Entscheidungsstichwort (Thema)

Verkehrsanwalt im Revisionsverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

Lässt sich eine Partei im Revisionsverfahren wegen der schwierigen Sach- und Rechtslage zusätzlich durch einen Verkehrsanwalt vertreten, so sind dessen Kosten nicht erstattungsfähig. Im Revisionsverfahren ist ein Verkehrsanwalt grundsätzlich überflüssig.

 

Normenkette

ZPO § 91

 

Verfahrensgang

LG Neubrandenburg (Beschluss vom 19.10.2009)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Neubrandenburg vom 19.10.2009 geändert:

Die von dem Beklagten an die Klägerin nach dem Urteil des OLG Rostock vom 24.4.2009 und dem Beschluss vom 10.6.2009 an die Klägerin zu erstattenden Kosten der ersten, zweiten und dritten Instanz werden auf 54.005,91 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.9.2006 auf 21.248,07 EUR, seit dem 24.10.2007 auf 11.844,31 EUR und auf 20.913,53 EUR seit dem 4.5.2009 festgesetzt. Im Übrigen wird der Kostenfestsetzungsantrag der Klägerin vom 30.4.2009 zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Gegenstandswert von 10.518,41 EUR.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Mit dem angefochtenen Beschluss setzte das LG u.a. Verkehrsanwaltskosten i.H.v. 10.518,41 EUR für die Vertretung der Klägerin vor dem BGH durch deren bereits erst- u. zweitinstanzlich tätigen Prozessbevollmächtigten fest. In dem Terminsprotokoll des BGH vom 11.12.2008 ist der Prozessbevollmächtigte der ersten und zweiten Instanz nicht aufgeführt. Zur Begründung ihres Kostenfestsetzungsantrages trug die Klägerin vor, die Sach- u. Rechtslage sei so umfangreich und kompliziert gewesen, dass es geboten gewesen sei, dass der Prozessbevollmächtigte, der die Klägerin auch in der ersten und zweiten Instanz vertreten habe, den Termin mit dem Bevollmächtigten der dritten Instanz zusammen hätte wahrnehmen müssen. Dem trat der Beklagte entgegen.

Der am 6.11.2009 eingelegten sofortigen Beschwerde des Beklagten hat das LG nicht abgeholfen und die Sache dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die gem. §§ 104 Abs. 3 S. 1, 567, 569 ZPO zulässige Beschwerde des Beklagten ist begründet.

Die von der Klägerin zur Kostenfestsetzung angemeldeten Verkehrsanwaltsgebühren sind nicht erstattungsfähig, da sie nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren (§ 91 Abs. 1 ZPO). Im Revisionsverfahren ist ein Verkehrsanwalt grundsätzlich überflüssig (Zöller/Herget, ZPO, 28. Aufl., Rz. 13 zu § 91 unter "Revisionsverfahren"; OLG Dresden MDR 1998, 1372; OLG Nürnberg MDR 2005, 298). In der Revisionsinstanz war eine Sachstandsunterrichtung des Revisionsanwaltes der Klägerin nicht erforderlich, da das angefochtene Urteil lediglich anhand des vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhaltes auf Rechtsfehler überprüft wurde. Nur wenn im Revisionsverfahren ausnahmsweise weiterer Sachvortrag erforderlich wird, z.B. aufgrund einer Auflage des Revisionsgerichtes, der eine Unterrichtung des Revisionsanwaltes über tatsächliche Umstände notwendig macht, gilt etwas anderes (OLG Hamm AnwBl. 2003, 185). Der Revisionsanwalt ist grundsätzlich aufgrund des vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhaltes in der Lage, das angefochtene Urteil auf Rechtsfehler hin zu überprüfen. Die Klägerin hat nicht vorgetragen, dass dies hier anders gewesen sein soll. Gerade bei schwieriger Sach- und Rechtslage, die bei Revisionsverfahren in aller Regel vorliegt, ist der Revisionsanwalt zur selbständigen Bearbeitung des Sache berufen. Der Senat folgt mit dieser Entscheidung der Rechtsprechung des BGH vom 21.9.2005 (NJW 2006, 301). In dieser Entscheidung hat der BGH bereits festgestellt, dass im Berufungsverfahren Verkehrsanwaltskosten im Regelfall nicht erstattungsfähig sind. Erst recht muss dies für das Revisionsverfahren gelten.

Abgesehen davon ist die Terminsgebühr schon deshalb nicht festzusetzen, da sich aus den Akten nicht ergibt, dass der erst- u. zweitinstanzlich tätige Anwalt der Klägerin an der Verhandlung vor dem BGH überhaupt teilgenommen hat.

Bei kostenbewusstem Verhalten hätte die Klägerin ihren Revisionsanwalt schriftlich beauftragt und im weiteren Verlauf des Revisionsverfahrens weiterhin auf schriftlichem Wege oder fernmündlich den Kontakt zu ihm aufrechterhalten. Dann wären nur Porto- oder Telefonkosten angefallen. Hierfür war ein Pauschalbetrag von 20 EUR in Ansatz zu bringen.

Der Senat musste daher die von der Klägerin geltend gemachten Gebühren für die Tätigkeit ihrer Verkehrsanwälte vor dem BGH, auch die Verfahrensgebühr des Verkehrsanwaltes i.H.v. 3.446 EUR, absetzen. Auch diese Kosten waren nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung i.S.v. § 91 ZPO erforderlich.

Der Senat legt das Rechtsmittel des Beklagten so aus, dass er auch insoweit eine Überprüfung des angefochtenen Beschlusses erstrebt. Dies ergibt sich auch aus der Beschwerdebegründung vom 23.3.2010.

III. Die Kostenentscheidung ergeht gem. § 91 Abs. 1 ZPO.

Zur Zulassung der Rechtsbeschwerde bestand kein An...

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