Leitsatz (amtlich)

1. Nach Art. GG Art. 93 GG Art. 93 Absatz I Nr. 3 GG, § 13 Nr. 7 BVerfG entscheidet das BVerfG bei Meinungsverschiedenheiten über Rechte und Pflichten des Bundes un der Länder, insb. bei der Ausführung von Bundesrecht durch die Länder und bei Ausübung der Bundesaufsicht.

2. Die Beantwortung der Frage, ob eine Streitigkeit öffentlich- oder bürgerlich-rechtlich ist, richtet sich, wenn - wie hier - eine ausdrückliche Rechtswegzuweisung des Gestzgebers fehlt, nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird.

 

Normenkette

GG Art. 93 Abs. 1 Nr. 3; BVerfGG § 13 Nr. 7

 

Verfahrensgang

LG Schwerin (Beschluss vom 21.05.2010; Aktenzeichen 4 O 539/08)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 19.09.2012; Aktenzeichen V ZB 86/12)

 

Tenor

Die Beschwerde der Beklagten vom 9.6.2010 gegen den Beschluss des LG Schwerin vom 21.5.2010 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 647.223 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten darüber, ob für von der Klägerin geltend gemachte Ansprüche auf Nachentrichtung eines Grundstückskaufpreises wegen Nichteinhaltung der Bedingungen der Gewährung eines "Verbilligungsabschlages" der Zivil- oder Verwaltungsrechtsweg eröffnet oder sogar die Zuständigkeit des BVerfG begründet ist. Das LG Schwerin hat mit Beschluss vom 21.5.2010 den ordentlichen Gerichtsweg als eröffnet gesehen und seine Zuständigkeit bejaht. Wegen des dem angefochtenen Beschluss durch das LG zugrunde gelegten Sachverhaltes und der begründenden Erwägungen des LG nimmt der Senat auf den Beschluss vom 21.5.2010 Bezug.

Das beklagte Land hält mit seiner gegen diesen Beschluss erhobenen Beschwerde an seiner Ansicht fest, dass die Zivilgerichte für den geltend gemachten Anspruch nicht zuständig seien. Es macht geltend, das LG habe seiner Entscheidung zu Unrecht die nicht weiter geprüfte Annahme zugrunde gelegt, die Parteien hätten die Rechtsform eines privatrechtlichen Rechtsgeschäftes gewählt. Das LG habe Alternativen nicht geprüft. Es habe auch nicht beachtet, dass der BGH und die übrigen vom LG für seine Ansicht zitierten Gerichte ungeprüft eine Wertung angestellt hätten, ohne eine eigene Prüfung des Sachverhaltes vorzunehmen. Es sei davon auszugehen, dass die Parteien keine Möglichkeit einer Wahl einer Alternative gehabt hätten und es sei auch nicht ersichtlich, dass sie tatsächlich bewusst eine Wahl getroffen hätten. Das LG übergehe dies und kläre nicht auf, warum nicht ein öffentlich-rechtlicher Kaufvertrag gem. §§ 54, 62 Abs. 2 VwVfG, §§ 433, 925 BGB geschlossen worden sei. Aus der Anwendbarkeit des Verwaltungsprivatrechts könne die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte nicht hergeleitet werden, denn dessen Anwendbarkeit sei erst die Folge der Zulässigkeit des ordendlichen Gerichtsweges. Grundlage des Subventionsanspruches seien öffentlich-rechtliche Bestimmungen. Daher verfüge auch die Verwaltungsgerichtsbarkeit über die größere Sachkunde. Wegen der Beschwerdebegründung i.Ü. nimmt der Senat insb. auf die Beschwerdeschrift vom 9.6.2010 und den Schriftsatz vom 15.9.2010 Bezug.

Mit Nichtabhilfebeschluss vom 3.1.2011 hat das LG weiter ausgeführt, vorliegend stehe nicht die Subvention in Form des Preisnachlasses im Vordergrund des Vertrages, sondern sie sei lediglich Nebenzweck, um den Verwaltungsaufbau in den neuen Ländern zu unterstützen. Das beklagte Land hat hierzu ergänzend mit Schriftsatz vom 21.2.2011 Stellung genommen, auf welchen der Senat wegen der Einzelheiten Bezug nimmt.

II. Die sofortige Beschwerde des beklagten Landes ist gem. § 17a Abs. 4 S. 3 GVG, §§ 567, 569 ZPO zulässig, aber nicht begründet. Zutreffend hat das LG darauf erkannt, dass für den mit der Klage geltend gemachten Anspruch auf Zahlung eines ergänzenden Kaufpreises aus § 5 Abs. 4 des notariellen Grundstückskaufvertrages vom 12.12.1994 (UR-Nr. 1763/1994 der Notarin M. K., S.) der Rechtsweg zu den Zivilgerichten eröffnet ist, weil es sich um eine bürgerlich-rechtliche Streitigkeit i.S.d. § 13 GVG handelt, und dem folgend seine Zuständigkeit bejaht.

1. Zu folgen ist dem LG dahin, dass eine Zuständigkeit des BVerfG nicht besteht. Nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 3 GG, § 13 Nr. 7 BVerfG entscheidet das BVerfG bei Meinungsverschiedenheiten über Rechte und Pflichten des Bundes und der Länder, insb. bei der Ausführung von Bundesrecht durch die Länder und bei Ausübung der Bundesaufsicht. Die Zulässigkeit eines Bund-Länder-Streits nach den genannten Vorschriften setzt eine Maßnahme oder Unterlassung voraus, die innerhalb eines Bund und Land umspannenden materiellen Verfassungsrechtsverhältnisses eine verfassungsrechtliche Rechtsposition des Landes verletzen oder unmittelbar gefährden kann (BVerfG, Beschl. v. 7.10.2003, NVWZ 2004, 469 = VerfGE 109, 1 m.w.N.). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

2. Die Beantwortung der Frage, ob eine Streitigkeit öffentlich- oder bürgerlich-rechtlich ist, richtet sich, wenn - wie hier - eine ausdrückliche Rechtswegzu...

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