Leitsatz (amtlich)
Im Vollstreckungsverfahren nach § 887 ZPO ist der Einwand der Erfüllung nur zu berücksichtigen, wenn die Umstände der Erfüllung unstreitig oder liquide beweisbar sind. Ansonsten kann der Schuldner die Erfüllung nur mit der Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO geltend machen (Anschluss an OLG München v. 26.3.2002 – 7 W 691/02, OLGReport München 2002, 240 = MDR 2002, 909; Abweichung von OLG Zweibrücken v. 3.11.2000 – 3 W 235/00, OLGReport Zweibrücken 2001, 259).
Normenkette
ZPO §§ 767, 887
Verfahrensgang
LG Stralsund (Beschluss vom 09.01.2003; Aktenzeichen 6 O 506/00) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin gegen den Beschluss des Einzelrichters der 6. Zivilkammer des LG Stralsund vom 9.1.2003 – 6 O 506/00 – wird zurückgewiesen.
Die Schuldnerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 22.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Schuldnerin hat sich in einem Prozessvergleich verpflichtet, eine Abdichtung zu erstellen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 25.7.2002 (Bl. 235 ff. d.A.) verwiesen.
Die Gläubiger haben beantragt, sie zu ermächtigen, die Leistungen durchführen zu lassen und die Schuldnerin zu einem Kostenvorschuss i.H.v. 14.000 Euro zu verurteilen.
Die Schuldnerin begann mit den Arbeiten. Sie behauptet, der Gläubiger habe ihren Subunternehmer an der Fortsetzung der Arbeiten gehindert.
Das LG hat mit Beschluss vom 9.1.2003 die Gläubiger antragsgemäß ermächtigt und die Schuldnerin zur Zahlung eines Vorschusses verurteilt. Der Einwand der Schuldnerin, ihr sei die Handlung, zu der sie sich im Vergleich verpflichtet hatte, unmöglich geworden, könne nur im Wege der Vollstreckungsgegenklage geltend gemacht werden.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die sofortige Beschwerde der Schuldnerin, mit der sie vorträgt, die von ihr eingesetzten Mitarbeiter seien an der Durchführung der Arbeiten vom Gläubiger und weiteren Eigentümern der Reihenhäuser gehindert worden. Ihr Einwand könne auch im Vollstreckungsverfahren geltend gemacht werden, da zu prüfen sei, ob die Zwangsvollstreckung (noch) notwendig sei. Aus Gründen der Prozessökonomie sei eine Berücksichtigung geboten. Wegen des weiteren Inhalts der sofortigen Beschwerde wird auf diese verwiesen.
Das LG hat der sofortigen Beschwerde durch Beschluss vom 7.2.2003 nicht abgeholfen und die Begründung vertieft, warum der Haupteinwand der Schuldnerin nicht im Zwangsvollstreckungsverfahren geltend gemacht werden könne. Auf die Begründung des Beschlusses vom 7.2.2003 wird verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
II. Die sofortige Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet. Denn das LG hat die Gläubiger zutreffend zur Durchführung der Arbeiten ermächtigt und die Schuldnerin zur Zahlung eines Kostenvorschusses verurteilt.
Der wesentliche Einwand der Schuldnerin, ihr sei die Erfüllung nicht (mehr) möglich, ist streitig und kann somit nicht im Vollstreckungsverfahren Berücksichtigung finden.
a) In Rspr. und Lit. herrscht Einigkeit, dass der Einwand der Erfüllung im Vollstreckungsverfahren berücksichtigt werden muss, wenn er unstreitig bzw. „liquide beweisbar” ist (OLG Karlsruhe v. 19.1.2001 – 2 WF 52/00, NJW-RR 2002, 220; OLG Köln v. 28.10.1992 – 19 W 39/92, OLGReport Köln 1993, 30 = MDR 1993, 579; OLG Düsseldorf v. 11.12.1995 – 3 W 407/95, MDR 1996, 309; OLG Bamberg v. 1.10.1982 – 5 W 39/82, Rpfleger 1983, 79; OLG Frankfurt MDR 1973, 323; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 61. Aufl., § 887 Rz. 5 m.w.N.; wohl auch: OLG München MDR 1978, 1029; OLG Schleswig SchlHA 1968, 73).
b) Ob auch das streitige Vorbringen, die zu vollstreckende Handlung sei erfüllt bzw. die Erfüllung nicht mehr möglich, im Vollstreckungsverfahren geltend gemacht werden kann, ist streitig.
Es wird vertreten, dass nach dem Wortlaut des § 887 ZPO und dem Gesichtspunkt der Prozessökonomie eine Berücksichtigung im Vollstreckungsverfahren berechtigt sei. Denn Voraussetzung für die Anordnung der Ersatzvornahme sei es gerade, dass der Schuldner seine Verpflichtung zu einer Handlung nicht erfüllt habe. Zudem sei nicht zu erkennen, warum der Erfüllung einwendende Schuldner mit zusätzlichen Kosten im Verfahren der Vollstreckungsabwehrklage zu belasten sei. Außerdem könne die Berücksichtigung im Zwangsvollstreckungsverfahren in der Regel auch schneller zu einem Ergebnis führen (OLG Zweibrücken v. 3.11.2000 – 3 W 235/00, OLGReport Zweibrücken 2001, 259 [260]; OLG Nürnberg v. 3.5.1994 – 11 W 1940/93, NJW-RR 1995, 63; OLG Köln (16. Zivilsenat), JMBlNW 1982, 153; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 61. Aufl., § 887 Rz. 5; Brehm in Stein/Jonas, ZPO, 21. Aufl., § 887 Rz. 22; Schilken in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., § 887 Rz. 8).
Diese Argumente vermögen nicht zu überzeugen. Zwar ist es richtig, dass auch im Vollstreckungsverfahren das weitere Schicksal des zu vollstreckenden Anspruchs zu beachten ist. § 775 ZPO lässt die...