Entscheidungsstichwort (Thema)
Beratungshilfe: Beratung in Trennungs-, Scheidungs- und Folgesachen als verschiedene Angelegenheiten
Leitsatz (amtlich)
1. § 16 RVG findet für die außergerichtliche Beratungshilfe keine Anwendung. § 16 RVG betrifft lediglich das gerichtliche Verbundverfahren, erfasst mithin nicht die vorgelagerte außergerichtliche Beratungshilfe in Scheidungs- und Folgesachen, auch wenn diese im Falle gerichtlicher Geltendmachung im Verbund geltend zu machen wären.
2. Für die Frage, ob dieselbe Angelegenheit vorliegt, kommt es darauf an, ob die Beratung in unterschiedlichen Lebensbereichen bzw. zu unterschiedlichen Lebenssachverhalten erfolgt ist.
Normenkette
RVG § 16
Verfahrensgang
LG Rostock (Beschluss vom 06.07.2010; Aktenzeichen 3 T 161/10) |
AG Güstrow (Beschluss vom 10.03.2010; Aktenzeichen 10 IIB 798/08) |
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde der Beschwerdeführerin werden die Beschlüsse des AG G - Familiengericht - vom 28.1.2010 und 10.3.2010 sowie der des LG vom 6.7.2010 abgeändert.
Die der in D geschäftsansässigen Rechtsanwältin W aus der Landeskasse zu erstattenden Gebühren werden auf insgesamt 271,36 EUR festgesetzt.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst - § 56 Abs. 2 Sätze 2 und 3 RVG.
Gründe
I. Mit Beschluss des AG G vom 17.7.2008 ist der im Rubrum genannten Partei Beratungshilfe für folgende Angelegenheiten bewilligt worden: "Vorbereitung Ehescheidung & Folgesache". Die Partei hat sodann Beratungshilfe bei der Beschwerdeführerin, der Rechtsanwältin W aus D, in Anspruch genommen.
Diese hat dem AG für die Beratung folgende Kosten in Rechnung gestellt:
Für die Beratung:
in einer Unterhaltssache: 99,96 EUR
in der Ehescheidungssache: 35,70 EUR
in einer Umgangssache: 35,70 EUR
in der Angelegenheit Ehewohnung: 35,70 EUR
betreffend eine Vermögensauseinandersetzung: 99,96 EUR
insgesamt: 307,02 EUR.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 28.1.2010 hat die zuständige Rechtspflegerin des Familiengerichts die der Beschwerdeführerin zu erstattenden Gebühren und Auslagen auf 99,96 EUR festgesetzt. Es liege nur eine Angelegenheit vor. Die gegen diesen Beschluss eingelegte Erinnerung hat das AG mit Beschluss vom 10.3.2010 zurückgewiesen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die beiden genannten Beschlüsse verwiesen.
Mit ihrer Beschwerde hat die Beschwerdeführerin ihre o.g. Forderung weiterverfolgt, soweit das AG deren Festsetzung und Erstattung abgelehnt hat. Mit dem nunmehr mit weiterer Beschwerde angefochtenen Beschluss hat das LG diese Beschwerde zurückgewiesen. § 16 Nr. 4 RVG sei anzuwenden. Danach liege nur eine Angelegenheit vor. Auf den angefochtenen Beschluss wird verwiesen. Das LG hat die weitere Beschwerde zugelassen, im Rahmen derer die Beschwerdeführerin nunmehr ihre Forderung weiter verfolgt.
II. Die weitere Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen die Entscheidung des LG ist im Hinblick darauf zulässig, dass das LG diese mit dem angefochtenen Beschluss zugelassen hat - § 56 i.V.m. § 33 Abs. 6 RVG. Ob das OLG gem. § 119 Abs. 1 Nr. 1 GVG bereits für die Entscheidung über die Beschwerde zuständig gewesen wäre, kann im Hinblick auf die Zulassung der weiteren Beschwerde dahinstehen. Die weitere Beschwerde ist form- und fristgemäß - § 33 Abs. 6 i.V.m. Abs. 3 Satz 3 RVG - eingelegt und begründet worden. Die Beschwerdeführerin ist gem. § 56 Abs. 1 Satz 1 RVG beschwerdeberechtigt.
Die weitere Beschwerde ist in dem im Tenor genannten Umfang begründet. Ein Anspruch auf Erstattung der dort genannten Kosten folgt aus § 44 RVG i.V.m. den Nr. 2501 und 2503 der Anlage 1 zum RVG.
Entgegen der Ansicht des AG handelt es sich bei den Angelegenheiten Unterhalt, Ehescheidung, Umgang und Vermögensausgleich einschließlich der Ehewohnung nicht um dieselbe, sondern um verschiedene Angelegenheiten. Wann dieselbe bzw. verschiedene Angelegenheiten im Sinne des RVG vorliegen, ist in diesem Gesetz für die außergerichtliche Beratungshilfe nicht eindeutig geregelt. Zwar enthält § 16 RVG insoweit Angaben. Diese Vorschrift findet jedoch entgegen der Ansicht des LG keine Anwendung (vgl. KG RVGreport 2010, 141 - 142; OLG Köln FamRZ 2009, 1345, 1346 li. Sp.; OLG Düsseldorf FamRZ 2009, 1244, 1245 li. Sp.;). § 16 RVG betrifft - wie die Bezugnahme auf die entsprechenden Vorschriften der ZPO bzw. im FamFG zeigen - lediglich das gerichtliche Verbundverfahren, erfasst mithin nicht die vorgelagerte außergerichtliche Beratungshilfe in Scheidungs- und Folgesachen, auch wenn diese im Falle gerichtlicher Geltendmachung im Verbund geltend zu machen wären (vgl. OLG Düsseldorf NJW-RR 2009, 430). Zutreffend und im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung (vgl. KG, a.a.O.; OLG Köln, a.a.O.; OLG Düsseldorf, a.a.O.; OLG Brandenburg FamRZ 2010, 833 - 835; Gerold/Madert, RVG, 16. Aufl., § 15 Rz. 8 ff. m.w.N.) diskutiert das AG daher im Hinblick auf § 15 RVG bei seinen Entscheidungen, ob die zur Abrechnung gestellten Angelegenheiten in einem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang miteinander stehen und aus diesem Grund ...