Leitsatz (amtlich)
1. Der gem. 39 Abs. 2 KostO festzusetzende Geschäftswert für die Beurkundung eines notariellen Kaufvertrages, mit dem ein Unternehmen veräußert wird, bemisst sich grundsätzlich nach dem vereinbarten Kaufpreis sowie den von dem Käufer übernommenen Verpflichtungen.
2. Die in einer Bilanz angegebenen Buchwerte von Grundstücken sind nicht maßgebend, da diese Werte weitgehend willkürlich, bzw. rechtlich vorgegeben sind und vom tatsächlichen Wert eines Wirtschaftsgutes daher in aller Regel abweichen.
Normenkette
KostO § 39 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Neubrandenburg (Beschluss vom 30.12.2009; Aktenzeichen 4 T 54/09) |
Tenor
Auf die weitere Beschwerde der Kostenschuldnerin wird der Beschluss des LG Neubrandenburg vom 30.12.2009 - 4 T 54/09 - geändert:
Die Notarkostenrechnung der Beschwerdegegnerin vom 12.9.2008 wird aufgehoben.
Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren und das Verfahren der weiteren Beschwerde fallen nicht an.
Die außergerichtlichen Kosten der Kostenschuldnerin beider Rechtszüge werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.
Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens: 18.535,44.
Gründe
I. Die Notarin ... (nachfolgend Notarin genannt) beurkundete am 20.12.2007 einen Kaufvertrag über den Erwerb des Eigenbetriebes Kommunale Pflege- und Betreuungseinrichtungen des Landkreises ... in ... und ... zu einem Kaufpreis von 950.000.å. Zu den Einzelheiten nimmt der Senat Bezug auf die zu den Akten gereichte Ausfertigung.
Die Notarin erteilte der Kostenschuldnerin eine Kostennote, der ein Geschäftswert von 950.000.å zugrunde lag. Auf Anweisung der Ländernotarkasse übersandte die Notarin der Kostenschuldnerin eine neue Kostenberechnung vom 12.9.2008 (Bl. 4 d.A.) über insgesamt 25.227,52.å, mit der sie die Vertragsgebühr nach einem Geschäftswert von 9.199.280,29.å abrechnete. Diesen Wert hatte die Ländernotarkasse der Notarin vorgegeben und zur Begründung ausgeführt, es seien die Leistungen des Verkäufers mit denen des Erwerbers zu vergleichen. Die höhere beider Leistungen bilde den Geschäftswert der Urkunde gem. § 39 Abs. 2 KostO. Das Aktivvermögen des Unternehmens begründe den Wert der Verkäuferleistung, da Verbindlichkeiten gem. § 18 Abs. 3 KostO nicht in Abzug zu bringen seien. Die Kostenschuldnerin beanstandete mit Schreiben vom 3.2.2009 die neue Kostenberechnung vom 12.9.2008. Daraufhin legte die Notarin mit Schreiben vom 21.4.2009 den Vorgang dem LG mit dem Antrag auf Erlass einer Entscheidung nach § 156 Abs. 1 S. 3 KostO a.F. vor und führte darin aus, sie halte an ihrer neuen Kostenrechnung fest.
Das LG hat Stellungnahmen der Ländernotarkasse vom 3.9.2009 sowie des Präsidenten des LG ... vom 11.11.2009 eingeholt. Zu den Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes verweist der Senat auf den Tatbestand des angefochtenen Beschlusses, mit dem das LG die beschränkte Beschwerde der Kostenschuldnerin gegen die Kostenrechnung vom 12.9.2008 zurückwies.
Hiergegen richtet sich deren weitere Beschwerde.
Der Senat hat der Ländenotarkasse und dem Präsidenten des LG ... erneut Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Nur die Ländernotarkasse hat Stellung genommen und ihr bisheriges Vorbringen wiederholt.
II. Das Rechtsmittel der Kostenschuldnerin ist gem. § 156 Abs. 2 KostO a.F. statthaft und zulässig. Es hat auch in der Sache Erfolg.
a) Das Kostenprüfungsverfahren und die weiteren Rechtsmittel richten sich nach altem Verfahrensrecht, also nach § 156 KostO i.d.F. vor der Änderung zum 1.9.2009 durch Art. 47 Abs. 2 Nr. 38 FGG-RG vom 17.12.2008. Nach der Übergangsvorschrift des Art. 111 FGG-RG gilt das alte Recht für alle Verfahren weiter, die vor dem 1.9.2009 eingeleitet worden sind. So liegt es hier.
Die weitere Beschwerde ist form- und fristgerecht innerhalb eines Monats seit Zustellung der angefochtenen Entscheidung eingelegt worden und damit zulässig, da das LG sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zugelassen hat (§ 156 Abs. 2 KostO a.F.).
Der Antrag der Notarin auf Entscheidung des LG war gem. § 156 Abs. 1 S. 3 KostO a.F. statthaft. Er leitete das förmliche Beschwerdeverfahren nach § 156 Abs. 1 S. 1 KostO a.F. ein. Mit ihrem Antrag wurde sie nicht zur Beschwerdeführerin. Vielmehr handelt es sich nach allgemeiner Meinung auch bei einer Antragstellung nach § 156 Abs. 1 S. 3 KostO a.F. um eine Beschwerde des Kostenschuldners (BayObLG DNotZ 1972, 243).
b) Das Rechtsmittel der Kostenschuldnerin hat Erfolg und führt zur Änderung der landgerichtlichen Entscheidung und Aufhebung der beanstandeten Kostenrechnung. Die Entscheidung des LG beruht auf einer Verletzung des Rechts (§ 156 Abs. 2 S. 3 KostO a.F.).
Der Geschäftswert für die Beurkundung des Unternehmenskaufvertrages vom 20.12.2007 musste nach § 39 Abs. 2 KostO ermittelt werden, nicht nach § 20 KostO, da letztere Vorschrift nur für den Kauf von Sachen gilt, nicht für den von Geschäftsanteilen (Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann, KostO, 18. Aufl., Rz. 4 zu § 20 und Rz. 11 zu § 39).
Vorliegend kann nicht festgestellt werden, dass di...