Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuständigkeit im Richterablehnungsverfahren; Streitwert des Beschwerdeverfahrens
Normenkette
ZPO §§ 3, 45 Abs. 1, § 348 Abs. 1, § 526 Abs. 1, § 572 Abs. 3
Verfahrensgang
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den ihr Befangenheitsgesuch zurückweisenden Beschluss der 4. Zivilkammer des LG Stralsund vom 27.1.2006 - 4 O 184/05 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Der Wert des Gegenstandes des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.214.814,23 EUR festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. In dem dem Ablehnungsverfahren zugrunde liegenden Ausgangsverfahren nehmen die Kläger die beklagte Sparkasse im Wege einer Teilklage auf Schadensersatz in einer Gesamthöhe von 12.148.142,31 EUR in Anspruch.
Die Kläger waren - teilweise geschäftsführende - Gesellschafter von mehreren Unternehmen der H.-Gruppe. Die Beklagte betrieb das Kreditengagement. Am 24.8.1995 kündigte sie unter Hinweis auf einen ihr vorliegenden Pfändungs- und Überweisungsbeschluss fristlos die Kreditlinien. Mehrere Gesellschaften fielen Ende 1995/Anfang 1996 in die Gesamtvollstreckung. Dafür machen die Kläger die aus ihrer Sicht unzulässigen Kreditkündigungen der Beklagten verantwortlich. Sie verlangen deshalb Ersatz für entgangene Geschäftsführergehälter und entgangene Versicherungsleistungen.
In einem anderen vor dem LG Stralsund geführten Rechtsstreit - 5 O 337/98 - erhob die Ehefrau des Klägers zu 1), die zur Sicherung des Kreditengagements an die Beklagte 13 an dem ihr gehörigen Betriebsgrundstück bestellte Eigentümergrundschulden abgetreten hatte, eine verlängerte Vollstreckungsklage. Das LG gab der Klage statt. Das OLG wies die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten mit der Begründung zurück, die Zwangsvollstreckung sei unzulässig gewesen, weil der Beklagten kein Recht zur fristlosen Kündigung der Kredite zugestanden habe (OLG Rostock, Urt. v. 14.4.2005 - 7 U 145/03). Das Verfahren über die Nichtzulasssungsbeschwerde der Beklagten ist beim BGH anhängig (XI ZR 132/05).
Unter Hinweis auf die genannte OLG-Entscheidung gab die zuständige Einzelrichterin mit Verfügung vom 24.10.2005 dem Beklagtenvertreter auf, seinen Vortrag auf die Schadenshöhe zu beschränken. Das deshalb gegen sie angebrachte Ablehnungsgesuch der Beklagten hat die Kammer in Dreierbesetzung für unbegründet erklärt. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde.
II. Das Rechtsmittel ist zulässig, jedoch nicht begründet.
1. Allerdings beruht der angefochtene Beschluss auf einem Verfahrensfehler.
Über das gegen die Einzelrichterin angebrachte Befangenheitsgesuch hatte ihr geschäftsplanmäßiger Vertreter als Einzelrichter und nicht die Kammer zu entscheiden. Deshalb war die Richterbank falsch besetzt. Die Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter ist von Amts wegen zu berücksichtigen (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl., § 295 Rz. 4).
Seit In-Kraft-Treten des Gesetzes zur Reform des Zivilpozesses vom 27.7.2001 besteht in der Rechtsprechung keine Einigkeit mehr in der zuvor einhelligen Auffassung, dass die Entscheidung über die Ablehnung eines Mitgliedes der Kammer immer durch die Kammer in Dreierbesetzung zu erfolgen habe.
a) Teilweise wird in Übereinstimmung mit der Literatur (vgl. Zöller/Vollkommer, 25. Aufl., § 45 Rz. 2, m.w.N.; Bork in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 45 Rz. 1, m.w.N.; Feiber in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., Akutalisierungsband, § 45 Rz. 17; Schütze/Niemann/Wieczorek, ZPO, 3. Aufl., § 45 Rz. 2; Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 63. Aufl., § 45 Rz. 4; Musielak/Heinrichs, ZPO, 4. Aufl., § 45 Rz. 2; Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO, 27. Aufl., § 45 Rz. 1; Zimmermann, ZPO, 6. Aufl., § 45 Rz. 1; Bergerfurth, Der Zivilprozess, 6. Aufl., S. 136 Rz. 257) - die Ansicht vertreten, auch nach neuem Recht sei die Zuständigkeit der Kammer für die Entscheidung über die Ablehnung des Einzelrichters gegeben (OLG Frankfurt v. 26.4.2004 - 1 W 26/04, OLGReport Frankfurt 2004, 271 = MDR 2006, 169 = NJW 2004, 2104; OLG Oldenburg v. 15.7.2005 - 14 W 8/05, MDR 2006, 169 = OLGReport Oldenburg 2006, 269 = NJW-RR 2005, 1660; OLG Schleswig v. 31.10.2003 - 16 W 126/03, OLGReport Schleswig 2004, 42).
b) Nach anderer Auffassung hat dagegen nunmehr über das Befangenheitsgesuch gegen den Einzelrichter dessen geschäftsplanmäßiger Vertreter als Einzelrichter zu entscheiden (OLG Naumburg v. 24.5.2005 - 10 W 25/05, OLGReport Naumburg 2005, 830 = MDR 2005, 1245; OLG Karlsruhe OLGReport Karlsruhe 2003, 523; OLG Oldenburg v. 23.5.2005 - 15 W 21/05, MDR 2005, 1129 = OLGReport Oldenburg 2005, 592 = NJW-RR 2005, 931; KG v. 12.4.2004 - 15 W 2/04, MDR 2004, 1377 = KGReport Berlin 2004, 391 = NJW 2004, 2104; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 18.11.2005 - 3 W 220/05, OLGReport Zweibrücken 2006, 311; LG Halle/S., Beschl. v. 15.3.2005 - 12 O 14/15, n.v.).
c) Der erkennende Senat schließt sich der letzteren Ansicht an. Zur Entscheidung über ein Ablehnungsgesuch gegen einen Einzelrichter ist gem. § ...