Verfahrensgang

LG Rostock (Urteil vom 12.06.2017; Aktenzeichen 3 O 869/13 (3))

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Rostock vom 12.06.2017, Az. 3 O 869/13 (3), abgeändert und als Grund- und Teilurteil wie folgt neu gefasst:

Die Klage ist dem Grunde nach zu 2/3 gerechtfertigt.

Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin sämtliche künftigen materiellen Schäden zu 2/3 zu ersetzen und alle immateriellen Schäden unter Berücksichtigung eines Mitverschuldens der Klägerin von 1/3, die aufgrund des Verkehrsunfalls, der sich am 10.04.2011 gegen 12.30 Uhr auf der Kreisstraße 24 ereignet hat, noch entstehen werden, soweit der Anspruch nicht auf einen Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergegangen ist oder übergeht. Der weitergehende Feststellungsantrag wird abgewiesen.

2. Die Entscheidung über die Kosten der I. und II. Instanz bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf bis zu 590.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die am ... 1994 geborene Klägerin beansprucht von den Beklagten Schmerzensgeld und Schadensersatz nach einem Verkehrsunfall, der sich am 10.04.2011 gegen 12.30 Uhr auf der Kreisstraße x ereignete und bei dem sie als Insassin in dem vom Beklagten zu 2) gefahrenen und bei der Beklagten zu 1) versicherten Pkw mit dem amtl. Kz xy schwer verletzt wurde. Der Unfall geschah ohne Beteiligung eines Drittfahrzeugs. Der von der Staatsanwaltschaft Rostock beauftragte Sachverständige Dipl.-Ing. H. ermittelte eine Bremsausgangsgeschwindigkeit von 102 bis 142 km/h. Die zulässige Höchstgeschwindigkeit an der Unfallstelle betrug 80 km/h. Die Beklagte zu 1) zahlte vorgerichtlich an die Klägerin 30.000,00 EUR. Weitere Zahlungen lehnte sie mit der Begründung ab, dass die Klägerin während der Fahrt den Sicherheitsgurt nicht angelegt gehabt habe und dass die bei angelegtem Sicherheitsgurt zu erwartenden Verletzungen wesentlich geringer gewesen wären.

Die Kläger hat erstinstanzlich den Einwand, sie sei nicht angeschnallt gewesen, bestritten.

Das Landgericht hat Beweis erhoben zu der Frage, in welchem Umfang Verletzungen zu erwarten gewesen wären, wenn die Klägerin den Sicherheitsgurt angelegt gehabt hätte, durch Einholung eines medizinisch-technischen Biomechanikgutachtens des Sachverständigen Prof. Dipl.-Ing. O. vom 08.08.2016 nebst Ergänzungen vom 10.10.2016 und 13.12.2016.

Mit Urteil vom 09.06.2017 hat das Landgericht Rostock die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin müsse sich als Mitverschulden anspruchsmindernd anrechnen lassen, dass sie während der Fahrt den Sicherheitsgurt nicht angelegt hatte. Die Verletzungen bei angelegtem Gurt wären wesentlich geringfügiger gewesen und mit der bereits erfolgten Zahlung von 30.000,00 EUR seien die bei angelegtem Sicherheitsgurt zu erwartenden Verletzungsfolgen abgegolten.

Die Klägerin hat gegen das Urteil form- und fristgerecht Berufung eingelegt. Sie beanstandet, dass das Landgericht den Umfang der anspruchsmindernden Haftung nach den Verletzungsfolgen bemessen und den Anspruch auf die fiktiv entstandenen Verletzungsfolgen bei unterstellt angelegtem Gurt reduziert hat.

Die Klägerin beantragt, in Abänderung des Urteils des Landgerichts Rostock vom 09.06.2017

1. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an sie ein in das freie Ermessen des Gerichts gestelltes weiteres Schmerzensgeld von mindestens 320.000,00 EUR nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 05.11.2012 zu zahlen,

2. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an sie eine in das freie Ermessen des Gerichts gestellte Schmerzensgeldrente von mindestens 500,00 EUR monatlich ab dem 05.11.2012, fällig dann jeweils am 1. eines jeden Monats nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz ab Fälligkeit der jeweiligen Monatsbeträge zu zahlen,

3. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an sie für den Zeitraum vom 01.09.2012 bis zum 01.08.2013 einen Verdienstschaden in Höhe von 19.192,80 EUR zu zahlen,

4. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilten, an sie ab Rechtshängigkeit der Klage bis zum 15. eines jeden Monats einen monatlichen Betrag von 1.744,80 EUR nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz als Verdienstausfallschaden zu zahlen,

5. festzustellen, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, ihr alle auf dem Unfallereignis vom 10.04.2011 beruhenden zukünftigen Schäden zu ersetzen,

6. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an sie einen Betrag von 10.721,90 EUR nicht streitwerterhöhende außergerichtliche Anwaltskosten zuzüglich 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz ab Rechtsh...

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