Entscheidungsstichwort (Thema)
Obliegenheit zur zeitlichen Streckung einer Darlehnsverbindlichkeit
Leitsatz (amtlich)
Auch den einem volljährigen Kind verpflichteten Unterhaltsschuldner trifft die Obliegenheit, sich gegenüber einem Kreditinstitut um die zeitliche Streckung einer Darlehnsverbindlichkeit zu bemühen, um seine Leistungsfähigkeit zur Sicherstellung des Ausbildungsunterhaltes herzustellen.
Normenkette
BGB § 1603 Abs. 1-2, § 1610 Abs. 1-2
Verfahrensgang
AG Ludwigslust (Aktenzeichen 13 F 194/08) |
Tenor
1. Der Antrag des Beklagten auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren wird zurückgewiesen.
2. Dem Kläger wird Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwalt ... bewilligt.
Gründe
I. Der heute 20-jährige Kläger nimmt seinen Vater, den heute 54-jährigen Beklagten, auf die Zahlung von Ausbildungsunterhalt in Anspruch. Der Kläger absolviert eine Ausbildung zum Kaufmann im Einzelhandel, die er voraussichtlich am 30.9.2010 beenden wird. Wegen des Weiteren erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes und der Entscheidungsgründe wird auf das angefochtene Urteil verwiesen. Zu ergänzen ist noch, dass der Kläger ab Oktober 2008 eine höhere monatliche Ausbildungsvergütung von 245 EUR erhält.
Der Beklagte beanstandet mit seiner Berufung, dass das AG die fehlende Darlegung des Klägers zum Einkommen der Kindesmutter übersehen habe. Diese sei jedoch genau wie er dem Grunde nach zur Zahlung des Unterhalts verpflichtet. Es sei falsch, dass das AG nicht die vollen Tilgungsraten, die er auf die Hausdarlehen leiste, von seinem Einkommen abgesetzt habe. Schließlich habe er die Darlehen vor 14 Jahren zu Zeiten des Zusammenlebens aufgenommen. Gegenüber einer Bank habe er sich ohne Erfolg um eine Tilgungsstreckung bemüht. Entsprechende Versuche bei dem zweiten Kreditgeber, dem Landesförderinstitut, habe er nicht unternommen, weil diese Tilgungsleistungen nicht ins Gewicht fielen. Dem Kläger sei vorzuwerfen, dass er seine Bedürftigkeit selbst herbeigeführt habe. Insbesondere habe es der Kläger unterlassen, Leistungen nach dem SGB II zu beantragen. Ihn belaste der ausgeurteilte Unterhalt über alle Maßen. Er sei gezwungen, das Haus zu veräußern. Das müsse er nicht hinnehmen, weil er ggü. dem volljährigen Kläger keine gesteigerte Erwerbsobliegenheit mehr habe. Schließlich habe das AG übersehen, dass der Kläger seit Januar 2009 schon das höhere Kindergeld i.H.v. 164 EUR beziehe und ab Oktober 2009 eine höhere Ausbildungsvergütung (240,31 EUR) erhalten werde.
Der Beklagte beantragt, unter Abänderung des am 17.11.2008 verkündeten Urteils des AG Ludwigslust, Az.: 13 F 194/08, die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das Urteil des AG. Die Kindesmutter sei mangels Leistungsfähigkeit nicht zum Unterhalt heranzuziehen. Schließlich beziehe diese nur eine Erwerbsunfähigkeitsrente i.H.v. 624,55 EUR. Weiter komme dem Beklagten eine zusätzliche Steuererstattung zugute, weil durch das Urteil des BVerfG die Pendlerpauschale wieder eingeführt sei. Auf SGB II-Leistungen müsse er sich nicht verweisen lassen. Diese seien subsidiär. Einen entsprechenden Antrag habe die ARGE schon zurückgewiesen. Zu bedenken sei allerdings, dass er seit Oktober 2008 eine höhere Ausbildungsvergütung i.H.v. 245 EUR monatlich erhalte. Sein Unterhaltsanspruch reduziere sich daher ab Oktober 2008 auf 241 EUR (640 EUR Bedarf abzgl. 245 EUR Ausbildungsvergütung abzgl. 154 EUR Kindergeld). Ab Januar 2009 verringere sich sein Unterhaltsanspruch weiter durch das höhere Kindergeld auf 231 EUR. Insoweit erkläre er schon jetzt den Verzicht auf Vollstreckung, soweit das Urteil des AG die vorgenannten Beträge übersteige.
Beide Parteien beantragen die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren. Auf eine entsprechende Aufforderung des Senats hat der Kläger einen Rentenversicherungsbescheid vorgelegt, wonach die Kindesmutter eine Rente von netto 624,55 EUR bezieht.
II. Der Antrag des Beklagten auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren war zurückzuweisen. Seine Berufung hat nur in geringem Umfang Aussicht auf Erfolg (1). In dem Umfang, in dem die Berufung Aussicht auf Erfolg hat, ist ihre Einlegung mutwillig i.S.v. § 114 ZPO (2).
1. Der Kläger kann den Beklagten auf die Zahlung von Ausbildungsunterhalt gem. §§ 1601, 1610 Abs. 2 BGB in Anspruch nehmen.
a) Der Bedarf des Klägers beträgt gemäß RL 13.1. 2.640 EUR monatlich. Auf diesen Bedarf muss sich der Kläger das eigene Einkommen anrechnen lassen:
aa) Im Juli 2008 erhielt der Kläger eine monatliche Ausbildungsvergütung i.H.v. 189,18 EUR und 154 EUR Kindergeld, so dass es bei einem Unterhaltsanspruch i.H.v. 296,82 EUR verbleibt.
bb) In der Zeit von Oktober bis Dezember 2008 erhöhte sich die Ausbildungsvergütung des Klägers auf 245 EUR, womit sich der Anspruch auf 241 EUR reduziert.
cc) Ab Januar 2009 ist das erhöhte Kindergeld (164 EUR) zu berücksichtigen, wonach sich ein Unterhaltsanspruch i.H.v. 231 EUR monat...