Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwaltszwang für Beschwerde gegen Zwangsgeld
Verfahrensgang
AG Darmstadt (Beschluss vom 17.01.2023; Aktenzeichen 58 F 903/22 ZV2) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde wird als unzulässig verworfen.
Die Beschwerdeverführerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. In dem Scheidungsverfahren der Beteiligten ist der Versorgungsausgleich durchzuführen. Die Beschwerdeführerin ist im Scheidungsverfahren nicht anwaltlich vertreten.
Mit Beschluss vom 17.01.2023 hat das Amtsgericht gegen die Beschwerdeführerin ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,00 Euro und ersatzweise für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, je 200,00 Euro Zwangsgeld einen Tag Zwangshaft wegen Verletzung ihrer Mitwirkungspflicht (§ 220 FamFG) in der Folgesache Versorgungsausgleich festgesetzt. Der Beschluss war mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen, nach der gegen die Entscheidung sofortige Beschwerde eingelegt werden könne, und zwar zur Niederschrift der Geschäftsstelle oder durch Einreichen einer Beschwerdeschrift, die vom Beschwerdeführer oder seinem Bevollmächtigten zu unterschreiben sei. Der Beschluss wurde der Beschwerdeführerin am 03.02.2023 zugestellt. Mit ihrer am 09.02.2023 eingegangenen und ohne anwaltliche Vertretung eingelegten sofortigen Beschwerde macht sie unter Vorlage einer Kopie der ersten Seite des Kontenklärungsantrags ... geltend, sie habe die geforderten Unterlagen am 07.02.2023 bei der Deutschen Rentenversicherung Hessen eingereicht.
Das Amtsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen, weil die Beschwerdeführerin erst nach Erlass des Beschlusses tätig geworden sei und der Beschluss nicht mehr vollstreckt werde, sobald die Deutsche Rentenversicherung bestätigt habe, dass die Verpflichtungen erfüllt worden seien. Es hat die Beschwerde sodann dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
Der Senat hat die Beschwerdeführerin auf die Unzulässigkeit der Beschwerde mangels anwaltlicher Vertretung und auf die Möglichkeit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hingewiesen. Hierauf reagierte die Beschwerdeführerin innerhalb der gesetzten Frist nicht.
II. Die gemäß §§ 35 Abs. 5 FamFG, 567 ff. ZPO statthafte sofortige Beschwerde ist unzulässig, weil sie nicht durch Schriftsatz eines Rechtsanwalts und somit nicht in der gesetzlichen Form eingelegt worden ist. Die fehlerhafte Rechtsbehelfsbelehrung führt nicht dazu, dass keine Rechtsmittelfrist in Lauf gesetzt wird, sondern kann allenfalls eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand begründen (vgl. BGH, Beschluss vom 24.03.2016 - IX ZB 67/14 -, NJW-RR 2016, 623), wenn der Beteiligte auf die fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung vertraut und die Beschwerde persönlich eingelegt hat (BeckOK FamFG/Burschel/Perleberg-Kölbel, 45. Edition, Stand: 01.01.2023, § 17 FamFG Rn. 25). Der Senat hat mit Schreiben vom 21.02.2023 auf die Notwendigkeit der anwaltlichen Vertretung und die Möglichkeit, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu beantragen, hingewiesen. Hiervon hat die Beschwerdeführerin aber keinen Gebrauch gemacht. Sie hat die formgerechte Einlegung der sofortigen Beschwerde durch einen Anwalt nicht binnen zwei Wochen nach Zustellung der Verfügung vom 21.02.2023 nachgeholt, so dass eine Wiedereinsetzung in die zwischenzeitlich versäumte Frist für die Einlegung der sofortigen Beschwerde nicht mehr in Betracht kommt.
Die Frage, ob für die Einlegung der sofortigen Beschwerde gegen die Auferlegung eines Zwangsgelds wegen Verletzung der Mitwirkungspflicht in der Folgesache Versorgungsaugleich Anwaltszwang besteht, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten.
Nach einer Ansicht besteht kein Anwaltszwang, wenn sich das Rechtsmittel gegen einen Beschluss nach § 35 FamFG zur Durchsetzung der Mitwirkungspflichten nach § 220 Abs. 3 FamFG in einem Versorgungsausgleichsverfahren als Folgesache im Scheidungsverbund richtet (OLG Oldenburg, Beschluss vom 06.07.2012 - 14 WF 72/12 -, FamRZ 2013, 649; OLG Brandenburg, MDR 2014, 1092; Johannsen/Henrich/Althammer/Jokisch, Familienrecht, 7. Auflage 2020, § 35 FamFG Rn. 30; Prütting/Helms/Hammer, 6. Auflage 2023, § 35 FamFG Rn. 24; Zöller/Feskorn, Zivilprozessordnung, 34. Auflage 2022, § 35 FamFG Rn. 10; Sternal/Jokisch, FamFG, 21. Auflage 2023, § 35 FamFG Rn. 49), weil das Zwangsgeldverfahren der Durchsetzung persönlicher Mitwirkungspflichten diene (OLG Oldenburg, a. a. O.) und deshalb ein von der Folgesache unabhängiges Verfahren sei (Johannsen/Henrich/Althammer/Jokisch, a. a. O., Rn. 30). Dies werde auch dadurch deutlich, dass für das Zwangsmittelverfahren nach der Aktenordnung eine gesonderte Unterakte anzulegen sei. Schließlich werde das Ergebnis dadurch bestätigt, dass die Beschwerde gegen die Verhängung eines Ordnungsgelds wegen einen Verstoßes gegen die Anordnung des persönlichen Erscheinens zu einem Termin in entsprechender Anwendung des § 569 Abs. 3 Nr. 3 ZPO auch vom Beteiligten persönlich eingelegt werden könne (OLG Oldenburg, a. a. O.).
Nach der Gegenansicht bes...