Entscheidungsstichwort (Thema)
Kosten des ausländischen Korrespondenzanwalts
Leitsatz (amtlich)
1. Unterhält die überörtliche Sozietät, die die ausländischen Partei vertritt, an deren Geschäftssitz in der Schweiz eine Zweigniederlassung, so verursacht die Hinzuziehung weiterer schweizerischer Korrespondenzanwälte unnötige Kosten, die nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung i.S.v. § 91 Abs. 1 ZPO erforderlich sind.
2. Der auswärtige, in der Schweiz niedergelassene Anwalt, der in einer überörtlichen Sozietät mit dem am Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwalt verbunden ist, verdient keine Verkehrsgebühr. Er ist nur als örtlicher Ansprechpartner des Mandanten für die Sozietät anzusehen.
Normenkette
ZPO § 91 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Rostock (Beschluss vom 04.03.2010) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Rostock vom 4.3.2010 in der Fassung des Beschlusses vom 6.10.2010 geändert:
Auf Grund des Beschlusses des OLG Rostock vom 17.12.2009 sind von dem Kläger für die II. Instanz insgesamt an Kosten 4.491,10 EUR (viertausendvierhunderteinundneunzig 10/100 EUR) an die Beklagten zu erstatten.
Im Übrigen - soweit er nicht bereits durch Beschluss vom 6.10.2010 abgewiesen ist - wird der Kostenfestsetzungsantrag der Beklagten vom 10.12.2008 zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden den Beklagten nach einem Gegenstandswert von 1.880,30 EUR auferlegt.
Gründe
I. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das LG gegen den Kläger u.a. Kosten der schweizerischen Verkehrsanwälte der Beklagten i.H.v. 1.880,30 EUR für deren Tätigkeit im Berufungsverfahren vor dem OLG Rostock sowie Fahrtkosten der inländischen Prozessbevollmächtigten der Beklagten i.H.v. 108,60 EUR festgesetzt. Die Prozessbevollmächtigten der Beklagten vertraten diese bereits in erster Instanz vor dem LG Rostock. Im März 2008 eröffneten die Prozessbevollmächtigten in Zürich ein Büro, in dem mehrere Rechtsanwälte beratend tätig sind. Das neue Büro in der Schweiz berät Schweizer und deutsche Mandanten im deutschen Recht und bei grenzüberschreitenden Sachverhalten. Die Berufung wurde am 23.12.2008 eingelegt. Gegen den Beschluss vom 4.3.2010 richtet sich die sofortige Beschwerde des Klägers, der das LG mit Beschluss vom 6.10.2010 nur bezüglich der Fahrtkosten der inländischen Rechtsanwälte abgeholfen hat. Insgesamt hat die Rechtspflegerin noch Kosten von 6.371,40 EUR festgesetzt und dabei die Kosten der ausländischen Verkehrsanwälte i.H.v. 1.880,30 EUR berücksichtigt.
II. Die gem. §§ 104 Abs. 3, 567, 569 ZPO zulässige sofortige Beschwerde des Klägers hat Erfolg. Eine ausländische Partei, die im Inland prozessiert, darf sich zwar grundsätzlich erstattungsfähig eines Korrespondenzanwaltes bedienen (Zöller/Herget, ZPO, 28. Aufl., Rz. 13 zu § 91 unter "Ausländer"; BGH NJW 2005, 1373; KG Rpfleger 2008, 598). Die Kosten des ausländischen Verkehrsanwaltes sind notwendige Kosten i.S.d. § 91 Abs. 1 ZPO, wenn die Hinzuziehung des ausländischen Rechtsanwaltes zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung geboten war. So liegt es hier jedoch nicht. Das LG hatte die Klage mit der Begründung abgewiesen, es fehle die internationale Zuständigkeit. In den Urteilsgründen befasste sich das Gericht mit den Vorschriften des LugÜ und mit deutschen materiell-rechtlichen Vorschriften des Deliktsrechts, nicht mit schweizerischem Recht. Die in Zürich niedergelassenen Rechtsanwälte der überörtlichen Sozietät der Prozessbevollmächtigten der Beklagten konnten ohne weiteres die im Berufungsverfahren erforderliche Korrespondenz führen, da sie in den hier maßgebenden Rechtsgebieten sachkundig sind und Mandanten bei grenzüberschreitenden Sachverhalten beraten. Dann wäre keine Korrespondenzanwaltsgebühr angefallen. Der auswärtige Anwalt, der - wie hier - in einer überörtlichen Sozietät mit dem am Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwalt verbunden ist, verdient keine Verkehrsgebühr. Er ist nur als örtlicher Ansprechpartner des Mandanten für die Sozietät anzusehen (Zöller/Herget, a.a.O., Rz. 13 zu § 91 unter "Verkehrsanwalt" m.w.N.; KG MDR 2000, 669; OLG München Rpfleger 94, 40; OLG Brandenburg MDR 1999, 635) Der Hinzuziehung weiterer schweizerischer Korrespondenzanwälte bedurfte es nicht. Mit deren Beauftragung haben die Beklagten unnötige Kosten verursacht, zu deren Tragung der Kläger nicht verpflichtet ist. Die aus Sicht einer wirtschaftlich denkenden Partei nicht als erforderlich erscheinenden Aufwendungen sind grundsätzlich nicht erstattungsfähig. Für jede Partei besteht nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) die Pflicht, die Prozesskosten niedrig zu halten (Zöller/Herget, a.a.O., Rz. 12 zu § 91 m.w.N.). Gemäß § 91 Abs. 2 S. 2 ZPO sind die Kosten mehrerer Rechtsanwälte grundsätzlich nicht erstattungsfähig.
III. Die Kostenentscheidung ergeht gem. § 91 Abs. 1 ZPO.
Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 S. 1 ZPO) sind nicht ersichtlich.
Fundstellen
NJW-RR 2011, 486 |
MDR 2011, 394 |