Leitsatz (amtlich)

Gegen die Anordnung einer Vorschusspflicht im Rahmen eines selbständigen Beweisverfahrens ist ebenso wie im Hauptprozess keine Beschwerde gegeben.

 

Verfahrensgang

LG Stralsund (Beschluss vom 12.10.2006; Aktenzeichen 6 OH 38/04)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin vom 19.10.2006 gegen den Beschluss des LG Stralsund vom 12.10.2006 wird als unzulässig verworfen.

2. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

3. Der Gegenstandswert wird auf 350 EUR festgesetzt.

4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Mit Beschluss vom 23.2.2005 hat das LG Stralsund im Rahmen des selbständigen Beweisverfahrens gem. §§ 485 ff. ZPO die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens zu verschiedenen Mängeln angeordnet. Nach einer schriftlichen Ergänzung des Gutachtens auf Antrag beider Parteien hat die Antragsgegnerin Einwendungen gegen die sachverständigen Feststellungen geltend gemacht und eine weitere Ergänzung des Gutachtens beantragt. Mit Beschluss vom 12.10.2006 hat das LG Stralsund beschlossen, dass der Sachverständige zu Einwendungen der Antragsgegnerin Stellung nehmen soll und der Antragsgegnerin die Zahlung eines Auslagenvorschusses i.H.v. 350 EUR aufgegeben. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin, der das LG Stralsund nicht abgeholfen hat.

II. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin ist gem. § 572 Abs. 2 Satz 2 ZPO als unzulässig zu verwerfen.

1. Eine Beschwerde nach § 67 GKG (vormals: § 6 GKG a.F.) ist nicht eröffnet, da die Anforderung eines Vorschusses für die Kosten einer Beweisaufnahme ihre Grundlage nicht im Gerichtskostengesetz findet, sondern in den §§ 492 Abs. 1, 402, 379 ZPO abschließend geregelt ist (vgl. u.a. OLG München, Beschl. v. 22.2.2005 - 1 W 913/05, NJOZ 2005, 1305; OLG Frankfurt, Beschl. v. 24.6.2004 - 4 W 34/04, OLGReport Frankfurt 2004, 393 = MDR 2004, 1255).

2. Die Statthaftigkeit der sofortigen Beschwerde ergibt sich auch nicht aus § 567 Abs. 1 ZPO.

a) Allerdings lässt sich dies nicht schon aus § 355 ZPO herleiten. Diese Vorschrift, nach der eine Anfechtung des Beschlusses, durch den die eine oder die andere Art der Beweisaufnahme angeordnet ist, nicht zulässig ist, findet im selbständigen Beweisverfahren keine Anwendung. § 492 Abs. 1 ZPO nimmt nur auf die besonderen für die Aufnahme der einzelnen Beweismittel geltenden Vorschriften Bezug, nicht auf die allgemeinen Vorschriften über die Anordnung und Durchführung der Beweisaufnahme in einem Rechtsstreit (vgl. u.a. OLG Stuttgart, Beschl. v. 25.3.2002 - 1 W 12/02, OLGReport Stuttgart 2002, 418 = OLGR 2002, 418 f.).

b) Nach der gesetzlichen Systematik soll eine sofortige Beschwerde außer in den vom Gesetz vorgesehenen Fällen (§ 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) nur zulässig sein gegen eine Entscheidung, die ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückweist, wenn die Entscheidung grundsätzlich ohne mündliche Verhandlung ergehen kann. Zwar kann man die angegriffene Entscheidung des LG Stralsund als die teilweise Ablehnung eines Gesuchs - die Anordnung einer Ergänzung des Sachverständigengutachtens ohne Vorschusszahlung - qualifizieren. Jedoch sind nach allgemeiner Ansicht die Voraussetzungen des § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO nicht erfüllt bzgl. solcher Anordnungen eines Gerichts, die von Amts wegen ergehen und einen Antrag nicht erfordern. Hat die Entscheidung von Amts wegen zu ergehen, ohne dass das Gesetz die Beschwerde ausdrücklich für statthaft erklärt, so liegen die Voraussetzungen von § 567 Abs. 1 Nr. 2 nicht vor und können auch nicht dadurch geschaffen werden, dass ein Beteiligter zuvor ein Gesuch gestellt hat (vgl. u.a. Stein/Jonas/Grunski, ZPO, 21. Aufl., § 567 Rz. 16; Braun in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., § 567 Rz. 7 m.w.N. zur Rspr.).

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist seit langem anerkannt, dass gegen die Anordnung einer Vorschusspflicht gem. § 379 ZPO, über die das Gericht von Amts wegen unter Abwägung des fiskalischen Interesses und des allgemeinen und gleichgewichtigen Beschleunigungsinteresse zu befinden hat, keine Beschwerde eröffnet ist. Gleiches muss gem. §§ 492 Abs. 1, 402, 379 ZPO für die Anordnung einer Vorschusspflicht im Rahmen eines selbständigen Beweisverfahrens gelten (so im Ergebnis ausdrücklich OLG München a. a. O; OLG Frankfurt a.a.O.). Die Beweismöglichkeiten im selbständigen Beweisverfahren sollen nicht weiter gehen als im Hauptprozess (vgl. u.a. OLG Koblenz, Beschl. v. 30.1.2007 - 5 W 71/07 m.w.N. zur Rspr.). Dieser Gleichklang muss auch für die Beschwerdemöglichkeiten gelten.

3. Der Senat vermag sich aus den dargelegten Gründen der von der Antragsgegnerin ins Feld geführten Entscheidung des OLG Koblenz (Beschl. v. 17.4.2003 - 3 W 249/03, NJOZ 2003, 3009) nicht anzuschließen. Auch die Besonderheiten des selbständigen Beweisverfahrens geben keinen Anlass, den Beschwerdeweg zu eröffnen.

a) Das OLG Koblenz begründet seine Ansicht zur Statthaftigkeit einer Beschwerde zum Einen damit, dass eine Beschwerde nicht ausnahmslos für unstatthaft er...

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