Verfahrensgang
LG Schwerin (Beschluss vom 29.10.2003; Aktenzeichen 3 O 434/03) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss der 3. Zivilkammer des LG Schwerin vom 29.10.2003 - Az.: 3 O 434/03 - geändert:
Der Beklagten wird Prozesskostenhilfe für den 1. Rechtszug unter Beiordnung von Rechtsanwalt B. bewilligt.
Ratenzahlungen werden nicht angeordnet.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Die nach §§ 127 Abs. 1 S. 2 und 3, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte und zulässige sofortige Beschwerde der Beklagten ist in der Sache begründet. Der Rechtsverteidigung der Beklagten fehlt es nicht an der von § 114 S. 1 ZPO geforderten hinreichenden Erfolgsaussicht. Gelingt der Beklagten der Nachweis, dass sie seit Dezember 2001 arbeitsunfähig ist, so hat sie berechtigt Zahlungen auf den ihr von der Klägerin gewährten Ratenzahlungskredit gem. § 9 Abs. 3 S. 1 VerbrKrG verweigert.
1. Der zwischen den Parteien zur Finanzierung des Kaufs eines VW Golf III Variant am 4.5./5.6.2000 geschlossene Ratenkreditvertrag unterfällt gem. Art. 229 § 5 EGBGB dem VerbrKrG. Dabei bilden der Kreditvertrag und die über diesen mitfinanzierte Restschuldversicherung nebst der damit gekoppelten Arbeitsunfähigkeitszusatzversicherung verbundene Geschäfte i.S.v. § 9 Abs. 1, 4 VerbrKrG.
a) Zum Abschluss einer solchen Versicherung verständigten sich die Parteien in dem Ratenkreditvertrag mit der Maßgabe, dass die einmalige Versicherungsprämie i.H.v. 1.218,07 DM über die Gesamtdarlehenssumme von 29.422,08 DM von der Klägerin mitfinanziert wurde. Durch die über die Klägerin als Versicherungsnehmerin bei der B.L. abgeschlossene Versicherung mit der Beklagten als Versicherten sollte bei Eintritt des Versicherungsfalles (Tod oder Arbeitsunfähigkeit) die Erfüllung der Ansprüche der Klägerin aus dem Kreditvertrag durch Zahlung des noch offenen Rests der Kreditschuld durch den Versicherer (§ 267 BGB) gesichert und die Beklagte von einer entsprechenden Zahlungspflicht befreit werden (Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., vor § 159 Rz. 17; Bülow, Verbraucherkreditrecht, 5. Aufl., § 492 BGB Rz. 27).
b) Die Frage, ob eine solchermaßen finanzierte Restschuldversicherung ein mit dem Kreditvertrag verbundenes Geschäft i.S.v. § 9 Abs. 1, 4 VerbrKrG darstellt, wird im Schrifttum kontrovers beurteilt und ist - soweit ersichtlich - höchstrichterlich noch ungeklärt. Emmerich (Emmerich in Graf v. Westphalen/Emmerich/v. Rottenburg, VerbrKrG, 2. Aufl., § 9 Rz. 74) und Habersack (Habersack in MünchKomm/BGB, 3. Aufl., § 9 VerbrKrG Rz. 140 f.) halten § 9 VerbrKrG für anwendbar, wenn - wie hier - der Kredit mit einer Restschuldversicherung verbunden und die Versicherungsprämie über den Kredit mitfinanziert wird (auch Kessal-Wulf in Staudinger, BGB, 13. Aufl. 2004, § 358 Rz. 40). Eine andere Auffassung vertritt Scholz (Scholz, Verbraucherkreditverträge, 2. Aufl., Rz. 245) im wesentlichen mit der Begründung, dass der Abschluss der mitfinanzierten Restschuldversicherung in erster Linie dem Interesse des Kreditnehmers und nur indirekt dem der Bank diene (so i.E. wohl auch Münstermann/Hannes, VerbrKrG, 1991, Rz. 545).
c) Der Senat folgt der erstgenannten Ansicht. Ein verbundenes Geschäft i.S.v. § 9 Abs. 4 VerbrKrG liegt vor, wenn rechtlich selbständige Verträge in solch einem engen Zusammenhang stehen, dass diese sich jeweils als Teilstück einer rechtlichen oder wenigstens wirtschaftlich-tatsächlichen Einheit darstellen und sich ergänzen. Das ist der Fall, wenn einerseits der Kredit (auch) zu dem Zweck gewährt wird, die sonstige Vergütung - hier die Versicherungsprämie - zu begleichen und andererseits aus Sicht des Verbrauchers der Kreditgeber und der Verkäufer oder ein sonstiger Dienstleistender (hier das Versicherungsunternehmen) eng miteinander zusammenwirken, wobei es genügt, dass ein gemeinsamer Bezug zwischen den Verträgen besteht.
Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.
Die Restschuldversicherung nebst der mit dieser eine Einheit bildende Arbeitsunfähigkeitszusatzversicherung (§ 7 der Bedingungen für die Arbeitsunfähigkeitszusatzversicherung) ist über den von der Klägerin der Beklagten gewährten Kredit finanziert worden. Dem Kreditvertrag nebst den einbezogenen "Darlehensbedingungen" und dem unstreitig der Beklagten überlassenen Merkblatt der B.L. ist zu entnehmen, dass diese und die Klägerin offenbar auf der Grundlage eines Rahmenvertrages eng miteinander kooperieren. Weiterhin ist der bestehende wechselseitige Bezug zwischen dem jeweiligen Kredit- und Versicherungsvertrag offenkundig. Die reine Restschuldversicherung ist mit dem Kreditvertrag streng in einer Weise verbunden (Emmerich in Graf v. Westphalen/Emmerich/v. Rottenburg, VerbrKrG, 2. Aufl., § 9 Rz. 74; Hemmerde/von Rottenburg, WM 1993, 181), dass beide Verträge dem Verbraucher als eine Einheit erscheinen. Hinzu kommt, dass der Abschluss einer mitfinanzierten Restschuldversicherung nicht nur dem Interesse des Kreditnehmers, sondern zumindest in g...