Leitsatz (amtlich)
1. Die Duldungspflicht der Grundstückseigentümer aus § 8 Abs. 1 AVBWasserV bezieht sich auf das Verlegen von Leitungen etc. über Grundstücke des Eigentümers. Das Verlegen von Ringleitungen innerhalb der Keller von mehreren Gebäuden ist hiervon nicht erfasst.
2. Sind Wasserversorgungsleitungen vor dem 3.10.1990 durch die Keller mehrerer Gebäude verlegt worden, besteht mangels Anwendbarkeit von § 8 Abs. 1 AVBWasserV eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit in Gestalt eines dinglichen Leitungsrechtes aus § 9 Abs. 9 GBBerG, § 1 SachenR-DV.
3. Folge der entstandenen beschränkten persönlichen Dienstbarkeit ist gem. §§ 1090 Abs. 2, 1023 Abs. 1 Satz 1 2. HS BGB, dass für die Umlegungskosten der Wasserleitung aufgrund des Abrisses einzelner Gebäude die Klägerin aufzukommen hat, da die Verlegung in ihrem Interesse erfolgt ist.
Normenkette
AVGWasserV § 8 Abs. 1; GBBerG § 9 Abs. 2, 9 Nr. 1; BGB § 1023 Abs. 1 S. 1 Hs. 2, § 1090 Abs. 2; SachenR-DV § 1
Verfahrensgang
LG Rostock (Urteil vom 18.03.2011; Aktenzeichen 3 O 28/10) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Rostock vom 18.3.2011 wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Gegenstandswert des Berufungsverfahrens: 30.063,32 EUR.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt von der Beklagten - soweit in der Berufungsinstanz noch relevant - die Erstattung der Kosten für die Umverlegung einer Trinkwasserleitung.
Sie ist Eigentümerin diverser Grundstücke in Rostock, bebaut mit Wohnblocks in sog. Plattenbauweise, u.a. des streitgegenständlichen Objekts in der H.-C.-Straße 46 - 48. Die Ver- und Entsorgungsleitungen dieses und benachbarter Objekte wurden Mitte der 80er Jahre des vorigen Jahrhunderts gleichzeitig verlegt und angeschlossen. Die Trinkwasserleitung wurde als Ringleitung innerhalb von Kellerleitungsgängen der Wohnblocks geführt.
Mit Vereinbarung vom 7.1.1997 räumte die Klägerin den Versorgungsunternehmen an den Kellerleitungsgängen ein kostenloses Nutzungsrecht auf unbestimmte Zeit ein, das frühestens 2010 gekündigt werden konnte.
Im Rahmen des Förderprogramms zur integrierten Stadtentwicklung baute die Klägerin mehrere Wohnobjekte ab dem Jahre 2005 im Wege des Abrisses vollständig zurück, u.a. auch das streitgegenständliche. In diesem Zusammenhang verlegte die Klägerin die Trinkwasserversorgungsleitung und legte die Entsorgungsleitungen still. Diesbezüglich schloss sie mit der Beklagten und dem Abwasserverband im August/September 2005 eine dreiseitige Vereinbarung, in der der Leistungsumfang und die Ausführung geregelt sind. Hinsichtlich der Kosten ist in Ziff. 5 der Vereinbarung folgendes geregelt:
"5. Kostentragungspflicht
Die Parteien vertreten unterschiedliche Auffassungen darüber, wer dem Grunde nach die Kosten für die Ausführung der unter Ziff. 1. bezeichneten Leistungen zu übernehmen hat. Die Höhe der Kosten gilt als unstreitig, sofern E. N. GmbH das Angebot des beauftragten Bauunternehmens bestätigt hat. Um den zeitlichen Verlauf der vorgesehenen Abrissmaßnahmen nicht zu gefährden, übernimmt die WG U. zunächst - ohne Anerkennung einer Rechtspflicht - die Kosten für die unter Ziff. 1. genannten Leistungen gegenüber E. N. GmbH und dem Verband.
Die Parteien sind sich darüber einig, dass die WG U. die aufgewandten Kosten in voller Höhe von E. N. GmbH erstattet verlangen kann, sofern rechtskräftig entschieden oder anerkannt ist, dass im konkreten oder einem gleich gelagerten Fall E. N. GmbH und/oder der Verband verpflichtet waren, die Beseitigung der in Ziff. 1. genannten Anlagen auf eigene Kosten vorzunehmen. Zinsen können auf einen etwa zurückzuzahlenden Betrag nicht verlangt werden."
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Kostentragungspflicht der Beklagten bzw. des Abwasserverbandes hinsichtlich der umverlegten Trinkwasserleitung folge aus § 8 Abs. 3 der allgemeinen Bedingungen für die Wasserversorgung der Beklagten (als Bestandteil der Vertragsbestimmungen für die Wasserversorgung von Tarifkunden im Gebiet des Abwasserverbandes durch die E. N. GmbH) in Verbindung mit der Satzung des Abwasserverbandes vom 29.10.1998. Ein Nutzungsrecht der Beklagten sei durch die Vereinbarung von 2005 einvernehmlich aufgehoben worden. Die §§ 1090 Abs. 2, 1023 Abs. 1 BGB führten zu keinem anderen Ergebnis, da eine Grunddienstbarkeit mit Einigung und Eintragung entstehe, was unstreitig nicht erfolgt sei.
Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, ihr stehe ein vertragliches kostenloses Nutzungsrecht aus der Vereinbarung vom 7.1.1997 zu. Da die Umverlegung der Trinkwasserleitung allein deswegen notwendig gewesen sei, weil die Klägerin dieser Nutzungsüberlassungspflicht nicht mehr nachgekommen sei, sei die Klägerin verpflichtet, die entstandenen Ko...