Verfahrensgang
LG Schwerin (Entscheidung vom 18.10.2010; Aktenzeichen 32 Ks 27/10) |
Tenor
1. Der angefochtene Beschluss wird hinsichtlich der Ziffern I. und II. aufgehoben.
2. Die Anklage der Staatsanwaltschaft Schwerin vom 18.10.2010 - 112 Js 19824/09 - wird unverändert zur Hauptverhandlung zugelassen und das Hauptverfahren vor dem Landgericht Schwerin - Schwurgericht - eröffnet.
Gründe
I. Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft Schwerin vom 15.09.2011 richtet sich gegen den Beschluss des Landgerichts Schwerin vom 07.09.2011 - 32 Ks 27/10 -, mit dem die Große Strafkammer 2 die Anklage der Staatsanwaltschaft vom 18.10.2010 - 112 Js 19824/09 - mit der Maßgabe zur Hauptverhandlung zugelassen hat, dass der Angeklagte lediglich einer gefährlichen Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 5 StGB hinreichend verdächtig sei und das Hauptverfahren vor dem Amtsgericht Parchim - Schöffengericht - eröffnet hat.
Der angefochtene Beschluss ist der Staatsanwaltschaft am 12.09.2011 förmlich zugestellt worden. Das Rechtsmittel ist am 16.09.2011 bei dem Landgericht Schwerin eingegangen.
II. Das gemäß § 210 Abs. 2 StPO statthafte Rechtsmittel ist form- und fristgerecht angebracht worden (§§ 306, 311 Abs. 2 StPO), mithin zulässig.
Die sofortige Beschwerde erweist sich auch als begründet. Entgegen der Ansicht des Landgerichts ist der Angeklagte auch eines versuchten Tötungsdelikts hinreichend verdächtig.
1. Nach § 203 StPO beschließt das Gericht die Eröffnung des Hauptverfahrens, wenn der Angeschuldigte nach dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens einer Straftat hinreichend verdächtig erscheint. Hinreichender Tatverdacht ist anzunehmen, wenn die nach Maßgabe des Akteninhaltes, nicht lediglich aufgrund der Anklageschrift vorzunehmende vorläufige Tatbewertung ergibt, dass die Verurteilung des Angeschuldigten wahrscheinlich ist. Eine solche Wahrscheinlichkeit besteht, wenn unter Zugrundelegung des Ergebnisses der Ermittlungen und der daran anknüpfenden rechtlichen Erwägungen zum objektiven und subjektiven Tatbestand bei Einschätzung des mutmaßlichen Ausgangs der Hauptverhandlung mehr für eine Verurteilung als für einen Freispruch spricht (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. u. a. Beschluss vom 03.08.2000 - I Ws 456/99 - m. w. N.).
Dabei wird eine an Sicherheit grenzende Verurteilungswahrscheinlichkeit nicht gefordert. Auch wird nicht die gleiche Wahrscheinlichkeit verlangt wie beim dringenden Tatverdacht nach § 112 Abs. 1 Satz 1 StPO. Die Wahrscheinlichkeit einer Verurteilung des Angeschuldigten muss aber so groß sein, dass es einer Entscheidung durch das erkennende Gericht in der Hauptverhandlung bedarf, um festzustellen, ob noch bestehende Zweifel gerechtfertigt sind (vgl. KK- Schneider, StPO, 6. Aufl. § 203 Rdz. 4 f. m. w. N.).
2. Bei der Prüfung des hinreichenden Tatverdachts gem. § 203 StPO sind auch die Grundsätze des Indizienbeweises zu berücksichtigen. Der Indizien- oder Anzeichenbeweis ist ein Beweis, bei dem von einer mittelbar bedeutsamen Tatsache auf eine unmittelbar entscheidungserhebliche Tatsache geschlossen wird. Ein Indiz kann aus persönlichen, z. B. aus dem Verhalten eines Verfahrensbeteiligten, oder sachlichen Beweismitteln geschlossen werden. Grundsätzlich ist eine Gesamtwürdigung aller nicht ausschließbar entscheidungserheblichen Beweisanzeichen notwendig. Die Indizien selbst allerdings müssen unzweifelhaft oder doch mindestens hoch wahrscheinlich feststehen, bevor Rückschlüsse, die nicht lediglich Spekulation sein dürfen, aus ihnen gezogen werden können (vgl. zu Vorstehendem Nack MDR 1986, S. 366; Meyer-Goßner, aaO. § 261 Rdz. 25, jeweils m. w. N.). Diese Voraussetzung korrespondiert zwangslos mit dem Umstand, dass die Wahrscheinlichkeit der Begehung einer Straftat durch einen Beschuldigten nur aus bestimmten Tatsachen, nicht jedoch aus Vermutungen hergeleitet werden darf (Senatsbeschluss aaO.; vgl. auch Meyer-Goßner aaO. § 112 Rdz. 7).
3. An Vorstehendem gemessen hat das Landgericht die Eröffnung des Hauptverfahrens wegen versuchten Totschlags zu Unrecht abgelehnt. Die Erwägungen, mit denen die Kammer bereits im Rahmen ihrer Eröffnungsentscheidung einen - zumindest bedingten - Tötungsvorsatz des Angeklagten verneint, greifen aus mehreren Gründen nicht durch.
a) Die Kammer geht - insoweit entsprechend der Anklage - davon aus, dass der Angeklagte dem Geschädigten Mxxxxxx Hxxxxx anlässlich einer zunächst verbal geführten Auseinandersetzung mit einem von ihm zuvor verborgen mitgeführten rohrartigen Schlagwerkzeug plötzlich einen kräftigen Schlag an die linke Schädelseite versetzte, wodurch der Geschädigte lebensbedrohliche Verletzungen erlitt und in akuter Lebensgefahr schwebte.
Zur objektiven Gefährlichkeit dieser Tatausführung und den daraus auch in subjektiver Hinsicht zu ziehenden Schlüssen verhält sich die Kammer indes nur im Zusammenhang mit ihren Ausführungen dazu, weshalb sie - zutreffend - von einer das Leben gefährdenden Behandlung i. S. d. § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB ausgeht, nicht aber im Hinbli...