Verfahrensgang

LG Schwerin (Aktenzeichen 7 O 136/21)

 

Tenor

1. Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Schwerin vom 13.01.2022, Az.: 7 O 136/21, soweit es nicht - in Ziff. 2 seines Tenors - wirkungslos geworden ist, wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das unter Ziffer 1. bezeichnete Urteil, soweit es nicht wirkungslos geworden ist, und dieser Beschluss sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund der jeweiligen Entscheidung vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren und - insoweit den Streitwertbeschluss des Landgerichts vom 13.01.2022 abändernd - für das erstinstanzliche Verfahren wird auf jeweils 80.995,62 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um den Widerruf eines Bauvertrages über ein von dem beklagten Bauunternehmen zu errichtendes, für die Selbstnutzung durch die Klägerin vorgesehenes Einfamilienhaus.

Die Parteien schlossen im November 2019 einen "Werkvertrag" (Anlage K 1 = Anlage B 5), wobei die Details des Abschlusses streitig sind. Die Beklagte verpflichtete sich darin, ein Einfamilienhaus für die Klägerin zu errichten, das diese selbst nutzen wollte. Der Gesamtpreis sollte 197.800,00 Euro brutto betragen, der in verschiedenen Raten nach einem Zahlungsplan zu entrichten war. Eine schriftliche Widerrufsbelehrung enthielt der Vertrag nicht. Zur Finanzierung des Vorhabens schloss die Klägerin einen Darlehensvertrag bei einer Bank ab, den die Beklagte vermittelt hatte. Die Beklagte erbrachte Teilleistungen (Rohbau einschließlich Dachstuhl), die Klägerin leistete auf entsprechende Abschlagsrechnungen Zahlungen i.H.v. insgesamt 90.000,00 Euro (Anlage K 2). In der Folgezeit zeigte sich die Klägerin unzufrieden mit den Leistungen der Beklagten, beauftragte ein Drittunternehmen und machte sodann Mängel gegenüber der Beklagten geltend. Die Beklagte reagierte darauf nicht, weshalb die Klägerin ihre jetzigen Prozessbevollmächtigten einschaltete. Diese erklärten mit Schreiben vom 25.11.2020 (Anlage K 3) den Widerruf des Vertrages nach §§ 650l, 355 BGB und verlangten die Rückzahlung des von der Klägerin gezahlten Betrages. Die Beklagte zahlte nicht. Das Haus ist inzwischen durch den Drittunternehmer fertiggestellt und von der Klägerin bezogen.

Die Klägerin war der Auffassung, der Zahlungsplan des Bauvertrages verstoße gegen § 650m BGB, da er keine Sicherheitsleistung der Beklagten vorsehe und die Raten nicht dem tatsächlichen Leistungsstand entsprächen. Unabhängig davon sei der - der Beklagten unstreitig am 02.12.2020 zugegangene - Widerruf des Bauvertrages innerhalb der Frist des §§ 356e Satz 2, 355 Abs. 2 Satz 2 BGB erfolgt und damit wirksam, weil es an einer schriftlichen Belehrung gefehlt habe. Nach §§ 355 Abs. 3 Satz 1, 357d Satz 1 BGB schuldeten die Parteien daher gegenseitig die Rückgewähr der empfangenen Leistungen, sie, die Klägerin, dabei Wertersatz. Dazu müsse allerdings die Beklagte eine prüfbare Abrechnung ihrer Leistungen vorlegen, was bislang nicht geschehen sei. Deshalb habe sie, die Klägerin, eine eigene Abrechnung vorgenommen (Anlage K 5). Danach betrage der Wert der erbrachten Leistungen der Beklagten maximal 54.550,00 Euro netto. Diese Leistungen seien jedoch mangelhaft, wie sich aus dem Bauzustandsbericht des von der Klägerin beauftragten Privatsachverständigen ergebe (Anlage K 6). Der Rückzahlungsanspruch der Beklagten sei um die Mängelbeseitigungskosten zu kürzen. Diese beliefen sich auf mindestens 12.951,52 Euro netto, so dass ein Anspruch der Beklagten i.H.v. (54.550,00 ./. 12.951,52 = 41.598,48 Euro netto =) 49.501,19 Euro brutto und damit jedenfalls ein Rückzahlungsanspruch der Klägerin i.H.v. (90.000,00 ./. 49.501,19 =) 40.497,81 Euro bestehe. Daneben hat die Klägerin die ihr entstandenen Kosten für die außergerichtliche Vertretung durch ihre jetzigen Prozessbevollmächtigten für den Widerruf i.H.v. insgesamt 3.058,80 Euro geltend gemacht.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 40.971,81 Euro nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 10.12.2020 zu zahlen;

2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen weiteren Betrag i.H.v. 3.058,80 Euro nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie meint, ein Widerrufsrecht der Klägerin bestehe nicht. Die Klägerin sei im Zuge der Vertragsverhandlungen durch die dazu benannte Zeugin ..., damalige Mitarbeiterin der Beklagten, mündlich darüber belehrt worden, dass sie von dem Vertrag zurücktreten könne, was ausreiche. Die Klägerin habe aber den Vertrag unbedingt abschließen und daran festhalten wollen. Außerdem habe sie eine schriftliche Widerrufsbelehrung zu dem Darl...

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