Leitsatz (amtlich)
1. Schließt der Auftraggeber mit demselben Auftragnehmer einen Vertrag über die Errichtung eines Gebäudes zum Betrieb einer Pension sowie einen weiteren über die Erstellung einer Eigentumswohnung in demselben Gebäude, können beide Verträge aufgrund des rechtlichen und wirtschaftlichen Zusammenhanges als einheitliches Rechtsgeschäft angesehen werden.
2. Ist der Auftraggeber in diesem Falle nach der überwiegenden Zweckrichtung schon im Rahmen der Existenzgründung als Unternehmer im Sinne von § 14 BGB anzusehen, kann bei Einbeziehung der VOB/B insgesamt die auf vier Jahre verkürzte Verjährungsfrist zum Tragen kommen.
Normenkette
BGB §§ 13-14, 214, 307 Abs. 1-2, § 309 Nr. 8, § 310 Abs. 1, §§ 633-634, 634a; VOB B § 13 Abs. 4 Nr. 1
Tenor
I. Der Klägerin wird unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten eine Rücknahme ihrer Klage anheimgestellt.
II. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen.
III. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird vorläufig auf bis zu 110.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
Der Anregung einer Klagerücknahme liegt nach vorläufiger Einschätzung die Überlegung zugrunde, dass die zulässige Berufung begründet erscheinen könnte, weil die Klage ihrerseits zwar ebenfalls zulässig, aber unbegründet sein dürfte.
I. Die Klägerin hat wohl keinen Anspruch (mehr) gegen die Beklagte auf einen Kostenvorschuss zur Mängelbeseitigung gemäß §§ 631 Abs. 1, 1. Halbsatz, 633 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 2 Nr. 2, 634 Nr. 2, 637 Abs. 1 und 3 BGB. Dies folgt ohne Weiteres daraus, dass die Klägerin offenbar bereits während des erstinstanzlichen Verfahrens eine Mängelbeseitigung durchgeführt hat, was seitens des Landgerichtes unberücksichtigt geblieben ist. Mit dem Abschluss der Mangelbeseitigungsarbeiten ist für eine Vorschussklage kein Raum mehr; der Besteller hat vielmehr nur noch den Aufwendungserstattungsanspruch nach § 637 Abs. 1 BGB. Der Folge der Abweisung einer im Übrigen zunächst zulässigen und begründeten, zwischenzeitlich aber unschlüssig gewordenen Vorschussklage kann er nur entgehen, indem er entweder die Hauptsache für erledigt erklärt oder aber die Klage auf den Aufwendungs- oder einen Schadensersatzanspruch umstellt (vgl. Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger-Genius, jurisPK BGB, 8. Aufl., 2017, § 637 Rn. 10 m. w. N.). Eine solche Umstellung der Klage dürfte sich noch nicht daraus ergeben, dass die Klägerin nach dem Inhalt ihrer Berufungserwiderung zumindest mittelbar auf das Bestehen eines Schadensersatzanspruches verweist; denn sie lehnt gleichzeitig eine insoweit bestehende Rechenschaftspflicht gegenüber der Beklagten ab und nimmt damit insbesondere eine an der Höhe eines ihr entstandenen Schadens orientierte Bezifferung der Klageforderung nicht vor.
II. Auf dem zuvor Gesagten Rechnung tragende prozessuale Erklärungen der Klägerin kommt es aber wohl deshalb schon nicht mehr an, weil die Beklagte entgegen der Auffassung des Landgerichtes doch gemäß § 214 BGB berechtigt sein könnte, wegen eines Eintritts der Verjährung die Erfüllung von Gewährleistungsansprüchen gegenüber der Klägerin zu verweigern.
1. Hat die Klägerin jedenfalls den Vertrag über die Errichtung des Fachwerkgebäudes mit der Beklagten abgeschlossen, um eine gewerbliche Tätigkeit in Form eines Pensionsbetriebes vorzubereiten, könnte sie bereits (insgesamt) als Unternehmerin gemäß § 14 BGB einzuordnen gewesen sein.
a. So genannte Existenzgründer sollen zwar ihre Verbrauchereigenschaft im Sinne von § 13 BGB noch nicht verlieren bei einem Geschäft, das die zu dem betreffenden Zeitpunkt noch offene Entscheidung, ob es überhaupt zu einer Existenzgründung kommen soll, erst vorbereitet, indem beispielsweise die betriebswirtschaftlichen Grundlagen dafür ermittelt werden oder ein allgemeines Existenzgründerseminar gebucht wird (vgl. Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger-Martinek, a. a. O., § 13 Rn. 12 m. w. N.). Demgegenüber wird der Existenzgründer für den Fall als Unternehmer eingestuft, dass das Geschäft bereits im folgenden Schritt im Zuge der Aufnahme einer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit abgeschlossen wird. Handelt demnach als Unternehmer, wer Geschäftsräume anmietet, einen Franchisevertrag abschließt oder Anteile an einer freiberuflichen Praxisgemeinschaft erwirbt (vgl. Staudinger-Kannowski, BGB, Neubearbeitung 2013, § 13 Rn. 57 m. w. N.), dürfte für den Abschluss eines Bauvertrages über das Gebäude für einen Pensionsbetrieb kaum etwas anderes gelten. Unerheblich erscheint im Übrigen, dass es zu der späteren Aufnahme der nach dem Vertragszweck angestrebten Tätigkeit offenbar tatsächlich nicht mehr oder nur vorübergehend gekommen ist.
b. Eine Differenzierung bezüglich der Verbraucher- bzw. Unternehmereigenschaft der Klägerin nach den §§ 13, 14 BGB zwischen den beiden äußerlich getrennten Verträgen über die Errichtung des Gebäudes einerseits und eine in diesem befindliche Erdgeschosswohnung andererseits scheidet sodann wohl aus, weil es sich tatsächlich um ein einheitliches Rechtsgeschäft handelte.
aa...