Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadensminderungsobliegenheit des Kontoinhabers bei unberechtigter Kontosperre
Normenkette
BGB § 254 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Schwerin (Aktenzeichen 3 O 566/98) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 12.1.2000 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des LG Schwerin – Az.: 3 O 566/98 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Es beschwert den Kläger im Wert von 7.395,99 Euro (= 14.465,31 DM).
Gründe
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung ist nicht begründet.
Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein weitergehender, über den erstinstanzlich zugesprochenen Betrag hinausgehender Schadensersatz zu.
Nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme steht zwar fest, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten dem Kläger ggü. bestehende Pflichten verletzt hat. Der Kläger ist jedoch gehindert, den ihm entstandenen Schaden von der Beklagten ersetzt zu verlangen, weil er seiner gem. § 254 Abs. 2 BGB bestehenden Obliegenheit, den Schaden zu mindern, nicht nachgekommen ist.
I. Pflichtverletzung der Kreissparkasse
Die Rechtsvorgängerin der Beklagten, die Kreissparkasse H., hat ggü. dem Kläger die ihr aus der Geschäftsverbindung zu diesem und dem darin bestehenden Vertrauensverhältnis resultierenden Schutzpflichten verletzt. Ein Kreditinstitut haftet nach allgemeiner Ansicht ihrem Kunden, wenn sie diesem einen falschen Rat oder eine falsche Empfehlung gibt (vgl. nur Canaris, Bankvertragsrecht, 1. Halbband, 3. Bearb. 1988, Rz. 77, 100 m.w.N.). Davon ist im vorliegenden Fall auszugehen.
1. Eine Pflichtverletzung der Beklagten ist allerdings – entgegen der vom LG vertretenen Ansicht – nicht darin zu sehen, dass diese die auf dem Sparbrief angelegte Geldsumme auf das von der Pfändungs- und Überweisungsverfügung des Landkreises betroffene Sparkonto Nr. … verbuchte. Da die Pfändungs- und Überweisungsverfügung lediglich den Betrag der Vollstreckungsforderung einschließlich Kosten und Zinsen betraf und der diese Summe übersteigende Teil der gepfändeten Forderung weder beschlagnahmt noch mit einem Pfandrecht belastet war, wurde die dem Kläger geschuldete Auszahlung der Geldbeträge nicht durch die Umbuchung auf das Sparkonto verhindert.
2. Eine Pflichtverletzung der Beklagten bestand auch nicht darin, dass diese sich weigerte, dem Auszahlungsverlangen des Klägers nachzukommen. Gemäß § 808 Abs. 2 S. 1 BGB war die Kreissparkasse nur gegen Vorlage des Sparbuchs zur Auszahlung des Sparguthabens verpflichtet (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 60. Aufl. 2001, § 808 Rz. 5 i.V.m. § 797 Rz. 1). Es ist weder ersichtlich noch vorgetragen, dass der Kläger das Sparbuch vorgelegt hat. Insofern lässt sich allein mit der Weigerung der Sparkasse, das Guthaben auszuzahlen, der geltend gemachte Verzug nicht begründen. Ohne Vorlage des Sparbuchs war die Sparkasse auch nicht verpflichtet, an den Landkreis als den Pfändungsgläubiger zu zahlen. Dieser hätte sich das Sparbuch gem. § 836 Abs. 3 ZPO – ggf. im Wege der Hilfspfändung – verschaffen müssen.
3. Eine Pflichtverletzung der Sparkasse ist jedoch darin zu sehen, dass sie beim Kläger den unzutreffenden Eindruck hervorgerufen hatte, sie würde das Sparguthaben wegen der Pfändung unter keinen Umständen, also auch nicht bei Vorlage des Sparbuchs auszahlen. Nach allgemeinen Grundsätzen haften die Kreditinstitute ihren Kunden ggü. für die Erteilung eines falschen Rates oder einer falschen Empfehlung (Canaris, Bankvertragsrecht, 1. Halbband, 3. Bearb. 1988, Rz. 77, 100 ). Von einem solchen Fall ist hier auszugehen, da die Sparkasse in ihrem Schreiben vom 28.1.1994 an den Kläger mitgeteilt hat, sie sei aufgrund der Pfändungs- und Überweisungsverfügung des Landkreises verpflichtet, „bestehende Guthaben, in diesem Falle Ihr Sparkonto Nr. …, zu sperren” (Bl. 8 d.A.). Da in dem Schreiben jeder Hinweis auf eine Beschränkung der Sperre auf den gepfändeten Betrag fehlte, musste der Kläger als Schuldner den – objektiv falschen – Eindruck gewinnen, dass sein Sparguthaben zur Gänze gesperrt sei. Damit korrespondiert das Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme. Danach ist davon auszugehen, dass die als Zeugin vernommene Sparkassenangestellte E. wegen der erfolgten Pfändung des Sparbuchs die Auszahlung des Guthabens kategorisch verweigerte, nicht nur hinsichtlich der gepfändeten 242,16 DM. Nur so ist ihre Aussage zu verstehen, dass sie auch bei Vorlage des Sparbuchs keine Verfügung über das Konto geduldet hätte.
Da der Kläger aufgrund eines von der Sparkasse hervorgerufenen Rechtsirrtums davon ausging, das Konto sei zur Gänze gesperrt, ist ferner anzunehmen, dass er aus diesem Grunde davon abgesehen hat, sein Sparbuch vorzulegen und auf diese Weise die Auszahlungsvoraussetzungen herbeizuführen. Wie sich der Kläger tatsächlich verhalten hätte, ist zwar nicht mit letzter Sicherheit festzustellen. Aber bestehende Zweifel an der Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Sch...