Entscheidungsstichwort (Thema)
Ehegattenerbrecht und Versöhnungsmöglichkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Verstirbt ein Ehegatte während des Laufs eines rechtshängigen Scheidungsverfahrens, lässt die abstrakte Möglichkeit, die Ehegatten hätten sich bis zur Rechtskraft eines Scheidungsurteils wieder versöhnen können, die Voraussetzungen des § 1933 Abs. 1 BGB nicht entfallen.
2. Die abstrakte Möglichkeit des überlebenden Ehegatten, im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Familiengericht den Scheidungsantrag zurückzunehmen oder die Zustimmung zu widerrufen, hindert den Ausschluss des Ehegattenerbrechts nicht.
Normenkette
BGB § 1933 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Schwerin (Beschluss vom 06.10.2009; Aktenzeichen 70 VI 151/09) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des AG Schwerin vom 6.10.2009 wird auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen.
Der Beschwerdewert wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragstellerin begehrt die Erteilung eines Erbscheines, der sie selbst und den Sohn des Erblassers, den Beteiligten zu 2., als dessen Erben zu je 1/2 ausweist.
Zwischen dem Erblasser und der Antragstellerin, die am xxx die Ehe eingegangen waren, war seit November 2008 vor dem AG Schwerin ein Ehescheidungsverfahren anhängig, Az.: 20 F 387/08. Das Verfahren wurde auf Antrag des Erblassers eingeleitet, der in seiner Antragsschrift ausführte, die Parteien lebten seit September 2007 innerhalb der ehelichen Wohnung getrennt.
Die Antragstellerin erklärte durch ihren Prozessbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 19.11.2008, dass auch sie die Ehe für gescheitert halte und der Scheidung zustimmen oder selbst Scheidungsantrag stellen werde. Die Angaben des Erblassers zur Trennungszeit würden bestätigt. Mit Schriftsatz vom 4.12.2008 erklärte sie durch ihren Prozessbevollmächtigten, dass sie die Ehe ebenfalls für gescheitert halte und eigenen Ehescheidungsantrag stelle. Noch vor dem vom Familiengericht anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung und persönlichen Anhörung am 3.6.2009 verstarb der Erblasser.
Mit Schriftsatz vom 21.7.2009 wendete die Antragstellerin sich durch ihre Rechtsanwältin an das Nachlassgericht und ließ ankündigen, dass sie und ihr Sohn einen gemeinsamen Erbschein beantragen würden. Ihr Ehegattenerbrecht sei nicht ausgeschlossen, da sie ihre Ehe nicht als endgültig zerrüttet angesehen habe und nicht ausschließe, dass es vor Rechtskraft eines Scheidungsurteils zu einer dauerhaften Versöhnung hätte kommen können. Dem werde auch der Sohn nicht entgegentreten.
Am 10.9.2009 hat die Antragstellerin zu Protokoll des Nachlassgerichts beantragt, einen gemeinsamen Erbschein für sie und ihren Sohn auszustellen. Zur Begründung hat sie angegeben, aus ihrer Sicht sei auch sie Erbin, da sie zum Todeszeitpunkt mit dem Erblasser verheiratet gewesen sei, auch wenn ein Scheidungsverfahren anhängig gewesen sei.
Das Nachlassgericht hat mit Beschluss vom 6.10.2009 den Erbscheinsantrag zurückgewiesen mit der Begründung, dass das Erbrecht der Antragstellerin nach § 1933 BGB ausgeschlossen sei. Die Voraussetzungen für die Scheidung der Ehe seien gegeben gewesen, der Erblasser habe die Scheidung beantragt oder ihr zugestimmt. Die Vermutung gem. § 1566 Abs. 1 BGB liege vor, da die Eheleute seit einem Jahr getrennt lebten und beide die Scheidung beantragt hätten. Soweit die Antragstellerin vorgetragen habe, sie sei nicht von einer endgültigen Zerrüttung der Ehe ausgegangen und habe sogar eine Versöhnung für denkbar gehalten, stehe dies im direkten Widerspruch zu den Angaben im Scheidungsverfahren. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Beschluss vom 6.10.2009 verwiesen.
Mit am 4.11.2009 eingegangenem Schriftsatz hat die Antragstellerin Beschwerde gegen den Beschluss eingelegt. Zur Begründung führt sie aus, die Zerrüttung der Ehe mit dem Erblasser sei nicht festgestellt, die Trennung sei erst im August 2008 mit dem Auszug der Antragstellerin aus der gemeinsamen Wohnung erfolgt. In der persönlichen Anhörung hätte das Nachlassgericht erfragen können, dass die Frist des Trennungsjahres noch gar nicht abgelaufen gewesen sei.
Mit Beschluss vom 10.11.2009 hat das Nachlassgericht entschieden, der Beschwerde aus den Gründen des Beschlusses vom 6.10.2009 nicht abzuhelfen und die Sache dem OLG zur Entscheidung über die Beschwerde vorzulegen. Der Senat hat vor seiner Entscheidung den Sohn der Antragstellerin angehört.
II. Die Beschwerde ist gem. § 58 FamFG zulässig, insbesondere ist das OLG gem. § 119 Abs. 1 Nr. 1b GVG, Art. 111 Abs. 1 FGG-RG zuständig, da der Erbscheinsantrag nach dem 1.9.2009 gestellt wurde.
Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.
Das Nachlassgericht hat zu Recht die Erteilung eines Erbscheines, der die Antragstellerin als Miterbin ausweist, unter Verweis auf § 1933 Satz 1 BGB zurückgewiesen.
Nach § 1933 BGB entfällt das Erbrecht des überlebenden Ehegatten, wenn zur Zeit des Todes des Erblassers die Voraussetzungen für die Scheidung der Ehe gegeben waren und der Erblasser die Scheidung beantragt oder ihr zugestimmt ha...