Entscheidungsstichwort (Thema)
Angebot eines Krankenhauses, Patienten kostenlos zwischen ihrem Zuhause und dem Krankenhaus zu transportieren, um sie dort zu behandeln (kostenloser Taxiservice), als produktbezogene Werbung i.S.d. § 7 Abs. 1 HeilMWerbG
Leitsatz (amtlich)
1. Das allgemeine, zum Zwecke der Werbung veröffentlichte Angebot eines Krankenhauses, Patienten kostenlos zwischen ihrem Zuhause und dem Krankenhaus zu transportieren, um sie dort zu behandeln (kostenloser Taxiservice), ist keine produktbezogene Werbung i.S.d. § 7 Abs. 1 Heilmittelwerbegesetz, denn der Verbraucher wird durch ein solches Angebot nicht unsachlich beeinflusst. Ebenso wenig wird durch das Angebot eine mittelbare Gesundheitsgefährdung potentieller Patienten begründet.
2. Das allgemeine, zum Zwecke der Werbung veröffentlichte Angebot eines Krankenhauses, Patienten kostenlos zwischen ihrem Zuhause und dem Krankenhaus zu transportieren, um sie dort zu behandeln (kostenloser Taxiservice), ist nicht berufswidrig.
Normenkette
UWG; HeilMWerbG § 7 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Rostock (Urteil vom 06.08.2010; Aktenzeichen 8 O 5/10) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Rostock vom 6.8.2010 - 8 O 5/10 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Den Parteien wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des durch die Gegenseite zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, soweit nicht die Gegenseite vorher Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 15.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Beklagte betreibt das Klinikum. Der Kläger ist ein nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 UKlaG legitimierter Verband zur Förderung gewerblicher Interessen. Er verlangt die Unterlassung der Ankündigung und Durchführung von Leistungen, die die Beklagte mit einer Anzeige, zu deren Inhalt und Erscheinungsbild auf die Anlage BK 1 (Bl. 132 d.A.) Bezug genommen wird, in der Ausgabe der Zeitung " " vom 20.9.2009 beworben hat. Desweiteren begehrt der Kläger die Erstattung einer Abmahnkostenpauschale i.H.v. 208,65 EUR.
Der Kläger ist der Auffassung, dass durch die Anzeige der Eindruck erweckt werde, die Beklagte könne jedwede ambulanten Untersuchungen anbieten. Das Angebot sei irreführend gem. § 5 UWG, da die Beklagte - insoweit unstreitig - nur solche ambulanten Leistungen anbieten kann, die ihr nach den §§ 115 ff. SGB V, insbesondere nach dem gem. § 115b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB V vereinbarten Katalog erlaubt sind. Der Kläger ist außerdem der Auffassung, der mit der Anzeige angebotene kostenlose Taxi-Service verstoße gegen § 7 Abs. 1 des Heilmittelwerbegesetzes (HWG).
Das LG hat die Klage abgewiesen. Die von der Anzeige angesprochenen durchschnittlich informierten, situationsadäquat aufmerksamen potentiellen Patienten würden die Anzeige vernünftigerweise so verstehen, dass die Beklagte keine Termine für Leistungen vergebe, die sie nicht anbieten könne. Die Patienten würden in der Regel gar nicht beurteilen wollen, welche ambulanten Behandlungen die Beklagte anbieten dürfe, sondern würden nur erwarten, dass sie durch das Personal des Klinikums hierüber sogleich informiert würden und ggf. auch keine Termine erhalten. Insoweit liege keine Behauptung des Klägers vor, dass auch solche Patienten Termine erhalten, für die das Klinikum aus Rechtsgründen nicht ermächtigt sei. Auch eine Beeinträchtigung des Wettbewerbs liege nicht vor, weil die Anzeige nicht bewirken könne, dass Patienten verbotenerweise ambulant behandelt würden. Auch eine Unterlassung des angebotenen Taxi-Service bzw. der entsprechenden Werbeaussage sei jedenfalls in dem beantragten Umfang nicht veranlasst. Die konkrete Werbeaussage werde durch das HWG nicht erfasst, das gem. § 1 Abs. 1 HWG nur produktbezogene Werbeaussagen, nicht aber allgemeine Unternehmenswerbung erfasse. Ein Verstoß gegen das UWG liege jedenfalls nicht schon in dem Angebot jedweder kostenloser Taxifahrten, wenngleich diesbezüglich einschränkungslos angebotene Leistungen ohne jede Wertobergrenze nicht als übliche Nebenleistungen von Krankenhäusern anerkannt seien.
Ergänzend wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Mit der Berufung verfolgt der Kläger seinen Anspruch vollumfänglich weiter. Es sei Krankenhäusern nur in Ausnahmefällen erlaubt, ambulante Leistungen anzubieten, was aus der streitgegenständlichen Werbung nicht deutlich werde. Dies ergebe sich auch aus einem Artikel in der Zeitung vom 13.10.2009 (Anlage BK 2, Bl. 133 d.A.). Die Werbung unterliege den im Gesundheitsbereich geltenden besonders strengen Voraussetzungen. Das Angebot des kostenlosen Taxi-Service sei Produkt- und Absatzwerbung und keine Imagewerbung, denn es würden auch die im einzelnen praktizierten Verfahren und Behandlungen beworben. Die Unanwendbarkeit des HWG ergebe sich nicht daraus, dass die Reklame für eine große Zahl von Heilm...