Entscheidungsstichwort (Thema)
Regelmäßige Kürzung des Wiederbeschaffungswertes um 2 %ige Differenzbesteuerung bei Erwerb vom Autohändler
Normenkette
BGB § 249 Abs. 2 S. 2; UStG § 25a
Verfahrensgang
LG Stralsund (Urteil vom 05.03.2004; Aktenzeichen 4 O 37/04) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das am 5.3.2004 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des LG Stralsund, Az.: 4 O 37/04 Ziff. 1 des Tenors teilweise abgeändert:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, über den durch das Urteil des LG bereits zuerkannten Betrag von 5.482,89 EUR nebst Zinsen weitere 512,68 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 12.8.2002 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.
3. Von den erstinstanzlichen Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 2 % und die Beklagten 98 %. Von den zweitinstanzlichen Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 22 % und die Beklagten 78 %.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
6. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 657,21 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien streiten um Ansprüche aus einem Verkehrsunfall, der sich am 12.8.2002 um 21.45 Uhr in G. ereignet hat.
Der Beklagte zu 2) ist mit dem bei der Beklagten zu 1) versicherten Fahrzeug rechts an dem links abbiegenden klägerischen Fahrzeug unter Unterschätzung des Seitenabstandes vorbeigefahren und hat diesen rechtsseitig schwer beschädigt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO).
Das LG hat nach Durchführung einer Beweisaufnahme eine 100 %ige Haftung der Beklagten bejaht. Es hat der Klage überwiegend stattgegeben, dabei allerdings von dem gesamten angenommenen Wiederbeschaffungswert 16 % Mehrwertsteuer in Abzug gebracht. Ergänzend wird auf die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils verwiesen.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt. Er ist der Auffassung, das LG habe den Wiederbeschaffungswert falsch berechnet, indem es die übliche gesetzliche Mehrwertsteuer von 16 % abgesetzt habe. Er meint, im vorliegenden Fall sei die sog. Differenzbesteuerungsmethode anzuwenden und folglich lediglich 2 % in Abzug zu bringen. Somit sei von folgender Berechnung auszugehen:
Wiederbeschaffungswert brutto 6.450,00 EUR
abzgl. gesetzlicher Mehrwertsteuer 2 % 129,00 EUR
Zwischensumme 6.321,00 EUR
abzgl. Restwert 750,00 EUR
Gesamtanspruch Wiederbeschaffungswert 5.571,00 EUR
./. bereits zugesprochener Wiederbeschaffungswert aus dem landgerichtlichen Urteil -4.913,79 EUR
Anspruch aus Berufung 657,21 EUR
Der Kläger beantragt, unter Abänderung des am 5.3.2004 verkündeten Urteils des LG Stralsund, Az: 4 O 37/04 die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an den Kläger weitere 657,21 EUR nebst Zinsen für das Jahr mit 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz § 247 BGB seit dem 12.8.2002 zu zahlen.
Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigen das angegriffene Urteil und meinen, es sei von einem Wiederbeschaffungswert von 6.300 EUR incl. 16 % Mehrwertsteuer auszugehen. Dieses habe das vom LG eingeholte Sachverständigengutachten der DEKRA ergeben. Im Übrigen müsse, selbst wenn lediglich ein Abzug von 2 % vorzunehmen wäre, der Anspruch wie folgt überrechnet werden:
Wiederbeschaffungswert brutto 6.30,00 EUR
abzgl. Restwert 750,00 EUR
Zwischensumme 5.550,00 EUR
abzgl. gesetzlicher Mehrwertsteuer 2 % 65,69 EUR
Zwischensumme 5.454,04 EUR
./. bereits zugesprochener Wiederbeschaffungswert aus dem landgerichtlichen Urteil -4.913,79 EUR
Restanspruch 540,25 EUR
II. 1. Die Berufung ist zulässig, insb. form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.
2. Die Berufung hat auch in der Sache überwiegend Erfolg.
a) Der Verkehrsunfall hat sich nach dem 31.7.2002 ereignet. Die Ersatzpflicht der Beklagten bestimmt sich folglich gem. Art. 229 § 8 Abs. 1 EGBGB nach den Vorschriften der §§ 249 ff. BGB i.d.F. des 2. Gesetzes zur Änderung schadensrechtlicher Vorschriften vom 19.7.2002 (BGBl. I, 2674). Gemäß § 249 Abs. 2 S. 2 BGB n.F. schließt der bei der Beschädigung einer Sache zur Wiederherstellung erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist. Dies gilt auch im Falle eines wirtschaftlichen Totalschadens (BGH v. 20.4.2004 - VI ZR 109/03, MDR 2004, 934 = BGHReport 2004, 1080 = NJW 2004, 1943).
b) Vorliegend ist unstreitig ein Fall des wirtschaftlichen Totalschadens gegeben, so dass keine Reparatur, sondern lediglich eine Ersatzbeschaffung in Betracht kommt. Im Rahmen des § 249 Abs. 2 S. 2 BGB ist der sich aus einem Gutachten fiktiv berechnete Bruttowiederbeschaffungswert - wie hier - nur in Höhe des Nettobetrages, d.h. um die Mehrwertsteuer gekürzt, vom Schädiger zu ersetzen. Es ist somit von entscheidender Bedeutung für die Berechnung des ersatzpflichtigen Schadens, wie der Geschädigte das Ersatzfahrzeug erwirbt und in welchem Umfang hierbei tatsächlich Mehrwertsteuer...