Leitsatz (amtlich)
1. Grundsätzlich haftet ein GmbH-Geschäftsführer nur im Innenverhältnis zur Gesellschaft, nicht gegenüber Dritten. Dies gilt auch, soweit eine Haftung aus unerlaubter Handlung in Betracht kommt.
2. Aus § 31 BGB ergibt sich nichts anderes, denn die Haftung des Vereins für seine Organe setzt nicht voraus, dass ein Organ den gesamten Haftungstatbestand selbst erfüllt; vielmehr erlaubt § 31 BGB die selbständige Ableitung der Verkehrspflichthaftung juristischer Personen ohne zwingende Anknüpfungstat ihrer Organmitglieder.
3. Eine Garantenstellung des GmbH-Geschäftsführers gegenüber geschädigten Dritten kann sich nur aus besonderen Umständen des Einzelfalles ergeben.
4. Ausnahmsweise haftet der GmbH-Geschäftsführer im Außenverhältnis gegenüber Dritten im Bereich der Haftung aus unerlaubter Handlung, wenn er in eigener Person alle Merkmale des Deliktstatbestandes verwirklicht. Hingegen kann allein die Verletzung einer ihm ggü. der Gesellschaft obliegenden Geschäftsführungs- und Organisationspflicht seine deliktische Haftung im Außenverhältnis nicht begründen.
Verfahrensgang
LG Neubrandenburg (Urteil vom 07.10.2005; Aktenzeichen 3 O 317/04) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten zu 2.) und 3.) wird das am 7.10.2005 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des LG Neubrandenburg, Az.: 3 O 317/04, abgeändert und die gegen die Beklagten zu 2.) und 3.) gerichtete Klage abgewiesen.
Die Berufung der Beklagten zu 1.) wird zurückgewiesen.
Die erstinstanzlichen Gerichtskosten trägt die Klägerin zu ¾ und die Beklagte zu 1.) zu ¼. Die zweitinstanzlichen Gerichtskosten trägt die Klägerin zu 2/3 und die Beklagte zu 1.) zu 1/3.
Die Klägerin trägt die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2.) und 3.) in beiden Instanzen sowie 2/7 der erstinstanzlichen außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1.). Die Beklagte zu 1.) trägt ¼ der außergerichtlichen Kosten der Klägerin in erster Instanz sowie 1/3 der außergerichtlichen Kosten der Klägerin in der zweiten Instanz. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch die Beklagten zu 2.) und 3.) durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten zu 2.) und 3.) vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten. Der Beklagten zu 1.) wird nachgelassen, die Vollstreckung durch die Klägerin durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt in ihrer Eigenschaft als Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung die Beklagten auf Erstattung von Aufwendungen in Anspruch, die sie für den bei einem Arbeitsunfall vom 6.9.2001 geschädigten ... zu erbringen hatte und künftig zu erbringen haben wird. Der Geschädigte war zum Zeitpunkt des Unfalles als Arbeitnehmer der ... auf der Abrissbaustelle der ehemaligen Schweinemastanlage ... beschäftigt. Mit als Anlage K 1 vorgelegter undatierter Vereinbarung zwischen der Kommunalgemeinschaft ... und der Beklagten zu 1.) hat letztere u.a. die fachspezifische Anleitung der in der Maßnahme beschäftigten Arbeitnehmer übernommen. Wegen des weiteren Inhalts der Vereinbarung wird auf die Anlage K 1, Bl. 14 f. d.A., Bezug genommen.
Der Geschädigte war am Unfalltag mit der Demontage des aus Wellasbestzementtafeln bestehenden Daches beschäftigt. Auf der Baustelle waren lediglich 20 cm breite Laufbohlen, jedoch keine Absturzsicherungen und keine Auffangeinrichtungen vorhanden. Der Geschädigte, der die vorhandenen Laufbohlen nicht benutzt hatte, brach plötzlich durch eine der Wellasbestplatten und stürzte ca. 4,30m tief auf den Betonfußboden im Inneren des Gebäudes. Dabei erlitt er schwerwiegende Verletzungen, u.a. eine Querschnittslähmung.
Die Klägerin hat erstinstanzlich 70 % der von ihr für den Geschädigten erbrachten Aufwendungen ersetzt verlangt und darüber hinaus die Feststellung begehrt, dass die Beklagten der Klägerin sämtliche künftige Aufwendungen für den Geschädigten aufgrund des Unfalles vom 6.9.2001 zu 70 % zu erstatten haben.
Das LG hat der Klägerin Ersatz ihrer bisherigen und künftigen Aufwendungen i.H.v. 50 % durch die Beklagten zugesprochen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Haftung der Beklagten ergebe sich aus § 110 Abs. 1 SGB VII. Das Verhalten der Beklagten sei grob fahrlässig gewesen, weil gegen Unfallverhütungsvorschriften verstoßen worden sei, die dem Schutz der Arbeitnehmer vor tödlichen Gefahren dienten. Das Mitverschulden des Geschädigten sei gem. § 110 Abs. 1 SGB VII zu berücksichtigen und mit 50 % anzusetzen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Mit ihrer hiergegen gerichteten Berufung verfolgen d...