeichnete Grundstück an die Beteiligte zu 1.
Für beide Seiten handelte Frau Dr. M., für die Beteiligte zu 1. aufgrund einer vom Vorstandsvorsitzenden der Beteiligten zu 1. für diese unter Befreiung der Beschränkungen des § 181 BGB erteilten Vollmacht vom 10.05.2010 und für die Beteiligten zu 2. bis 7. als vollmachtslose Vertreterin. Die Beteiligten zu 2. bis 7. genehmigten die Erklärungen von Frau Dr. M. formgerecht. Im Hinblick auf die Beteiligten zu 2. und 7. liegen zudem die nachlassgerichtlichen bzw. betreuungsgerichtlichen Genehmigungen vor.
Der Vorstandsvorsitzende der Beteiligten zu 1. ist selbst nicht von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit.
Mit Zwischenverfügung vom 07.07.2016 hat das Amtsgericht ausgeführt, dass der beantragten Eintragung ein Hindernis entgegenstehe. Frau Dr. M. habe sowohl für den Erwerber als auch für die Veräußerer gehandelt. Zu den von ihr abgegebenen Erklärungen habe es daher der Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB bedurft. Diese könne seitens der Vollmachtgeber nur erteilt werden, wenn sie selbst von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit seien. Für den Vorstandsvorsitzenden des Beteiligten zu 1. sei dies aber nicht der Fall. Daher habe er in seiner Vollmachtserteilung vom 10.05.2010 keine Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB erteilen können und könne dies auch nicht in einer Nachgenehmigung. Mithin seien die schuldrechtlichen und dinglichen Erklärungen in der Urkunde nicht wirksam und könnten auch nicht wirksam werden.
Es bedürfe im Ergebnis einer umfänglichen, die obigen Hinderungsgründe vermeidenden, Neubeurkundung.
Hierauf hat der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten eingeräumt, dass Frau Dr. M. in der Tat als Doppelvertreterin gehandelt habe, obwohl ihr dies mangels Befreiung des Vorstandes der Beteiligten zu 1. von den Beschränkungen des § 181 BGB nicht möglich gewesen sei.
Dennoch sei die Zwischenverfügung nicht richtig, denn der Vertrag sei nicht nichtig, wenn der Vertreter seine Vertretungsmacht überschreite, sondern schwebend unwirksam. Er könne also durch Genehmigung der vertretenden Personen wirksam werden.
Hier komme hinzu, dass die Erschienene die Verkäufer nicht aufgrund von Vollmachten vertreten habe, sondern als vollmachtslose Vertreterin gehandelt habe. Auf eine solche Vertretung, die der Genehmigung bedarf, sei § 181 BGB nach inzwischen ganz herrschender Meinung nicht anwendbar. Dem Genehmigenden liege der Vertragsinhalt endgültig vor. Eine Beeinträchtigung seiner Rechte, der § 181 BGB vorbeugen wolle, sei nicht eingetreten. Allenfalls könnte demnach noch eine Genehmigung vonseiten der Beteiligten zu 1. erforderlich sein. Diese könne auf entsprechenden Hinweis, dass dies für notwendig erachtet werde, kurzfristig eingeholt werden.
Daraufhin hat das Amtsgericht mit weiterer Zwischenverfügung vom 30.08.2016 an seiner Zwischenverfügung vom 07.07.2016 festgehalten und darauf verwiesen, dass § 181 BGB auch bei vollmachtlosen Handeln des beidseitigen Vertreters für anwendbar gehalten werde. Deshalb sei die Genehmigung des Vorstandsvorsitzenden der Beteiligten zu 1. erforderlich. Dieser könne das Insichgeschäft aber nur genehmigen, wenn er in seiner Eigenschaft als Vorsitzender selbst von § 181 BGB befreit sei. Dies sei aber nicht der Fall. Daher sei entweder erforderlich, dass er von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit werde und sodann den Kaufvertrag genehmige oder es müsse neu beurkundet werden.
Gegen beide Zwischenverfügungen wenden sich die Beteiligten mit ihrer Beschwe...