Leitsatz (amtlich)
Die sofortige Beschwerde nach § 35 Abs. 5 FamFG gegen die Festsetzung von Zwangsmitteln in der Folgesache Versorgungsausgleich unterliegt dem Anwaltszwang.
Normenkette
FamFG § 35 Abs. 5, §§ 114, 220 Abs. 3
Verfahrensgang
AG Neubrandenburg (Beschluss vom 15.12.2023; Aktenzeichen 204 F 253/23) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Amtsgerichts Neubrandenburg vom 15.12.2023 - 204 F 253/23 - wird verworfen.
2. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Von der Erhebung von Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren wird abgesehen.
3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. In dem Scheidungsverfahren hat das Amtsgericht dem Antragsgegner mit Beschluss vom 06.11.2023 aufgegeben, konkret benannte Lücken im Versicherungsverlauf zu klären. Mit Beschluss vom 15.12.2023 hat es gegen den Antragsgegner ein Zwangsgeld von 1.000 EUR, ersatzweise Zwangshaft von 5 Tagen angeordnet.
Gegen den am 22.12.2023 zugestellten Beschluss wendet sich der Antragsgegner mit seiner am 02.01.2024 bei dem Amtsgericht eingegangenen, selbst unterzeichneten Beschwerde. Er macht geltend, er sei der Anordnung bereits am 08.11.2023 nachgekommen und habe jetzt nochmals telefonische Rücksprache mit der Rentenversicherung gehalten. Vorsorglich werde er die Unterlagen umgehend nochmals dort einreichen.
Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
Nach Eingang der Akte bei dem Senat hat der Vorsitzende folgenden Hinweis erteilt:
Die Beschwerde ist unzulässig. Für die Einlegung der sofortigen Beschwerde nach § 35 Abs. 5 FamFG gilt Anwaltszwang (OLG Frankfurt, Beschluss vom 28. März 2023 - 6 WF 27/23). Die Beschwerdeschrift hätte insoweit durch einen Rechtsanwalt signiert und eingereicht werden müssen.
Wird die Einlegung durch einen Rechtsanwalt innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung dieser Verfügung nachgeholt, kann bei Vorliegen der Voraussetzungen auf Antrag Wiedereinsetzung gewährt werden. Der Senat hätte dann zu prüfen, ob die Mitwirkung in der erforderlichen Weise erfolgt ist. Wird die formgerechte Einlegung der Beschwerde nicht nachgeholt, wird der Senat das Rechtsmittel verwerfen. Insoweit wird angeregt, die Beschwerde vor Fristablauf aus Kostengründen zurückzunehmen.
Vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass das festgesetzte Zwangsgeld nicht beigetrieben wird, wenn der Antragsgegner die Mitwirkung noch rechtzeitig erbringt. Die Deutsche Rentenversicherung Bund wird insoweit um Mitteilung binnen zwei Wochen gegenüber dem Oberlandesgericht gebeten, ob der Antragsgegner nunmehr an der Kontenklärung mitgewirkt hat.
Auf den am 28.02.2024 zugestellten Hinweis hat der Antragsgegner mitgeteilt, er habe am 03.03.2024 einen erneuten Antrag auf Kontenklärung bei der Rentenversicherung gestellt. Dort sei ihm bestätigt worden, dass die Unterlagen eingegangen seien. Noch fehlende Unterlagen würden zeitnah nachgereicht. Ein Anwalt solle nicht eingeschaltet werden.
Der Einzelrichter hat das Verfahren wegen grundsätzlicher Bedeutung dem Senat übertragen.
II. 1. Die sofortige Beschwerde ist zu verwerfen, weil sie unzulässig ist. Die Beschwerde hätte durch einen Rechtsanwalt eingelegt werden müssen. Dies ist nicht erfolgt und kann - auch unter dem Gesichtspunkt einer Wiedereinsetzung - nicht mehr nachgeholt werden.
Ob für die Einlegung der sofortigen Beschwerde nach § 35 Abs. 5 FamFG Anwaltszwang herrscht, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten (bejahend OLG Frankfurt, Beschluss vom 28. März 2023 - 6 WF 27/23 -, Rn. 9, juris; OLG Bamberg, Beschluss vom 15. Juli 2021 - 2 WF 1/21 -, Rn. 12, juris; Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 12. Januar 2017 - 15 WF 243/16 -, Rn. 3, juris; verneinend OLG Oldenburg (Oldenburg), Beschluss vom 6. Juli 2012 - 14 WF 72/12 -, Rn. 5, juris; Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 2. April 2014 - 10 WF 29/14 -, Rn. 1, juris; Feskorn in: Zöller, Zivilprozessordnung, 35. Auflage 2024, § 35 FamFG Rn. 10; Jokisch in: Sternal, FamFG, 21. Aufl., § 35 Rn. 49).
Der Senat schließt sich der ersten Auffassung an, die vom Anwaltszwang ausgeht. In dem als Folgesache geführten Versorgungsausgleichsverfahren gilt für die Ehegatten vor dem Oberlandesgericht Anwaltszwang (§ 114 Abs. 1 FamFG), soweit nicht eine in § 114 Abs. 4 FamFG geregelte Ausnahme vorliegt.
a) Eine Ausnahme nach § 114 Abs. 4 Nr. 4 (Abtrennung Folgesache) oder Nr. 7 (§ 3 Abs. 3 VersAusglG oder Ausübung des Wahlrechts) FamFG liegt nicht vor. Eine analoge Anwendung dieser Regelungen scheidet bereits mangels planwidriger Lücke aus (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 28. März 2023 - 6 WF 27/23 -, Rn. 9, juris).
b) Insofern gilt für die Einlegung der Beschwerde (und in Verbindung mit § 571 Abs. 4 ZPO auch für das weitere schriftliche Verfahren) nach § 114 Abs. 4 Nr. 6 FamFG nur dann ausnahmsweise kein Anwaltszwang, wenn ein Fall des § 78 Abs. 3 ZPO vorliegt, sie also auch zu Protokoll der Geschäftsstelle erklärt werden kann. Das ist hier nicht der Fall.
aa) Nach § 569 Abs. 3 Nr. ...